Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wogen der Sehnsucht

Wogen der Sehnsucht

Titel: Wogen der Sehnsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: India Grey
Vom Netzwerk:
Mischung aus Frustration und Erleichterung, weil der Bann der angespannten Erwartung brach. Eine Sekunde später lief Tom die Treppe hinunter auf sie zu, ein breites Grinsen auf dem Gesicht. „Du bist kaum durch die Tür, und schon küsst du meine Verlobte. Hast du denn gar keinen Respekt vor dem heiligen Stand der Ehe?“
    Tristan hob in einer eleganten Geste der Hilflosigkeit die Hände. „Habe ich dir nicht immer gesagt, dass du eine Frau nicht durch ein Stück Papier festhalten kannst?“
    „Es sei denn, sie möchte festgehalten werden“, wandte Scarlet ein bisschen unsicher lachend ein, während Tom seinen Arm um ihre Schultern legte und sie an sich zog. Er küsste sie auf die Wange.
    „Tut mir leid, dass ich die zukünftige Braut jetzt entführen muss, aber da oben stehen ungefähr fünfhundert entfernte Verwandte von mir, die sie unbedingt kennenlernen wollen, deshalb müsst ihr sie entbehren – für den Moment jedenfalls.“ Er ging mit Scarlet die Treppe hinauf, und Lily, die den Blick fest auf den Steinfußboden gerichtet hielt, spürte Panik in sich aufsteigen. „Wir reden nachher, wenn ich die Horden befriedigt habe!“, rief Tom auf halbem Weg nach oben zu ihnen herunter, bevor er mit einer Geste auf sie beide hinzufügte: „Tut mir leid, aber ihr zwei habt euch ja schon kennengelernt, nicht wahr? Auf dem Sommerball?“
    Lilys Herz schlug wild. Tristan konnte es vermutlich hören. Mein Gott, er konnte es vermutlich sehen. Hitze schoss in ihre Wangen, während sie sich darauf vorbereitete, ihm ins Gesicht zu blicken. In das Gesicht des Mannes, der der Vater ihres Kindes sein würde.
    Sein Gesichtsausdruck war kühl, distanziert, höflich. Und er sprach mit einem Tonfall, der genau dazu passte.
    „Haben wir das?“

5. KAPITEL
    Es gab Menschen, die es genossen, andere zu verletzen, wie Tristan Romero de Losada Montalvo nur allzu gut wusste.
    Er gehörte nicht dazu.
    Wenn es um Frauen ging, war er jedoch der Überzeugung, dass man grausam sein musste, wenn man nett sein wollte, denn er hatte absolut nicht die Absicht, Lily Alexander glauben zu lassen, dass sie wiederholen würden, was in jener heißen Nacht im Sommer passiert war. Oder ihr irgendeinen Hinweis darauf zu geben, wie sehr die Erinnerung daran ihn danach beschäftigt hatte.
    Er sah, wie Schmerz ihre leicht schräg stehenden silbernen Augen verdunkelte, und musste sich gegen das plötzlich in ihm aufsteigende ungewohnte Schuldgefühl wehren. Er hatte Wut erwartet, Empörung, eine Ohrfeige – das alles hätte er verdient gehabt und hatte es auch von vielen von ihm ähnlich behandelten Frauen in der Vergangenheit bekommen. Lily Alexanders ruhige Würde brachte ihn aus der Fassung.
    „Ja, das haben wir“, sagte sie leise, fast entschuldigend. „Ich war die Frau mit … mit der Taube.“
    Sofort versetzten ihre Worte ihn wieder zurück in den Turm in der Abenddämmerung, und er fühlte sich, als würde ihm die Luft aus den Lungen gedrückt, als ihm das sanfte Murmeln ihrer Stimme wieder einfiel, das Mitgefühl, das in ihren Augen geleuchtet hatte. Und die Wirkung, die das auf ihn gehabt hatte.
    Eins zu null für Lily Alexander.
    Er nickte langsam. „Natürlich.“ Seine Lippen hoben sich zu einem leichten, zögernden Lächeln. „Selene. Die Frau mit der Taube.“
    Ihre Augen suchten seine, und als er die vorsichtige Hoffnung in ihnen aufflackern sah, verfluchte er sich selbst. Seine Beziehungen zu Frauen waren emotionslos und unpersönlich und dauerten nie länger als eine Nacht. Das waren seine goldenen Regeln. Er hatte die erste im Turm gebrochen, und die Konsequenzen waren hart genug gewesen. Er würde ganz sicher keine der beiden anderen brechen.
    Er wandte den Blick ab.
    „Ja“, flüsterte sie. „Ich frage mich, was mit dem armen Tier passiert ist.“
    Tristan zögerte. Als er am nächsten Morgen im Taubenschlag nachgesehen hatte, war die Taube nirgends zu sehen gewesen, was vermutlich bedeutete, dass sie während der Nacht von einem Raubtier geschlagen worden war. Aber er war nicht völlig herzlos.
    Nicht völlig.
    „Sie hat sich erholt und ist weggeflogen, glaube ich“, sagte er, bevor er einen Schritt zurücktrat und sich zur Treppe wandte. „Jedenfalls war es nett, dich wiederzusehen“, sagte er mit gleichgültiger Höflichkeit, „aber wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich sollte …“
    Während der kurzen Momente, in denen Tristan ihr in die Augen gesehen hatten, waren tausend wortlose Bilder zwischen ihnen

Weitere Kostenlose Bücher