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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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uns und trinken mit mir und Sally Tee? Sie würde sich sicher über Ihren Besuch freuen. Seit unsere Tochter im Ausland ist, ist sie ein bisschen einsam.«
    Jo zwang sich zu einem Lächeln. Ihre Wangen glühten, und sie wäre am liebsten im Erdboden versunken.
    »Vielen Dank für die Einladung«, erwiderte sie.
    Bitter enttäuscht kehrte sie in die Sattelkammer zurück, verstaute den Eimer wieder in ihrem Spind und griff nach der Heugabel.
    »Aber wie sehr sie auch lachen und spotten, ich werde es ihnen zeigen und deine Schulter heilen, Outsider«, flüsterte sie und stieß die Gabel in einen Heuhaufen.
    Nach der Arbeit schlich sie sich zurück in den Stall, verrieb ätherisches Öl auf ihren Händen und steckte die Flasche ein. Vorsichtig näherte sie sich Outsiders Box und erstarrte, als er sie beim Öffnen der oberen Klappe mit einem erschrockenen Wiehern empfing. Verstohlen blickte sie sich um, um festzustellen, ob jemand von dem Lärm angelockt worden war, und entdeckte John.
    »Gibst du niemals auf?«, fragte er.
    Jo legte den Finger an die Lippen. »Pass auf«, flüsterte sie. »Und rühr dich nicht.«
    Wieder lief Outsider ängstlich in der Box hin und her, während Jo mucksmäuschenstill abwartete. Wie schon zuvor kam das Pferd nach einer Weile in dem Glauben näher, dass Jo nicht das geringste Interesse an ihm zeigte, und beschnupperte ihre Jacke. Als Jo den Zeitpunkt für gekommen hielt, schlüpfte sie in die Box, wo sie erneut reglos verharrte. Zeit verging. Sie ließ ihre Hand über den Rücken des Pferdes gleiten und schrak im nächsten Moment zusammen. Es hatte sich umgewandt und sie heftig gezwickt. Jo biss sich auf die Lippe und unterdrückte ein Lachen. Sie hatte etwas vergessen.
    »Entschuldige, Outsider. Es ist Lavendelöl, so wie beim letzten Mal«, flüsterte sie und hielt dem Pferd die Handflächen hin, damit dieses daran schnuppern konnte. Zufrieden knabberte Outsider an Jos Pullover und ließ sich von ihr streicheln, wie sie es vor seiner Verletzung so oft getan hatte.
    »Du Armer, diesmal hast du dir aber ganz schön was eingebrockt«, sagte sie beruhigend.
    Langsam strich sie mit der Hand über seinen Rücken, hielt inne, wenn er nervös reagierte, und baute Schritt für Schritt Vertrauen auf. Währenddessen konzentrierte sie sich auf die Reaktion des Pferdes, wenn sie die wunde Stelle erreichen würde. Outsider zuckte zusammen und machte Anstalten, Jo zu beißen. Sofort hielt sie inne und ließ ihre warmen Hände auf dem schimmernden Fell des Pferdes liegen. Outsider stampfte zwar mit dem Huf und schüttelte den Kopf, schnappte aber nicht mehr nach ihr. Jo wartete ab, bis das Pferd bereit war, und begann vorsichtig, den gezerrten Muskel zu massieren. Dabei redete sie leise auf das Tier ein, während ihre Berührung immer fester wurde. Ab und zu benetzte sie ihre Hände erneut mit Öl und ließ Outsider stets daran schnuppern, bevor sie mit der Massage fortfuhr. Dabei hatte sie stets ihren Erfolg vor Augen. Mit der Zeit ging eine Verwandlung in dem Pferd vor. Der Schmerz ließ nach, und der Muskel entspannte sich – genauso, wie sie es vorausgesehen hatte.
    »Siehst du, mein Junge«, flüsterte sie, als sie schließlich fertig war. »Morgen machen wir weiter.«
    Sie kramte ein Stück Möhre aus der Tasche. Outsider schmiegte die Nüstern an ihre Schulter und pustete ihr warme Luft in den Kragen. Jo fuhr fort, leise mit ihm zu sprechen. Nach einem letzten Streicheln schlüpfte Jo aus der Box und legte den Riegel vor. Sie suchte ihre Öle und Lappen zusammen, bemerkte John und erschrak, denn sie hatte ihn völlig vergessen. John stand da und starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an.
    »Bist du immer noch da?«, rief sie.
    »Das ist Hexerei«, stammelte John fassungslos. »Mich hätte niemand dazu gebracht, auch nur einen Fuß in diese Box zu setzen.«
    »Aber nein, du Dummkopf«, erwiderte Jo, griff nach ihrem Eimer und betrachtete den jungen Mann. »Mein Dad hat mir schon ein paar Dinge beigebracht«, fuhr sie lächelnd fort und eilte zur Sattelkammer.
    »Ich bin völlig fertig. Hast du zur Feier des Tages Lust auf ein Gingerale im George & Dragon? «, fragte John, der ihr gefolgt war.
    »Gern, vielen Dank. Aber du musst mir versprechen, dass du mit niemandem darüber redest.«
    Als am nächsten Tag der Tierarzt erschien, leistete Outsider viel weniger Widerstand. Am späten Nachmittag setzte Jo ihre Arbeit fort. Allerdings merkte sie nicht, dass Kurt sich im Stall versteckt hatte und

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