Wogen der Liebe
Hoskuld, und Sven gewann gegen Yngvar. Die Sieger bekamen von Gunnardviga jeweils einen Krug mit Met überreicht, den Verlierern wurde ein Eimer eiskaltes Wasser über den Kopf geschüttet.
Das Wetter war angenehm, der Fjord lag ruhig da. Ein Stück weiter bewiesen einige Männer ihren Mut, indem sie von einem Felsvorsprung ins Wasser sprangen.
Viviane bewohnte mit sechs anderen Mägden das kleine Häuschen hinter der großen Wohnhalle. Eine richtige Aufgabe hatte sie nicht bekommen, wurde zu allen möglichen Handreichungen herangezogen. Sie molk die Kühe und Ziegen, schleppte Holz für den Herd heran, putzte die Pfannen sauber und holte Wasser vom Brunnen. Sie war es gewohnt, Hausarbeit zu verrichten, wurde aber von der Großmagd Truud ziemlich unsanft behandelt. Immerhin bekam sie ausreichend zu essen und ein neues Kleid aus Leinen. Es war schlicht und etwas zu groß. Sie gürtete es mit einem dünnen Lederband in der Taille und schlug Ärmel und Saum mit feinen Stichen ein. Eigentlich ging es ihr gut. Manchmal schaute sie mit den anderen Mägden den Wettkämpfen der Männer zu. Neben Bogenschießen auf Strohscheiben maßen sie auch ihre Kräfte beim Rövrok. Dabei legten sich zwei Männer in entgegengesetzter Richtung mit dem Rücken auf den Boden, jeder seinen Kopf in Hüfthöhe des anderen. Sie hakten sich mit den Armen ein. Auf ein Kommando versuchten sie, den anderen mit einem Bein zu umschlingen und herumzurollen. Wer dies schaffte, war Sieger.
Auch die Frauen spielten miteinander, Brettspiele, Fangen und sogar mit einem strohgefüllten Lederball. Und immer wieder wurde die Beute bewundert. Am fünften Tag der Feier wurde sie aufgeteilt.
Sofort kam es zum Streit. Einige Männer fühlten sich übervorteilt, prügelten sich untereinander. Doch niemand lehnte sich gegen Thoralf auf. Er lachte nur über die sich streitenden Männer. Mochten sie es unter sich ausmachen, es ging ihn nichts mehr an. Er verbrachte seine Zeit damit, an Gunnardvigas Seite spazieren zu gehen, sie auf die Vorzüge des fürstlichen Anwesens hinzuweisen. Gunnardviga trug den Pelz, den Thoralf ihr als Brautgeschenk mitgebracht hatte, besser gesagt, den sie sich ausgesucht hatte, weil sie die Sklavin Viviane nicht haben wollte. Sie war so schön wie stolz, und sie ließ es Thoralf spüren. Nur selten lächelte sie und zeigte zwei Reihen perlengleicher Zähne. Dann schien Thoralf wie vom Blitz getroffen, ließ sie keinen Moment mehr aus den Augen und stolzierte wie ein Hahn um sie herum. Er versuchte sie mit Wortwitz, Gedichten, Komplimenten aufzuheitern und zu beeindrucken. Sobald Thoralfs Bemühungen nachließen, gab sie sich weniger stolz und unnahbar, warf ihm verheißungsvolle Blicke zu und wickelte die Enden ihrer braunen Zöpfe um die Zeigefinger.
Die Nächte verbrachten die Gäste in der großen Halle. Allerdings schliefen die Frauen auf der einen, die Männer auf der anderen Seite der langen Bänke. Der Duft der Kräuter war längst verflogen, es roch nach Rauch und saurem Bier. Auch wenn die Mägde täglich die Halle aufräumten und säuberten, kurze Zeit später wurden Speisen aufgetafelt, flogen Knochen auf die Erde und wurde Bier verschüttet. Gefleckte Hunde mit geringelten Schwänzen stritten sich knurrend um die Abfälle. Und was die Hunde sich nicht schnappten, flog unweigerlich in die Abfallgrube gleich neben dem Eingang.
Dalla und Halveig, Thoralfs Schwestern, betraten den Hof und blickten sich suchend um. »Gunnardviga, spielst du mit uns Ball?«
Thoralfs Braut stand am offenen Tor und blickte auf den Fjord hinaus, wo sich die drei Drachenboote im stillen Wasser spiegelten. Sie schüttelte den Kopf. »Es ist ein albernes Spiel, bei dem ich meine Kleider beschmutzen könnte.«
»Du darfst den Ball nicht fallen lassen, dann passiert auch nichts.« Dalla schien enttäuscht. Unschlüssig hielt sie den Ball in der Hand. Dann fiel ihr Blick auf Viviane, die am Brunnen stand.
»Hast du nichts zu tun?«, wollte Dalla wissen.
Viviane presste die Lippen zusammen, doch dann hob sie den Kopf. »Ich habe Wasser zur Kochstelle gebracht. Ich soll hier warten, bis die Großmagd eine andere Arbeit für mich hat.«
Dalla blickte Halveig fragend an, doch diese hob die Schultern.
»Los, komm her«, forderte Dalla Viviane auf. »Kannst du Ball spielen?«
»Das Spiel kenne ich nicht«, erwiderte Viviane wahrheitsgemäß.
»Dann zeigen wir es dir.« Sie gingen hinaus auf die Wiese vor dem Tor des Hofes. Hier zeigten die
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