Wofuer es sich zu sterben lohnt
immer stellte. Ein als freundliche Bitte verklei deter Befehl.
Mariams Bruder führte sie durch drei ziemlich kleine Zimmer. Zwei Schlafzimmer, von denen eins als Abstell kammer benutzt wurde. Ein Esszimmer.
Keine Spur von Theo. Die fanden sie erst, als die Tür zu Mariams Schlafzimmer aufgeschlossen wurde. Boden, Ta gesdecke und Computer waren von Staub bedeckt. Große Fußspuren führten von der Tür zu einem Kleiderschrank und wieder zurück.
Tigist und Monika schauten gleichzeitig nach unten, Ie rusalems Schuhgröße war 36 oder 37. Mariams Bruder trug glänzende schwarze Schuhe. 39, tippte Monika.
Wer immer zu Mariams Kleiderschrank gegangen war, hatte Schuhgröße 42 oder 43.
Das war noch etwas, das sie über Theo hätte wissen müs sen. Seine Schuhgröße.
Tigist zog eine kleine Kamera aus der Tasche und machte einige Aufnahmen der Fußspuren.
»Wissen Sie, was in dem Kleiderschrank liegt?«
»Kleider. Sie hat ja nichts mitgenommen.«
Wie zur Bestätigung dieser Aussage flog eine kleine Mot te vorbei.
Mariams Bruder wollte sich offenbar dafür rechtfertigen, dass dieses Zimmer so verkommen war.
»Ich dachte die ganze Zeit, sie könnte jeden Moment zu rückkehren … ich habe das Zimmer abgeschlossen … war besorgt wegen des Computers ….«
»Es war also niemand im Zimmer?«
»Niemand.«
»Außer dem, der diese Fußspuren im Staub hinterlassen hat. Vermutlich Theo.«
»Ich begreife nicht, warum Halleluja mich nicht angeru fen hat!«, schimpfte Mariams Bruder.
»Wir würden das Zimmer gern richtig durchsuchen. Sie können draußen warten.« Tigist schloss die Tür.
Sie fingen mit dem Kleiderschrank an. Theo war gerade wegs dorthin gegangen. Er hatte genau gewusst, wo er su chen musste.
Der Schrank roch muffig, als sie die Tür öffneten, und einige weitere Motten flogen heraus. Im Schrank lagen or dentlich gestapelte Kleidungsstücke. Wenn Theo herumge wühlt hatte, hatte er alles wieder aufgeräumt.
»Was versteckt man in einem Kleiderschrank?«
Monika überlegte.
»Nur haltbare Dinge. Nichts wirklich Wertvolles, denn ein Dieb würde hier doch zuallererst suchen. Also weder Schmuck noch Geld.«
Tigist legte jetzt Wäsche und Blusen ordentlich auf das verstaubte Bett.
»Lach nicht, ich suche nicht nach etwas, das schon ver schwunden ist. Ich suche nach Spuren davon, was Theo geholt hat. Er scheint den ganzen Weg von Schweden her gekommen zu sein, um etwas zu holen, zu finden oder et was in diesem Kleiderschrank zu machen. Und das ist ihm offenbar gelungen, denn er hat einfach kehrtgemacht und ist wieder verschwunden.«
Sie betastete die Unterseiten der Fächer.
Monika sah sich inzwischen den Schreibtisch an.
»Weißt du, der sieht genauso aus wie ihr Schreibtisch in Stockholm. Computer mit großem Schirm. Dicke Bücher mit komplizierten Titeln.«
»Wir haben hier alles durchgesehen, nachdem Mariam verschwunden war. Die Festplatte war fast leer.«
Monika zog die einzige kleine Schublade aus dem Schreibtisch und schaute hinein.
»Sieh mal hier!«
Sie reichte Tigist eine längliche weiße Karte. Dort stand in großen, fließenden Buchstaben:
Mariam!
Mariam! Mariam! Mariam! Mariam!
Dein
S. A.
PS. Das ist ein Bild meines Inneren in diesem Augen blick. Iss mit mir zu Mittag oder zu Abend oder was im mer du willst!
Monika drehte die Karte um und musterte die Rückseite. Die war leer.
»S. A. Kann die wohl von Salomon sein?«
»Wir wissen, dass sie von Salomon ist.«
»Der war ja offenbar ein Romantiker. Was für eine schö ne Karte.«
Tigists Hände drehten Monika die Handflächen zu, lie ßen sie dann sinken. Abwehrend.
»Massenproduktion, glaub mir. In der Stadt wimmelt es nur so von Frauen, die ähnliche Karten bekommen ha ben.«
Monika sah Tigist skeptisch an.
»Hast du so eine schlechte Meinung von Männern?«
»Vor schönen billigen Worten in Wort und Schrift sollte man sich hüten.«
Monika warf Tigist einen fragenden Blick zu.
»Du wärst auf Salomon also nicht reingefallen?«
»Doch, das bin ich sogar wie alle anderen. Es ist ewig her, damals ging ich abends noch tanzen. Er schickte mir einen Zettel, ungefähr wie diesen hier. Aber mir schrieb er, er sei mehrere Abende hintereinander gekommen, nur um mich zu sehen. Ich bewegte mich anmutiger als alle, die er jemals gesehen habe. Und ich müsse am nächsten Tag unbedingt mit ihm zu Mittag essen.«
Monika starrte sie an.
»Das soll doch wohl nicht heißen, dass du … dass ihr … ich meine …«
Tigist
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