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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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Julia zog Alice auf ihren Schoß, nahm sie in den Arm und strich ihr die seidigen schwarzen Haare aus dem Gesicht. Nach einer Weile steckte Alice den Daumen in den Mund.
    Julia begann zu lesen. Sie hatte kaum den ersten Abschnitt fertig, als Alice plötzlich erstarrte und ein leises Knurren ausstieß.
    Einen Augenblick später klopfte es an der Tür.
    Wieder knurrte Alice, unterbrach sich aber, als wäre ihr soeben eingefallen, dass sie ja jetzt in der Welt der Wörter lebte. »Angst«, flüsterte sie.
    »Ich weiß, Schätzchen.«
    Ellie kam herein.
    Alice stieß einen halb erstickten Laut aus, rutschte von Julias Schoß herunter und rannte in ihr Versteck hinter den Topfpflanzen.
    »Ob sie wohl irgendwann mal aufhört, sich vor mir zu fürchten?«, seufzte Ellie.
    »Lass ihr Zeit«, meinte Julia und lächelte.
    Ellie sah sich um. »Wie macht sie sich?«
    »Sie benimmt sich wie jedes Kleinkind, das sich in rasendem Tempo entwickelt. Sie lernt neue Wörter, sie lernt, Mimik und Körpersprache zu verstehen und alles miteinander zu verknüpfen.«
    »Wie kann ich ihr sagen, dass es mir leid tut? Dass sie versteht, dass ich sie damals nur zu ihrem eigenen Besten in dieses Netz gelockt habe?«
    »So einen komplexen Zusammenhang kann sie noch nicht verstehen.«
    »Da bin ich neununddreißig Jahre alt und kann nicht mal ein kleines Mädchen dazu bewegen, mich zu mögen. Kein Wunder, dass ich steril bin. Gott hat mein Potenzial als Mutter durchschaut.«
    »Du bist nicht steril.«
    »Wenn nicht, dann ist es trotzdem bald vorbei. Meine Eierstöcke vertrocknen schneller als ein Fisch auf dem Grill.«
    »Das ist jetzt ungefähr das fünfte Mal, dass du mir gesagt hast, du willst Kinder«, stellte Julia leise fest.
    »Ja, es überfällt mich ab und zu, ganz plötzlich, in den seltsamsten Momenten.«
    »So sind Träume eben. Man kann sie nicht ewig unterdrücken. Ich sag dir was, Ellie. Warum versuchst du nicht, eine Beziehung zu Alice aufzubauen? Ich zeige dir, wie es funktionieren könnte.«
    »Ja, ja.« Ellie seufzte abgrundtief. »Ich kann ja nicht mal meinen Hunden beibringen, bei Fuß zu gehen.«
    »Alice wird dir eine Chance geben. Du musst einfach Zeit mit ihr verbringen.«
    »Sie erträgt es ja kaum, im gleichen Raum mit mir zu sein.«
    »Klemm dich mehr dahinter. Heute Abend nach dem Abendessen kannst du ihr eine Geschichte vorlesen. Ich gehe so lange nach unten und lasse euch allein.«
    Ellie überlegte. »Sie bleibt bestimmt in ihrem Pseudowäldchen.«
    »Dann versuchst du es morgen Abend eben noch einmal. Früher oder später gibt sie dir eine Chance.«
    »Glaubst du das wirklich?«
    »Ich weiß es sogar.«
    Wieder zögerte Ellie. »Na gut. Ich probiere es aus.« Sie sah Julia an. »Danke.«
    Julia nickte.
    Auf dem Weg zur Tür blieb Ellie noch einmal stehen und drehte sich um. »Jetzt hätte ich doch fast vergessen, weshalb ich eigentlich gekommen bin. Donnerstag ist Thanksgiving. Kannst du was kochen?«
    »Ich könnte einen Salat machen. Und du?«
    »Nur Gerichte, die mit Käse überbacken werden. Am liebsten mit Schmelzkäse.«
    »Was sind wir doch für ein jämmerliches Gespann!«
    »Stimmt.«
    »Wir könnten eins von Moms alten Rezepten ausprobieren«, schlug Julia vor. »Ich bestelle heute einen Truthahn und geh ein bisschen einkaufen. Das kann doch alles nicht so schwer sein.«
    »O ja, das wird wie früher mit Mom und Dad. Wir könnten Leute einladen.«
    »Cal und seine Familie?«, meinte Julia.
    »Klar. Fällt dir sonst noch jemand ein, den du gerne hier haben würdest?«
    »Wie wäre es mit Max? Er hat keine Familie.«
    Ellies Blick war wie ein Laserstrahl. »Nein«, antwortete sie langsam. »Stimmt.«
    »Dann ... dann kann ich ihn ja mal anrufen.«
    »Du spielst mit dem Feuer, kleine Schwester, und du gerätst leicht in Brand.«
    »Ist doch bloß eine Einladung zum Essen.«
    »Ja, richtig.«
    * * *
    »Hast du gesehen, wie viel Butter in Moms Truthahnfüllung soll? Das kann doch nicht stimmen!«
    Ellie machte sich nicht die Mühe, ihrer Schwester zu antworten, denn sie hatte ihre eigenen Probleme. Irgendwo in diesem Truthahn (was hatte sich ihre Schwester bloß dabei gedacht, diesen Riesenvogel zu kaufen, von dem man eine ganze Armee ernähren konnte?) befand sich eine Plastiktüte mit Körperteilen, die sie nicht essen, aber anscheinend auch nicht mitkochen sollte. »Meinst du, der Beutel mit den Innereien löst sich auf, wenn das Vieh im Ofen ist? Wenn ich meinen Arm noch weiter in den Hintern dieses Vogels

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