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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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hier Er ist weg. Ist es das, was Sonnenhaar ihr zeigen möchte?
    »Kommschonälliss. Du brauchst wirklich keine Angst vor dem Ding zu haben.«
    Sie sieht Sonnenhaar an. Die feuchten grünen Augen machen sie ganz unsicher und schwummerig innen drin.
    Langsam streckt sie die zitternden Hände aus, um Es zu berühren.
    Es wird dich verbrennen ...
    Aber nichts dergleichen passiert. Was sie in der Hand hält, fühlt sich an wie nichts, nur Bindfaden und Zweige. Kein Blut, keine Spur von Seinen großen, wütenden Händen.
    Sie reißt das Ding auseinander, und bei der Bewegung spürt sie, wie etwas Neues in ihr heranwächst, eine Art Donner, der tief in ihrem Bauch beginnt und in ihrer Kehle hängen bleibt. Es ist so ein gutes Gefühl, Sein Spielzeug kaputtzumachen, es zu zerstören, in die Schachtel zu greifen und sich gleich noch eins vorzunehmen.
    Mädchen zerfetzt sie alle, und zu guter Letzt auch noch die Kiste. Während sie reißt und fetzt, denkt sie an Ihn, an all die Arten, wie Er ihr wehgetan hat, an all die Male, als sie schreien wollte.
    Schließlich ist die Schachtel leer und zerrissen. Mädchen blickt auf und ringt nach Luft, als wüsste sie nicht mehr, wie man atmet.
    Sonnenhaar nimmt sie in die Arme und hält sie ganz fest.
    Mädchen weiß nicht, wie ihr geschieht. Ihr ganzer Körper zittert.
    »Allesokayokayokay. Keine Angst.«
    Mädchen spürt, wie sie sich überall entspannt. Ein warmes Gefühl entsteht in ihrer Brust und breitet sich aus, ihre Arme hinunter, bis in ihre Finger.
    »Jetztbistduinsicherheit.«
    Mädchen hört es, und sie fühlt es.
    Sie ist in Sicherheit.
    * * *
    Mitten im Schreiben hielt Julia inne, um ihre Notizen noch einmal durchzulesen.
    Einen großen Teil des Tages steht sie hinter den Pflanzen und starrt abwechselnd zu mir oder aus dem Fenster. Besonders der Sonnenschein erweckt ihre Aufmerksamkeit, ebenso glänzende Plastikobjekte und Geschirr. Viele Dinge machen ihr Angst - laute Geräusche, Donner; die Farbe Grau, glänzende Metallobjekte, Traumfänger und Messer. Wenn die Hunde bellen, rennt sie sofort zur Tür. Sonst hält sie sich von dieser Seite des Zimmers fern. Oft heult sie auch als Antwort auf das Bellen.
    Momentan sitzt sie zu meinen Füßen und sieht mich an. Das ist ihr neuer Lieblingsplatz. Seit sie die Traumfänger zerstört hat, ist die Isolationsgrenze der vorangehenden Tage durchbrochen, und Alice bleibt meist in meiner Nähe. Oft betatscht sie meine Füße und Beine. Wenn sie müde ist, rollt sie sich neben mir auf dem Fußboden zusammen und legt die Wange auf meinen Fuß.
    Julia sah auf das Mädchen hinunter. »Was denkst du, Alice?«
    Sie war so konzentriert, dass sie erst gar nicht merkte, dass es an der Tür geklopft hatte. »Herein!«, rief sie zerstreut.
    Die Tür öffnete sich einen Spalt, und Ellie schlüpfte ins Zimmer. Wie üblich spielten die beiden Golden Retriever verrückt, bellten, kratzten, winselten. Aber sie schloss die Tür fest hinter sich. Bei ihrem Eintreten floh Alice in ihr Versteck.
    »Du musst den Hunden wirklich mal Manieren beibringen«, sagte Julia, ohne aufzublicken, während sie notierte: Auf die Hunde reagiert sie gewöhnlich mit einem leisen Heulen. Heute hat sie sich zur Tür bewegt.
    »Jules?«
    Der Ton ihrer Schwester brachte sie jetzt doch dazu, aufzuschauen. »Was?«
    »Ein paar Leute sind hier, die dich sehen wollen. Ärzte von der staatlichen Psychiatrie, ein Forscher von der University of Washington und eine Frau von der Fürsorge.«
    Damit hätte sie rechnen müssen. Die Medien hatten angedeutet, dass Alice »wild« war. Schon allein dieser Hinweis lockte Ärzte und Wissenschaftler herbei., In früheren Zeiten hätte niemand gewagt, sich in Julias Fall einzumischen. Aber diese Zeiten waren endgültig vorbei. Jetzt, wo sie schwach zu sein schien, kreisten die Geier über ihr. Langsam stand sie auf und packte systematisch Notizen, Schaubilder und Stifte weg.
    Mit besorgtem Gesicht sah Alice ihr zu.
    »Ich komme gleich zurück, Alice«, versprach sie dem im Blattwerk verborgenen Mädchen und folgte dann ihrer Schwester ins Erdgeschoss.
    Auf den ersten Blick schien der Raum furchtbar voll zu sein, aber bei näherem Hinsehen zählte Julia nur drei Männer und eine Frau. Sie schienen sehr viel Platz zu beanspruchen.
    »Dr. Cates«, sprach der Mann, der ihr am nächsten stand, sie an. Er war groß, dünn wie eine Bohnenstange, und seine Nase hätte man gut als Garderobenhaken verwenden können. »Ich bin Simon Kletch. Von der

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