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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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meine Familie wäre sonderbar.«
    »Von wegen, die sind bestenfalls Anfänger«, erwiderte er grinsend.
    »War Ihre Familie für Sie da, als ... als Sie damals diese persönlichen Probleme hatten?«
    Max‘ Lächeln erlosch. »Sie wissen wirklich, wie man jemandem einen Schuss vor den Bug verpasst, was?«
    »Berufskrankheit. Es ist nur ... Ich weiß, wie allein ich mich während der ganzen Sache in L.A. gefühlt habe.«
    »So eine Familie sind wir nicht.«
    »Dann waren Sie also auch allein damit.«
    Er stellte sein Whiskeyglas ab. »Und warum sind Sie hier, Julia?«
    »In Rain Valley? Das wissen Sie doch.«
    »Nein, hier «, wiederholte er mit noch sanfterer Stimme.
    »Alice hat heute Abend gesprochen. Sie hat ›bleib‹ zu mir gesagt.«
    »Ich wusste, dass Sie es schaffen.«
    Ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht, plötzlich und von ganz allein, als hätte sie selbst nicht damit gerechnet. Das Verandalicht schimmerte auf ihrer Haut, ihren Haaren, ihren Wimpern. Sie bewegte sich leicht, und wieder schwappten kleine Wellen gegen seine Brust. »Die Sache ist die ... Ich hab wochenlang tagtäglich darauf gewartet...«
    »Und?«
    »Und als es dann endlich passiert ist, konnte ich an nichts anderes denken, als es Ihnen zu erzählen.«
    Selbst wenn er es versucht hätte, hätte er sich nicht bremsen können - und er versuchte es erst gar nicht. Mit einer raschen Bewegung überwand er die winzige Entfernung und küsste Julia auf den Mund. Es war ein Kuss von der Art, wie er sie schon ganz vergessen hatte. Leise flüsterte er ihren Namen, ließ seine rechte Hand über ihren glatten, nackten Rücken gleiten, zu ihrer Brust. Doch er hatte sie noch nicht richtig erspürt, als sie ihn wegschob.
    »Tut mir leid«, sagte sie, bleich und geschockt. »Ich muss gehen.«
    »Da ist etwas zwischen uns«, sagte er. Die Worte waren schon aus seinem Mund, ehe er wusste, was er sagen würde.
    »Ja«, antwortete sie. »Deshalb gehe ich jetzt lieber.«
    Sie starrten einander an, und plötzlich hatte er das seltsame Gefühl, etwas sehr Wertvolles zu verlieren.
    Endlich kletterte sie aus der Wanne, ging ins Haus, holte ihre Kleider und ließ ihn ohne ein Wort des Abschieds allein.
    Noch lange blieb er reglos sitzen und starrte ins Leere.
    Die ganze Nacht träumte Julia von Max. So gefangen war sie in dem Netz ihrer Träume, dass sie, als es an der Tür klopfte, erst gar nicht begriff, was los war.
    Es klang wie eine vorrückende Armee.
    Erschrocken setzte sie sich auf. Natürlich war an der Tür keine Armee.
    Sondern nur ein kleines, wild entschlossenes Mädchen.
    Julia lächelte. Das war es doch, was zählte, nicht irgendeine sexuelle Begegnung, die gestern um ein Haar stattgefunden hätte. »Wie es scheint, möchte hier jemand gern wieder nach draußen gehen.« Sie schwang die Beine aus dem Bett und stand auf.
    Nachdem sie im Bad fertig war, kam sie in einer verwaschenen Jeans und einem alten grauen Sweatshirt ins Schlafzimmer zurück.
    Alice stampfte mit dem Fuß, boxte mit der Faust gegen die Tür und grunzte.
    Julia wanderte zu ihrem Arbeitstisch, wo die Bücher, Bauklötze und Puppen lagen. Dort setzte sie sich und legte die Füße auf den Tisch. »Wenn die kleine Alice raus möchte, dann sollte sie es mal mit Reden versuchen.«
    Alice runzelte die Stirn und schlug wieder gegen die Tür.
    »So funktioniert das nicht, Alice. Immerhin weiß ich jetzt, dass du sprechen kannst.« Sie stand wieder auf, ging zum Fenster und zeigte hinaus auf den Garten, der sich in der Morgendämmerung gerade rosarot zu färben begann. »Draußen.« Immer wieder sagte sie es, trat dann zu Alice, nahm ihre Hand und führte sie ins Badezimmer.
    Sie deutete auf sich selbst im Spiegel. »Ju-li-a«, sagte sie. »Kannst du das sagen? Ju-li-a.«
    »Sie«, flüsterte Alice.
    Beim Klang ihrer Stimme, so leise und zögernd sie auch war, machte Julias Herz einen Sprung. »Ju-li-a«, wiederholte sie und drückte die Hand auf ihre Brust. »Ju-lia.«
    Sie sah, dass Alice sie verstand, denn sie gab einen Laut des Verstehens von sich, ihr Mund formte ein O. »Dschu-lie.«
    Julia grinste. So ähnlich musste es den Leuten gehen, die den Everest ohne Sauerstoff erklommen. Ein schwindelerregendes Triumphgefühl. »Ja. Ja. Julia.« Jetzt deutete sie auf Alices Spiegelbild. »Der ia-Laut am Ende ist ein bisschen schwierig, stimmt‘s? Also, wer bist du?« Sie berührte Alices Brust, wie sie es vorher bei sich selbst gemacht hatte.
    Alices Stirnrunzeln verstärkte sich.

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