Wohin der Wind uns trägt
machen, aber dieser gab ihr nur wenig Grund zur Hoffnung.
»Ich habe dir nach dem Martha-Wellbourne-Turnier den Hals gerettet, Kleines. Tu besser, was deine Mutter will.«
Jo wusste, dass ihr nichts anderes übrig blieb.
Der Tag der Wohltätigkeitsveranstaltung war angebrochen. In ein fließendes, cremefarbenes Gewand gehüllt und mit einer dicken, schlangengleichen Goldkette und passenden Ohrringen behängt, glitt Nina auf den Rücksitz des silbernen Bentleys. In der Hand hielt sie ihren creme-goldenen Hut. Jo, die sich in dem hellen türkisblauen Kleid mit Jacke, das Nina in dem Modesalon in Melbourne ausgesucht hatte, unbeholfen und aufgetakelt fühlte, ahnte nicht, was für ein beeindruckendes Bild sie abgab, als sie in den Wagen stieg. Beim bloßen Gedanken an die anderen beiden Kombinationen, die ihre Mutter ausgewählt hatte, lief es ihr kalt über den Rücken. Sie war fest dazu entschlossen, die Sachen niemals anzuziehen. Das eine Kleid war so tief ausgeschnitten, dass es Jo die Schamesröte ins Gesicht trieb. Das andere sah derart langweilig und unauffällig aus, dass sie nicht begriff, wie jemand freiwillig fünfzehnhundert Dollar dafür hinblättern konnte.
Nachdem Nina ihren Lippenstift in den getönten Scheiben überprüft hatte, wies sie den Chauffeur an, loszufahren.
»Du siehst hinreißend aus, mein Kind«, flötete sie, strich Jos Kragen glatt und kontrollierte ihr Make-up, während sich die silberne Limousine durch den Stadtverkehr schlängelte. Jo hätte leicht als neunzehn durchgehen können. »Hast du dein Handtäschchen dabei? Du darfst nicht vergessen, nach dem Essen deinen Lippenstift nachzuziehen. Und pass auf, dass nichts davon an deine Zähne gerät«, mahnte sie. Dieser Tag würde den Beginn einer großartigen Zeit markieren.
Nina kramte in ihrer Tasche aus cremefarbenem Satin und versuchte, sich an den Namen der Moderedakteurin zu erinnern, während Jo starr und verkrampft neben ihr saß und sich fragte, warum sie sich von ihrer Mutter zu dieser Unternehmung hatte überreden lassen.
In der Vorhalle des Hotels wimmelte es von elegant gekleideten, kunstvoll frisierten und nach Parfüm duftenden Frauen. Einige trugen Hüte, und es waren auch ein paar Fotomodelle darunter. Nachdem Nina ein Glas Champagner entgegengenommen hatte, schlängelte sie sich durch die Menschenmenge und stellte Jo den Mitgliedern des Komitees und anderen Bekannten vor, die sich um sie scharten. Dabei ließ sie den Blick über die versammelten Menschen schweifen, um festzustellen, wer anwesend war.
Mit großen Augen bewunderte Jo die zwölf Zentimeter hohen Absätze und die gewagten Kleider, die manche der Damen trugen. Da kam Beryl Mawson, die Präsidentin des Capricorn-Komitees, auf sie zugerauscht. Sie hatte einen gewaltigen Hut in Orange und Gelb auf dem Kopf und hauchte einen Kuss in die Luft in der Nähe von Ninas Wangen.
»Nina, meine Liebe, Sie sehen wie immer zum Anbeißen aus«, flötete sie. »Und die kleine Jo wird von Jahr zu Jahr erwachsener. Kommen Sie, ich zeige Ihnen Ihren Tisch.«
Sie hakte Jo unter und begleitete Mutter und Tochter zu ihren Plätzen unter den einhundertundfünfzig geladenen Gästen. Jeder Tisch wurde von einem prachtvollen Blumenarrangement geziert. Die weißen Tischkarten waren mit Goldbuchstaben beschriftet.
Nachdem man die Frau des Ministerpräsidenten als Ehrengast begrüßt und die Präsidentin den Ablauf der Veranstaltung erläutert hatte, wurde das Essen serviert. Während die Damen sich an gegrilltem Lachs, einem leichten Gartensalat und Weißwein labten, begann die Modenschau.
»Sieh, das Mädchen hat weder deine hohen Wangenknochen noch deinen wunderschönen Mund«, wisperte Nina Jo kopfschüttelnd zu, als ein hochgewachsenes dunkelhaariges Mannequin in einem eng anliegenden Hosenanzug über den Laufsteg stolzierte. »Das wird dir auch ausgezeichnet stehen, wenn du ein bisschen abgenommen hast. Jo will nämlich Fotomodell werden«, fügte sie laut, an die anderen Gäste am Tisch gewandt, hinzu.
Jo spürte, wie sie errötete. Noch nie war sie so verlegen gewesen. Während die Modenschau weiterging, machte Nina immer wieder peinliche Randbemerkungen, die man, da war Jo sich ganz sicher, trotz der dröhnenden Musik bestimmt im ganzen Saal hören konnte. Als der höfliche Applaus nach dem Abgehen des letzten Mannequins verebbte, spürte Jo eine Hand auf ihrer Schulter.
»Das ist also die hinreißende junge Dame. Jetzt verstehe ich, was Sie gemeint haben«,
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