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Wohin der Wind uns trägt

Wohin der Wind uns trägt

Titel: Wohin der Wind uns trägt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCullagh Rennie
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Tag über hatte sie Konzentrationsschwierigkeiten. Ständig grübelte sie über den Anlass von Simons Besuch. Warum musste er nur so dringend mit ihr sprechen? Nachmittags bekam sie vor lauter Nervosität Magendrücken. Sie beendete ihre Arbeit eine halbe Stunde früher als gewöhnlich, nahm ein heißes Bad, um sich zu beruhigen, und zog dann ihre hübscheste Bluse und eine lange Hose an. Mit zittrigen Händen schaffte sie es kaum, die Knöpfe zu schließen. Dann schmierte sie sich beim Schminken Wimperntusche auf die Wange, sodass sie noch einmal von vorn anfangen musste. Es war das erste Mal, dass sie sich schminkte, seit sie in den Ställen arbeitete. Endlich war sie fertig und fand das Ergebnis ganz gelungen. Sie fuhr sich mit der Bürste durch das lange blonde Haar, das ihr offen bis auf die Schultern fiel. Als sie den Wagen auf dem Hof hörte, griff sie nach Jacke und Tasche und eilte die Stufen hinunter.
    »Du siehst sensationell aus«, lautete Simons Begrüßung, worauf Jo heftig errötete. Er half ihr in den verbeulten olivgrünen Sportwagen, schloss die Tür und nahm rasch hinter dem Steuer Platz.
    »Ich dachte, wir gehen ins Plough & Bell. Das ist nicht weit. Warst du schon einmal dort?«, fragte er, legte den Rückwärtsgang ein und blickte sich um. Kurz ruhte seine Hand auf der Lehne ihres Sitzes. Jo schüttelte den Kopf, während Simon Gas gab, wendete und vom Hof raste.
    »Lass dich bloß nicht von Neddy erwischen«, meinte Jo lachend, in der Hoffnung, dass er ihr die Verlegenheit nicht anmerkte. Im Vergleich zu heute Vormittag schien Simon sich wieder gefasst zu haben. Die Verzweiflung war verschwunden, und doch spürte Jo, dass er etwas auf dem Herzen hatte. Das steigerte ihre Nervosität nur noch.
    »Worüber wolltest du so dringend mit mir reden?«, erkundigte sie sich bemüht lässig. Sie konnte die Anspannung nicht mehr ertragen.
    Der Wagen glitt über die Landstraße, während die Abendsonne langsam auf den Horizont zusteuerte. Simon bremste, lenkte das Fahrzeug an den Straßenrand und hielt an. Als er sich zu Jo umwandte und sie eindringlich ansah, spürte sie, wie ihr das Blut in den Kopf stieg.
    »Ich habe die Hochzeit abgesagt«, verkündete er knapp und sah in ihre erstaunten Augen.
    Jos Herz schlug einen Salto.
    »Was hast du getan?«, rief sie und senkte den Blick, damit er nicht merkte, wie Hoffnung darin aufleuchtete.
    »Ich habe die Hochzeit abgesagt. Sie hat nicht stattgefunden.«
    Mit einem weichen Ausdruck in seinen Augen nahm er Jos Hand zwischen seine sonnengebräunten Finger und drehte sie um. Sie sah ganz klein und verloren aus. Dann hob er die Hand an seine Lippen und drückte einen Kuss auf die Handfläche. Simon war sich nicht sicher, ob er Jos Blick richtig gedeutet hatte, aber nun zitterte sie wie ein gefangenes Vögelchen.
    »Wie hätte ich Lelia heiraten können, obwohl ich dich liebe?«, flüsterte er mit klopfendem Herzen.
    Jo starrte ihn ungläubig an.
    »Du bist nicht verheiratet?« Sie traute ihren Ohren nicht, und ihr Pulsschlag geriet völlig außer Takt.
    »Nein«, erwiderte Simon mit belegter Stimme.
    Sanft beugte er sich vor und streifte ihre Lippen mit seinen. Als er nicht auf Widerstand stieß, küsste er sie zärtlich. Jo fühlte sich wie aus einem tiefen Schlaf erwacht, schlang die Arme um Simons Hals und erwiderte seine Küsse. Wogen der Leidenschaft durchpulsten sie, und sie spürte die berückende Wärme seines Körpers. Der berauschende Duft seines Rasierwassers stieg ihr in die Nase, und sie versank in seinem Kuss, von dem sie sich wünschte, er möge ewig dauern. Nach einer Weile löste er die Lippen von ihren.
    »Oh, Jo. Das habe ich mir schon so lange gewünscht«, murmelte er und hielt sie immer noch in den Armen.
    Jo betrachtete sein zart gebräuntes Gesicht und wagte kaum zu glauben, was sie da hörte. Sie spürte seinen Herzschlag und war einfach unbeschreiblich glücklich. Simon strich mit dem Finger über ihre Stirn und spielte mit ihrem Haar.
    »Lelia habe ich nie geliebt, aber das wollte ich nicht wahrhaben«, gab er leise zu, während die Berührung seiner Finger Jo kleine wohlige Schauer durch den Körper jagte. »Wir gingen zweieinhalb Jahre miteinander aus, und irgendwann haben wir uns ganz automatisch verlobt und Heiratspläne geschmiedet. Dann bist du gekommen, und meine Welt stand auf einmal kopf. Nach Frances’ Party konnte ich nur noch an dich denken.«
    Er seufzte tief.
    »Ich befürchtete, verrückt zu werden. Mitten in der Nacht

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