Wohin das Herz uns trägt
dunklen Traurigkeit zu ertrinken, die sie in seinen Augen sah. Das ging ihr so an die Nieren, dass sie kaum wusste, was sie sagen sollte. »Lisa liebt dich«, stammelte sie schließlich. »Irgendwann wird sie sich wieder daran erinnern und zurückkommen.«
»Das hab ich auch lange gedacht, Ellie. Peanut meinte das Gleiche. Aber jetzt bin ich nicht mal mehr sicher, ob ich das will.«
Ellies erster Gedanke war: Peanut wusste also die ganze Zeit Bescheid? Aber sie hatte sich geschworen, diesen Fehler nicht noch einmal zu machen. Hier ging es nicht um ihr angeschlagenes Ego. Sie setzte sich neben Cal aufs Sofa. »Und was willst du?«
»Nicht die ganze Zeit so allein sein. Versteh mich nicht falsch. Ich liebe meine Töchter, sie sind mein Leben, aber nachts, wenn ich im Bett liege, dann möchte ich mich gern zu jemandem umdrehen, mich einfach an jemandem festhalten und festgehalten werden. Lisa und ich haben schon seit Jahren nicht mehr miteinander geschlafen. Ich dachte, ich wäre vielleicht weniger einsam, wenn sie weg ist, oder es würde zumindest keinen großen Unterschied machen, aber so ist es nicht.«
Er sah Ellie an, und in seinen Augen, die sie so gut zu kennen glaubte, sah sie wieder diese unendliche Traurigkeit. »Wie kann es besser sein, wenn man eine Frau hat, die in einem anderen Zimmer schläft, als wenn man gar keine Frau hat?«
Diese Art von Einsamkeit kannte Ellie schon so lange, dass sie gar nicht mehr darüber nachdenken wollte.
»Wird es leichter mit der Zeit?«
Sie seufzte. An der gleichen Stelle hatte ihr Gespräch angefangen. »Sei dankbar für deine Kinder, Cal. Wenigstens wirst du immer jemanden haben, der dich liebt.«
* * *
Um sechs war Max mit der Visite fertig. Um halb sieben hatte er die Krankenblätter ausgefüllt und sich abgemeldet.
Er war schon fast an der Tür, als er ausgerufen wurde.
»Dr. Cerrasin bitte in den Kreißsaal, Station zwei.«
»Mist.«
Im Kreißsaal lag Crystal Smithson, seine Patientin, im Krankenhauskittel auf dem Bett und brüllte ihren Mann an, der sich völlig verschreckt in einer Ecke verkrochen hatte. Dann setzte die nächste Wehe ein, Crystal begann zu hecheln und drückte auf ihren riesigen Bauch, bis die Kontraktion vorüber war.
Neben ihr stand Trudi und hielt ihre Hand. Als Max hereinkam, lächelte sie.
»Na, Crystal, ich hab Ihnen doch gesagt, dass ich Freitagabend frei habe«, sagte er und streifte sich rasch sterile Handschuhe über.
Crystal lächelte, ziemlich schwach und müde. »Sagen Sie das ihr.« Sie rieb ihren Bauch.
»Am besten finden Sie sich gleich damit ab«, meinte Trudi. »Kinder hören nie auf ihre Eltern.«
Die nächste Wehe setzte ein, und Crystal schrie auf.
»Wird sie das durchstehen?«, fragte ihr Mann und kam vorsichtig einen Schritt näher.
Max ging ans Fußende des Betts. »Sehen wir mal, was wir hier haben.«
»Sie ist vollständig eröffnet«, sagte Trudi, während sie neben ihn trat und ihm Gleitmittel auf die Hände gab.
Die Untersuchung dauerte nicht lange. Max hatte genug Babys entbunden, um zu erkennen, dass es hier schnell gehen würde. Er spürte schon das Köpfchen.
»Sind Sie bereit, Mutter zu werden, Crystal?«
Noch eine Wehe, noch ein Schrei. »Ja!«, keuchte sie.
»Ich sehe das Köpfchen«, sagte Max zu Trudi. »Okay, Crystal, Sie können jetzt anfangen zu pressen.«
Crystal gab ein Grunzen von sich, keuchte und schrie wieder auf. Jetzt stürzte ihr Mann zu ihr. »Ich bin da, Chrissie«, beteuerte er und ergriff ihre Hand.
Der Kopf des Kindes erschien.
»Noch ein bisschen pressen für die Schultern, Crystal, dann haben Sie es geschafft«, versprach Max.
Vorsichtig drückte er den Kopf des Babys leicht nach unten und gab dann nach, sodass das Baby herausglitt und sanft in Max‘ Händen landete.
»Sie haben ein wunderschönes kleines Mädchen«, sagte er und sah die stolzen Eltern an. Crystal und ihr Mann weinten beide.
»Möchte der frischgebackene Vater die Nabelschnur durchschneiden?«, fragte Max, So oft er diesen Satz auch sagte, irgendwie ging er ihm immer nahe.
Als sie fertig waren, fühlte er sich völlig ausgelaugt. Er nahm eine lange heiße Dusche und machte sich auf den Weg zur Schwesternstation.
Dort saß Trudi, ganz allein. Als sie ihn kommen sah, kam sie hinter dem Schreibtisch hervor und lächelte ihn an. »Sie wollen die Kleine Maxine nennen.«
»Das arme Baby«, antwortete er und verstummte sofort wieder.
»Du warst eine Weile nicht mehr bei mir.«
Natürlich wäre es
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