Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
Vom Netzwerk:
davon.«
    Raudaborsti wich zurück. »Nein«, ächzte sie. »Ich gehe da nicht drauf. Das schaukelt so, und mir wird dann ganz schlecht. Nein, nein, ich gehöre hierher.«
    »Allein kannst du nicht leben. Wo willst du denn hin?«
    »Wohin wollt ihr fahren? Da draußen lauern die Midgardschlange und all diese Seeungeheuer. Und in anderen Ländern leben andere Fürsten.«
    Viviane sammelte sorgfältig die letzten Krümel des Brotfladens auf. »Ich werde mit Thoralf gehen, wohin er auch fährt. Wenn er mich will …«
    Raudaborsti grinste. »Sicher will er dich. Aber mit ihm auf Víking zu fahren ist nicht das angenehmste Leben.«
    »Ich will kein angenehmes Leben«, widersprach Viviane. »Ich will bei Thoralf sein. Ich habe lange nachgedacht, was diese ganze Wendung bedeutet. Ich liebe ihn. Da bin ich mir jetzt ganz sicher. Aber ich bin mir nicht sicher, ob auch er mich liebt. Er weiß ja gar nicht, was hier geschehen ist.«
    »Deshalb leben wir ja auch in der Nähe von Skollhaugen und warten auf den Tag, wenn er heimkehrt.«
    »Heimkehrt … Er besitzt kein Heim mehr, kein Haus, kein Vieh, keinen Hof. Und er besitzt kein Ansehen mehr, keine Freunde, keine Verbündeten. Wie will er sich gegen Ragnvald erwehren? Vielleicht überfallen sie ihn wieder, weil sie annehmen, er bringt neue Schätze mit.«
    »Ganz sicher nehmen sie das an, und ich will hoffen, dass es so ist. Denn damit kann er Skollhaugen wieder aufbauen.«
    Vor Vivianes Augen erschien ein anderes Bild. Sie glaubte es längst vergessen zu haben, doch plötzlich war es, als sei alles gestern gewesen. Schreie, Flammen, Tote und Verletzte, verzweifelte Menschen und ein zerstörtes, geplündertes Dorf. Es lag weit weg auf dieser Insel, die einmal ihre Insel war. Sie hatte ihre Heimat verloren, ihre Eltern, Patrick, den sie heiraten sollte. Sie hatte nichts retten können als ihr nacktes Leben. Den Mann, der dafür verantwortlich war, der keine Skrupel kannte, ihnen dieses Leid zuzufügen, hatte nun das gleiche Schicksal ereilt.
    Es lag ihr fern, deshalb Schadenfreude oder gar Genugtuung zu empfinden. Es schockierte sie. Sie wollte Thoralf trösten, ihm Mut machen, ihn unterstützen. Es war verrückt, doch ihr Gefühl bestimmte ihr Denken. Sie schaute zu Raudaborsti auf, die noch immer an derselben Stelle stand. »Gut«, sagte sie entschlossen. »Ich komme mit.«
    Raudaborsti atmete erleichtert auf. Sie warf einen schrägen Blick auf den Grabhügel. »Lassen wir die bösen Geister ruhen.«
    »Moment, wir nehmen brennende Äste mit. Ich fürchte mich vor den Wölfen mehr als vor bösen Geistern.«
    Ruckartig blieb sie stehen, als es plötzlich hell um sie wurde. Die Dämmerung hatte schon begonnen und alles in ein unwirkliches Zwielicht gehüllt. Doch nun leuchtete alles in einem seltsam grünen Licht, der Schnee, die Bäume, der Hügel. Sie blickte auf zum Himmel und erstarrte. Der Himmel stand in grünen Flammen! Riesige Schlangen aus grünem Feuer wanden sich in der Höhe, zuckend und furchteinflößend.
    Auch Raudaborsti schaute hinauf und schrie auf. Augenblicklich warf sie sich in den Schnee und presste ihr Gesicht hinein. Auch Viviane wurde von diesem Schauspiel überwältigt. Sie sank auf die Knie. »Was ist das?«, flüsterte sie.
    Raudaborsti antwortete nicht. Viviane befürchtete, die Kleine würde im Schnee ersticken. Sie packte sie wie einen Hasen am Fell und zog sie hoch. »Was ist das?«, wiederholte sie.
    Raudaborsti schlug die Hände vors Gesicht. »Ich will das nicht sehen«, schrie sie.
    Es war tatsächlich gespenstisch. Die Schlangen aus grünem Feuer bewegten sich über den ganzen Himmel, aus ihren Leibern stiegen strahlende Flammen empor. Viviane glaubte, dass die Schlangen sie verschlingen würden. Sie hatte so etwas noch nie gesehen. Feuerzeichen am Himmel waren ein böses Omen. Einmal hatten die Mönche des Klosters auf ihrer Insel von einem Kometen berichtet, einem Feuerstern, der über den Himmel fuhr und den Menschen großes Unheil brachte. Doch dies war kein Feuerstern, sondern der ganze Himmel stand in Flammen. Das Ende der Welt war nahe!
    Raudaborsti hielt sich noch immer die Augen zu. Sie zitterte vor Angst. Ihre Haut hatte sich grünlich verfärbt, aber Viviane schob es auf das grüne Licht. Sie zog Raudaborsti fest in ihre Arme. »Ich bin ja hier, ich beschütze dich.«
    Raudaborsti presste ihren Kopf an Vivianes Brust. »Danke.«
    Viviane strich ihr tröstend übers Haar. Mit Verwunderung stellte sie fest, dass sie mutiger,

Weitere Kostenlose Bücher