Wogen der Liebe
endlich Recht sprechen und den Stab über diese Hexe brechen.«
Björgolf wandte sich zu Asgeir um und kniff die Augen zu engen Schlitzen zusammen. »Es ist der Schmerz eines Vaters, der in mir wütet, wenn er einen Sohn verliert. Ich bin Gerichtsherr auf Skollhaugen, und diese Sklavin gehört zu meinem Gesinde.«
»War es nicht so, dass Thoralf sie meiner Schwester schenkte? Somit ist Fürst Ragnvald zuständig, sie zu verurteilen.«
Ragnvald zog seinen Umhang enger um die Schultern. »Björgolf soll erzählen, wessen er dieses Weib beschuldigt. Ist es wirklich so viel Aufhebens wert, dass dafür ein Thing einberufen wird? Schließlich ist sie nur eine Sklavin.«
»Wenn es um schwerwiegende Beschuldigungen gegen Freie oder Mitglieder der Fürstenfamilie geht, schon«, erwiderte Björgolf und klopfte mit seinem Stock auf den Boden. Der Schnee der letzten Tage war geschmolzen, und eine ungewöhnliche Wärme hatte den Boden auftauen lassen. Trotz untergelegter Felle und Leder saßen die Männer im Matsch.
»Sie beschuldigt tatsächlich Asgeir und Hoskuld, einen Überfall auf Skollhaugen zu planen und meine Schätze rauben zu wollen.«
Er erntete lautes Gelächter. Nach kurzem Zögern stimmte Asgeir mit ein und lachte am lautesten, während Hoskuld die Lippen zusammenpresste. »Sie hat den Tod verdient«, zischte er zwischen den Zähnen.
»Wie kommt sie auf so eine absurde Aussage?«, wollte einer der Männer wissen.
»Angeblich hat sie ein Gespräch zwischen Asgeir und Sven belauscht.«
Asgeir wurde blass, doch im roten Feuerschein bemerkte das niemand. »Sie hat zu viel Sauerbier getrunken«, rief er.
Björgolf wandte sich ihm wieder zu. »Es ist nur des Rechts wegen, das ich spreche, Asgeir, gab es dieses Gespräch zwischen dir und Sven?«
Erbost sprang Asgeir auf. »Was unterstellst du mir? Glaubst du dieser Sklavin etwa?«
»Ich habe dir eine Frage gestellt, die du beantworten sollst«, gab Björgolf zurück. »Diese Magd beteuerte, ein Gespräch belauscht zu haben, und zwar am Weiher von deinem Anwesen.«
Asgeir schluckte und warf Sven einen kurzen Blick zu. Sven erwiderte den Blick eindringlich und beschwörend.
»Dieses Gespräch hat es nie gegeben.« Asgeir trat in den Ring. »Warum wirfst du diese Magd nicht einfach in den Fjord?«
»Weil ich Recht spreche«, schnaubte Björgolf. »Es muss alles seine Ordnung haben. Wenn es so ist, wie du sagst, dann hebe deinen Arm mit dem Schwert zum Himmel und schwöre bei Thor und Odin, dass du die Wahrheit sagst.«
»Was soll ich?« Asgeir heulte auf. »Ich soll mich gegen eine Sklavin verteidigen? Was ist das für ein Recht, das du sprichst?«
»Ich vertraue auf Thors Urteil. Sagst du die Wahrheit, dann hast du nichts zu befürchten. Lügst du, schickt Thor einen Blitz auf dich herab.«
Wütend hüpfte Asgeir im Kreis herum. »Ein Freier, der Sohn von Eirik, dem Seefahrer, muss sich gegen eine Sklavin verteidigen! Björgolf, das lasse ich mir nicht gefallen!«
»Recht hat er«, stimmten die Männer Björgolf zu. »Schwöre, Asgeir, du hast ja nichts zu verbergen.«
»Ich werde nicht schwören«, widersetzte sich Asgeir. »Ich bin ein freier Mann. Ihr Wort hat keinen Wert.«
Ungeduldig stampfte Björgolf mit dem Stock auf. »Ich gebe zu, diese Sklavin hat einige Unruhe auf meinen Hof gebracht. Thoralf hat sie unter unseren Schutz gestellt. Und um das Weibergezänk habe ich mich nicht geschert. Das ist Aufgabe von Astrid. Doch es gab bereits einige Vorkommnisse, die mir zu denken gegeben haben. Trotzdem war mir die Bitte meines Sohnes Thoralf eine Vaterpflicht. Allerdings berichtete mir meine Tochter Dalla, dass diese Sklavin Thoralf verhext habe, dass er sich ihr zuwandte. Sie wollte ihn und Gunnardviga entzweien.«
Die Männer raunten. »Das ist doch nicht möglich!« – »Hat sie das wirklich getan?« – »Dann hat sie den Tod verdient.«
»Das ist eine Beleidigung für mein Mündel«, ließ sich nun Fürst Ragnvald vernehmen. »Schließlich sind Gunnardviga und Thoralf seit Kindertagen einander versprochen.«
»Und was ist mit Yngvar geschehen? Man sagt, ein Bär habe ihn angefallen.«
»So ist es«, bestätigte Björgolf. »Die Sklavin ist Yngvar an den großen Fluss gefolgt, wo er zum Fischen war. Allein, ohne unser Wissen. Dort hat sie ihn unter einem Vorwand in eine Höhle gelockt, in der ein Bär schlief. Der hat sich dann auf Yngvar gestürzt. Mutig hat er den Bären vertrieben und sich auf dem Rücken seines treuen Pferdes bis nach
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