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Wohin das Herz uns trägt

Wohin das Herz uns trägt

Titel: Wohin das Herz uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Hannah
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entführt wurde und dass ihre Familie irgendwann aufgegeben und aufgehört hat, nach ihr zu suchen.«
    Er hielt ihrem Blick stand. »Aufgehört, nach ihr zu suchen? Nach ihrer Tochter?«
    »Wenn ...«
    »Ich wünsche Ihnen viel Glück, ehrlich, aber KIRO zieht sich zurück. Das Gerumpel im Mount St. Helens ist momentan wichtiger.« Er griff in die zerknitterte Tasche seines weißen Hemds und zog eine Visitenkarte hervor. »Meine Frau ist auch Therapeutin, und ich möchte fair zu Ihnen sein. Rufen Sie mich an, wenn Sie etwas herausfinden, was Hand und Fuß hat.«
    Sie sah auf die Karte. JOHN SMITH, TV NEWS. Sie wusste, dass KIRO ein erstklassiges Rechercheteam und Zugang zu Menschen und Orten hatte, von denen sie nur träumen konnte. »Wie intensiv haben Sie und Ihre Kollegen sich eigentlich darum bemüht herauszufinden, wer das Mädchen ist?«
    »In den ersten zwei Wochen haben vier Leute Vollzeit daran gearbeitet.«
    Julia nickte. Genau das hatte sie befürchtet. »Viel Glück.«
    Während sie ihm nachsah, dachte sie: Da geht der Letzte von den Guten. Nächsten Mittwoch würde sie ihre Informationen nur noch vor Vertretern der Lokalpresse zum Besten geben können, die geringere Auflagen hatten als die meisten Highschool-Zeitungen, und - wenn sie Glück hatte - vor ein paar unterbezahlten Teilzeitkräften der Revolverblätter.
    Peanut kam herein, schlängelte sich durch die Reihen der metallenen Klappstühle und hob die achtlos weggeworfenen Pressemitteilungen auf, die sie vor der Konferenz verteilt hatten. Bei jedem Schritt donnerten ihre Gummiclogs auf den Boden. Hinter ihr klappte Cal die Stühle zusammen.
    Innerhalb weniger Momente erinnerte nur noch das Podium an die Pressekonferenz. Bald würde es auch keine Zuhörer mehr geben. Schon eine Weile spürte Julia den Druck dieser Erkenntnis, der sich in ihren Lungen ausbreitete wie eine schleichende Lungenentzündung.
    Aber die Meilensteine, über die sie heute berichtet hatte, waren wichtig! In einer gewöhnlichen Therapie hätte man die Fortschritte, die Alice in drei Wochen gemacht hatte, als großen Erfolg verbucht. Inzwischen konnte die Kleine mit Messer und Gabel essen und problemlos die Toilette benutzen. Sie hatte gelernt, Mitgefühl für andere zu empfinden und zu äußern, doch nichts von alldem beantwortete die zentrale Frage nach ihrer Identität. Nichts davon würde sie zu ihrer Familie und in ihr normales Leben zurückbringen. Nichts davon garantierte, dass Julia mit ihr weiterarbeiten konnte. Mit jedem Tag, an dem Alice stumm blieb, fühlte Julia, wie ihr Selbstvertrauen schwand. Wenn sie nachts im Bett lag und Alices mal stillen, mal lauten Albträumen lauschte, fragte sich Julia: Bin ich gut genug?
    Oder noch schlimmer: Was habe ich diesmal übersehen?
    »Du hast das toll gemacht heute«, sagte Peanut und rang sich ein Lächeln ab. Das Gleiche sagte sie nach jeder Pressekonferenz.
    »Danke«, war Julias Standardantwort. »Dann geh ich wohl mal lieber wieder«, meinte sie und bückte sich nach ihrer Mappe.
    Peanut nickte und rief Cal zu: »Ich fahr Julia schnell nach Hause.«
    Langsam folgte Julia ihr in das bleigraue Licht der Abenddämmerung. Im Auto starrten sie beide stumm geradeaus, während Garth Brooks sich im Radio über Freunde in schlechten Kreisen beklagte.
    »Dann ... dann läuft es wohl nicht so besonders, was?«, sagte Peanut schließlich an einer Kreuzung, während sie mit den Fingernägeln, die heute ein schwarzweißes Schachbrettmuster hatten, aufs Lenkrad trommelte.
    »Alice hat gigantische Fortschritte gemacht, aber ...«
    »Sie spricht immer noch nicht. Bist du wirklich sicher, dass sie es überhaupt kann?«
    Der gleiche Fragenkatalog ging auch Julia wie ein endloser Monolog durch den Kopf. Tag und Nacht dachte sie: Kann sie? Wird sie? Wann? »Ich glaube es von ganzem Herzen«, antwortete sie langsam. Dann lächelte sie wehmütig. »Aber mein Kopf zweifelt allmählich daran.«
    »Als unsere Kinder noch ganz klein waren«, erwiderte Peanut nachdenklich, »da hab ich von allem am meisten das Windelwechseln gehasst. Deshalb hab ich an dem Tag, als Tara zwei wurde, mit dem Töpfchentraining angefangen. Ich hab alles genau so gemacht, wie die Bücher es sagen. Und weißt du, was passiert ist? Tara hat aufgehört zu kacken. Einfach aufgehört. Nach fünf Tagen hab ich sie zu Doc Fischer gebracht, weil ich mir schreckliche Sorgen gemacht habe. Der hat mein kleines Mädchen untersucht und mich dann über den Rand seiner Brille hinweg

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