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Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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für eine rothaarige Sklavin.«
    »Lass Viviane in Ruhe«, brauste Thoralf auf. Er griff nach einem Stock in seiner Reichweite und hob ihn drohend.
    »Schlag doch zu«, höhnte Yngvar. »Für dich bin ich doch nicht viel mehr als ein Sklave des Bodens, weit unter deiner Würde.«
    In Thoralfs Augen funkelte der pure Zorn. Doch plötzlich ließ er den Stock fallen. »Ich habe noch nie einen Sklaven geschlagen«, flüsterte er. »Und du – du bist mein Bruder.« Mit hängenden Armen ging er davon. Yngvar verfolgte ihn mit seinen Blicken, doch er bewegte sich nicht von der Stelle. So weit war es also schon gekommen!
    Thoralf lief wie blind aus dem Hof hinaus. Was war nur in ihn gefahren? Was hatte ihm so die Sinne verwirrt? Natürlich wusste er, dass Yngvar es nicht gutheißen würde, wenn er jetzt die Männer auf die Boote rief. Aber er war Thoralf, der Älteste, er musste Yngvar nicht um Erlaubnis fragen. Auf dem Hof fühlte er sich nutzlos, überflüssig und fehl am Platze. Die Jubelfeiern waren vorbei, die Gäste abgereist, und ihn plagte die Langeweile. Er konnte nicht ständig auf Jagd gehen oder sich mit Asgeir dumme Jungenspiele ausdenken. War es Gunnardvigas Forderung nach einem größeren Brautgeschenk? Thoralf konnte und wollte sich nicht kleinlich zeigen, ja, Großzügigkeit empfand er als eine Tugend, die er sich gern nachsagen lassen wollte. Gunnardviga war es wert, noch ein letztes Mal auf Víking zu fahren, bevor er sie zu seinem Weib nahm. Umso größer würde die Vorfreude sein, sie endlich zu besitzen.
    Er stutzte, als er eine zierliche Gestalt auf einem Felsvorsprung über dem Fjord sitzen sah. Augenblicklich schlug sein Herz schneller und in seinen Ohren rauschte das Blut. Es war Viviane!
    Einen Moment zögerte er. Sollte er wirklich zu ihr gehen? Dann zog es ihn wie von unsichtbarer Hand zu ihr hin. Langsam näherte er sich ihr, blickte sich um, ob ihn jemand beobachtete. Doch sie waren allein, umgeben von Wald, Wind und Wasser. Er sog die Luft tief in sich ein.
    »Du bist traurig«, stellte Thoralf fest.
    Viviane fuhr erschrocken herum, dann wischte sie verstohlen ihre Tränen weg. Sie antwortete nicht. Warum sollte sie ihm von ihrem Kummer erzählen? Sie war tief in ihrer Seele gedemütigt.
    Thoralf setzte sich neben sie. Beide starrten sie auf den Fjord hinaus.
    »Ich wollte dir keine Gewalt antun«, begann Thoralf mit rauher Stimme. »Ich dachte, du magst es auch, wenn ich … wenn wir …«
    Viviane wandte den Kopf ab. »Es ist dein Recht, dich mit Sklavinnen zu vergnügen.« Sie sprach leise, kaum vernehmbar.
    »Ich wollte mich nicht einfach mit dir vergnügen, kleine Skolli. Eine unsichtbare Macht hat mich zu dir hingezogen.«
    Auch sie hatte diese unsichtbare Macht gespürt. Sie zog sie unweigerlich zu Thoralf hin. Immer wieder hatte sie sich gefragt, was es bedeutete. War es eine Teufelei, die von ihr Besitz ergriffen hatte? Oder liebte sie diesen Mann, den sie gar nicht lieben durfte? Sollte sie ihm sagen, was sie fühlte, wie verwirrt sie war und dass sie das Gleiche verspürte wie er? Sie hatte niemanden gefunden, bei dem sie die Beichte ablegen, dem sie sich anvertrauen konnte. Was sollte sie bloß tun?
    Viviane presste die Hände zusammen. »Ich habe meinen Gott verloren«, flüsterte sie mit erstickter Stimme.
    Thoralf schüttelte den Kopf. »Du hast Odin, Thor, Freyr. Sie alle beschützen uns, auch dich. Du wirst dich noch an alles gewöhnen.« Er schaute sie lange an. »Du bist ein guter Mensch, Viviane. Ich glaubte, du müsstest mich hassen.«
    »Das glaubte ich auch«, erwiderte sie. »Da kannte ich dich noch nicht richtig. Und auch nicht Skollhaugen.«
    »Es ist schön, nicht wahr?« Stolz blickte er sich um. »Ich liebe dieses Land, die Berge, die Fjorde.« Er dachte an Yngvars Worte. »Eines Tages werde ich für immer hierbleiben. Noch bin ich nicht so alt, um mich nach einem geruhsamen Leben zu sehnen. Aber ich sehne mich nach einer Familie, einem Menschen, der mir nahe ist. Meine Söhne sollen mein Blut erben, meine Heldentaten fortsetzen.«
    Erstaunt blickte sie ihn von der Seite an.
    »Nun denke nicht, dass ich schwach bin«, sagte er. »Aber eines Tages bin ich Herr auf Skollhaugen. Ich werde dieses Land bewohnen, es zu weiterem Wohlstand führen. Mit all den Leuten, die darauf leben.«
    »Ich ahnte nicht, dass du mit diesem Land so verbunden bist.«
    Ich auch nicht, dachte Thoralf. Doch plötzlich öffneten sich ihm die Augen, begriff er Yngvars Worte. »Ist das

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