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Wogen der Liebe

Wogen der Liebe

Titel: Wogen der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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aller Gewalt zu Bewusstsein. Sie spürte eine eisige Hand um ihren Hals. Sie rang nach Luft. Ihre Beine wollten ihren Dienst versagen, doch die Knechte zerrten sie vorwärts. Sie starrte auf das schaukelnde Hinterteil des Pferdes von Björgolf, das vor ihr ging. Der Schwanz war sorgfältig gekämmt und mit einer bunten Kordel verziert. Viviane versuchte, die Windungen zu zählen. Es war irrsinnig, worauf sie sich konzentrierte, aber es lenkte von der grausigen Vorstellung ab, wie schon bald das kalte, nasse Moor sie verschlingen würde. Sie hoffte, es würde schnell gehen. Sie wollte nicht leiden, sie wollte keine Schmerzen erdulden. Sie war nicht zur Märtyrerin geboren. Sie wollte doch leben!
    Beim letzten Mal war ihr der Weg wesentlich länger vorgekommen, auch als sie den verletzten Yngvar nach Skollhaugen zurückbrachte. Sie hob den Kopf, als der Zug stockte. Mit einer Handbewegung dirigierte Björgolf die Menschenmenge zu einem Kreis, in dessen Mitte nur er und Viviane mit ihren Wächtern blieben. Für einen Augenblick traf sich ihr Blick mit dem von Oleif. Er starrte sie an, um dann die Lider zu senken. Sie hatte Angst, Entsetzen, Mitleid, aber auch Resignation gesehen. Er war ein Wikinger wie alle hier. Es war ihre Welt, ihr Glauben, ihre Ansicht von der Ordnung der Welt. Die hatte sie gestört, ohne es zu wollen. Und doch …
    Sie reckte sich und hob den Kopf. Ihr Blick wanderte zum Himmel. Sie hob ihre gefesselten Hände und faltete sie, so gut es ging. »Herr im Himmel, wenn du mich erblickst, so erbarme dich meiner und lass mir deine Gnade zuteilwerden. Vergib mir all meine Sünden und nimm mich gnädig auf in dein Reich. Ich begebe mich in deine Obhut. Schenke mir den Frieden des Himmels, denn ich habe alles aus Liebe getan. Liebe ist etwas Gutes, das du den Menschen gegeben hast. Der Tod ist nicht das Ende. Er wird mich ins … ins … Paradies führen.« Sie schluckte und warf einen scheuen Blick auf die schwarze Pfütze neben sich. Sie spürte den Boden wanken. Trotz der Kälte war das Moor nicht zugefroren. Nur auf den Grashalmen hatte sich weißer Reif in bizarren Kristallen abgesetzt. Feine Dampfschwaden stiegen aus dem Moor empor, manchmal gluckste es. Irgendwo schrie ein Vogel.
    Die Angst schnürte Vivianes Brust zusammen. Sie verstummte, als die Umstehenden in einen Singsang einfielen. Immer lauter wurde der von Schreien und Rufen unterbrochene Gesang, mit winzigen Schritten kamen sie näher, der Kreis wurde enger, die Menschenmauer dichter. Ragnvald reichte Björgolf eine lange Lanze, deren Schaft mit eingebrannten Runenzeichen verziert war. Er reckte die Lanze zum Himmel und rief die Götter Asgards an. Viviane senkte den Kopf. Sie war nicht tapfer. Tränen liefen ihr über die Wangen, sie schluchzte verzweifelt. Sie wollte mit dem Bild Thoralfs im Herzen sterben. So war ihr Tod wenigstens nicht vergebens.
    Björgolf senkte die Lanze und drückte sie mit dem stumpfen Ende in Vivianes Rücken. So würde er sie ins Moor stoßen.
    »Bindet ihr die Füße zusammen«, befahl er. »Sie darf keine Möglichkeit haben, sich zu wehren.«
    Einer der Knechte bückte sich, um Vivianes Füße zu fesseln. Sie zitterte am ganzen Leib, ihre Lippen murmelten stumme Gebete. Ein anderer legte ihr einen Strick um den Hals und wollte dessen Ende in Björgolfs Hand legen.
    »Diese Ehre kommt Asgeir zuteil«, sagte Björgolf würdevoll. »Damit ist sein Ansehen wiederhergestellt.«
    »Und das meines Sohnes?«, fragte Ragnvald.
    »Dann soll Hoskuld ebenfalls den Strick ergreifen«, bestimmte Björgolf.
    Der Knecht drehte sich um und stutzte. »Da … da … es brennt!«
    Alle hatten sich bislang auf die Opferungszeremonie konzentriert, die Augen nicht von Viviane gelassen. Jetzt wandten sie sich um und blickten in die Richtung, in die der Knecht zeigte. Eine dunkle Rauchsäule stieg zum Himmel.
    »Aber … das ist … Skollhaugen …« Björgolf richtete sich auf dem Pferderücken auf. »Skollhaugen brennt!«
    Asgeir und Hoskuld wechselten einen kurzen Blick.
    »Du irrst dich, Björgolf. Das ist nicht Skollhaugen.«
    »Doch, doch! Skollhaugen brennt!« Er warf einen verzweifelten Blick auf seine Leute. Fast alle hatte er zur Opferung befohlen. Skollhaugen war kaum bewacht. Wer würde es auch wagen, die Burg anzugreifen?
    Irritiert blickte er zu Asgeir. Er war hier, ebenso Hoskuld, Ragnvald, Sven, Gunnardviga. Hatte Viviane doch die Wahrheit gesprochen?
    Seine Gedanken überschlugen sich. Wie konnte er nur so

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