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Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Diesmal wusste sie nicht, wie sie Viviane noch retten konnte. Wäre Viviane doch niemals nach Skollhaugen zurückgekehrt!
    Raudaborsti ließ sich neben dem Tor nieder und weinte. Zum ersten Mal in ihrem kläglichen Leben hatte sie einen Menschen gefunden, dem sie vertraute, der gut zu ihr war und dem sie selbst nur Gutes tun wollte. Wenn doch Thoralf hier wäre! Doch der befuhr die Meere auf der Jagd nach weiteren Schätzen. Als wenn Gunnardviga ihn dann mehr lieben würde! Nein, diese Frau war ebenso schön wie gierig und selbstsüchtig. Allerdings war Raudaborsti davon überzeugt, dass Ragnvalds Sohn Hoskuld hinter dieser Intrige steckte und Asgeir als sein willfähriges Werkzeug benutzte. Viviane hatte keine Chance. Zwei mächtige Fürstenfamilien waren gegen sie.
    Das wurde auch Viviane mit aller Grausamkeit bewusst. Sie starrte gegen die geflochtenen Wände der Hütte, in der sie gefangen gehalten wurde. Sie schwankte zwischen Aufbegehren und Verzweiflung. Gleich wie das Urteil des Thing ausfallen würde, niemand würde sie freisprechen, niemand an ihre Unschuld glauben. Und das nur, weil sie eine Sklavin, eine Gefangene, eine Fremde war.
    Es war ungerecht! Yngvar könnte sie mit seiner Aussage entlasten. Ihm würden sie glauben. Doch Yngvar lag im Fieber, schwer verletzt, ohne Bewusstsein. Niemand wusste, ob er überhaupt überleben würde. Zu schwer waren seine Verletzungen, zu widrig die Umstände. Zwar hatten die Frauen Yngvars Wunden versorgt, sie genäht und verbunden, ihm fiebersenkende Tränke eingeflößt und sofort ein Blutopfer an Odin ins Herdfeuer gegossen, doch Viviane spürte körperlich die Ablehnung aller, die auf Skollhaugen lebten. Ihr gaben sie die Schuld an dem schrecklichen Geschehen. Und dass sie Thoralf liebte, das war wohl ihr größtes Verbrechen.
    Thoralf! Etwas zog sich schmerzhaft um Vivianes Brustkorb zusammen. Wenn sie darüber nachdachte, so hatte Thoralf sie tatsächlich bevorzugt behandelt. Seine anfängliche Rauhheit war verflogen, er hatte Verständnis für sie gezeigt, Wärme, Zuneigung. Er hatte sich mit ihr unterhalten, über ihre Gefühle, ihre Situation. Er hatte versucht, sie zu verstehen und ihr eine neue Heimat zu bieten. Er hatte sie berührt, zärtlich, liebevoll, sogar geküsst, wie man nur einen geliebten Menschen küsst. Er hatte ihr eine Aufgabe übertragen, die nur einer Braut zustand – den Mantel zu weben. Warum hatte er das alles getan? Es gab nur eine Antwort darauf: Thoralf liebte sie!
    Es bebte am ganzen Körper, sie spürte wieder das Feuer in ihrem Bauch auflodern, dieses Gefühl des sprudelnden Blutes, das sie fast schon vergessen hatte. Nein, Thoralf hatte in ihr dieses Feuer entfacht und es loderte noch immer.
    Thoralf könnte sie retten, doch er war weit weg und würde erst in Wochen oder Monaten wiederkommen. Plötzlich überwältigte Viviane die Verzweiflung. Sie schlug die Hände vors Gesicht und fing hemmungslos an zu weinen. Ihre Situation war so aussichtslos, dass sie nun verzagte. Die kleinen Hoffnungsschimmer, die immer wieder aufglimmten wie Funken in einem sterbenden Feuer, erloschen nun in der Asche.
    Sie hörte etwas an der Wand kratzen. Wahrscheinlich waren es Mäuse auf der Suche nach etwas Fressbarem.
    »Pssst! Viviane, ich bin es, Raudaborsti.«
    »Raudaborsti! Sei vorsichtig! Die Hütte wird bewacht.«
    Doch da öffnete sich die Tür, und Raudaborstis magere Gestalt erschien. Dann fiel die Tür hinter ihr zu.
    »Oh, meine Kleine!« Die beiden fielen sich in die Arme. Es war so wohltuend, einen menschlichen Körper zu spüren. Viviane kämpfte erneut gegen die Tränen. »Wie kommst du hier herein? Bist du auch gefangen?«
    »Nein, nein, ich habe den Wächter bestochen. Mit Äpfeln. Ich kann nicht lange bleiben. Bekommst du genug zu essen?«
    »Wie kannst du denn jetzt an Essen denken?« Vivianes Stimme versagte, und sie räusperte sich heftig.
    »Hier, ein paar Äpfel. Schließlich hast du sie auch mit hierhergeschleppt.« Im Dämmerlicht der Hütte bemerkte Viviane Raudaborstis schiefes Lächeln.
    »Wie geht es Yngvar?«
    Raudaborsti senkte den Kopf. »Leider nicht besser. Er ist noch immer nicht bei Bewusstsein, erzählt Truud. Ich darf nicht ins Haupthaus hinein. Sie haben ihn wohl in dicke Felle gewickelt und werfen Kräuter in das Feuer. Ein Heilkundiger ist gekommen, aber auch er hat nicht viel erreicht. Sie wollen Odin und Thor um Beistand bitten.« Verstohlen wischte sich Raudaborsti eine Träne aus dem Augenwinkel. »In der

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