Wohin der Wind uns trägt
Bus, der sie zu den Ställen brachte.
»Abwarten und Tee trinken«, höhnte sie. »Ach, Fizzy!«
Als sie ihn in seiner Box stehen sah, fühlte sie sich gleich viel besser. Rasch sattelte sie ihn und ritt in den Centennial Park, wo sie ihn ein paar Runden galoppieren ließ. Bei ihrer Rückkehr war Pete, der Pferdepfleger, gerade damit beschäftigt, die Pferde zu füttern.
»Schade, dass du keine Bahnarbeit mehr machen darfst«, meinte er und errötete heftig.
»Das finde ich auch«, erwiderte Jo mit finsterer Miene. Sie plauderten kurz über Pferde und das Reiten, wobei Pete sich redlich Mühe gab, das Gespräch in die Länge zu ziehen. Nachdem Jo seine Einladung auf einen Kaffee abgelehnt hatte, brachte sie Fizzy in seine Box. Als sie zurückkam, war Pete zu ihrer Erleichterung verschwunden und der Stall menschenleer.
Jo ließ sich auf eine leere Futtermitteltonne sinken. Die violetten Augen glitzerten in ihrem bleichen Gesicht, und die Wut, die seit der Demütigung in ihr kochte, bahnte sich wieder einen Weg an die Oberfläche. Beim bloßen Gedanken an diesen Nachmittag wurde ihr ganz heiß vor Scham, und die Erinnerung an Rick versetzte ihr einen Stich ins Herz. Wie hatte Mum ihr das antun können? Warum musste sie Jo nur immer weiter bedrängen, obwohl sie genau wusste, dass ihre Tochter kein Fotomodell werden wollte?
Ein plötzliches Geräusch aus der Box in der Ecke ließ sie zusammenschrecken. Jo sprang auf. Sie würde allen zeigen, aus welchem Holz sie geschnitzt war. Dann würde Dad sie ins Team der Kingsford Lodge aufnehmen müssen. Fizzy würde nichts geschehen, und diese verdammte Irene konnte sich zum Teufel scheren.
Vor lauter Wut und Enttäuschung erkannte Jo nicht, wie unvernünftig sie sich verhielt, als sie in die Sattelkammer stürmte. Mit Sattel und Zaumzeug ausgerüstet, marschierte sie zielstrebig auf die Box des neuen Hengstes zu und spähte mit klopfendem Herzen in die Dunkelheit.
»Pass gut auf, du hässlicher Satansbraten, und lass das dämliche Gewieher«, schimpfte sie und legte den Sattel ab, um das Vorhängeschloss an der Tür zu öffnen und den Riegel zurückzuschieben.
Sie schlüpfte in die Box, und blieb, das Zaumzeug in der Hand, stehen. Der Hengst legte die Ohren an und tänzelte mit einem herrischen Wiehern in der Box hin und her. Seine Hufe trommelten auf den mit Sägespänen bestreuten Boden. Nachdem er sich ein paar Mal um die eigene Achse gedreht hatte, verharrte er auf der Stelle und blickte die immer noch reglos dastehende Jo tückisch an.
Jo hielt ihm ein Stück Möhre hin, das sie aus der Sattelkammer mitgebracht hatte, worauf das Pferd sich instinktiv näherte, um die Besucherin zu beschnuppern. Den Arm weiterhin ausgestreckt, wartete Jo ab, während das Pferd gierig an ihrer Hand leckte. Als es für einen Moment das Maul öffnete, schob sie ihm rasch die Kandare zwischen die Zähne, gab ihm die Möhre, streifte ihm das Zaumzeug über den Kopf und befestigte die beiden Riemen. Der Hengst kaute weiter.
Wieder schnupperte das Pferd nach etwas Essbarem, und als es nichts fand, zwickte es Jo kräftig in die Schulter, was ihm einen heftigen Klaps einbrachte. Es begann erneut, in der Box hin und her zu trippeln. Diesmal jedoch hielt Jo es am Zügel fest, sodass ihm das trotzige Schleudern des Kopfes nichts nützte. Jo kam zu dem Schluss, dass der Hengst sich nicht satteln lassen würde. Allerdings war das Tor geschlossen, sodass ihm bis auf den überdachten Übungsplatz kein Fluchtweg offen stand. Deshalb führte sie ihn hinaus auf den Hof, wobei sie die Zügel dicht unterhalb des Mauls festhielt.
Die anderen Pferde schauten aus ihren Boxen, als Jo auf den ungesattelten Rücken des Hengstes stieg und ihn aufforderte, im Schritt zu gehen. Sie klammerte sich mit den Knien fest, während er wild hin und her sprang und bockte. Aber sie musste sich beweisen, dass sie sich auf seinem Rücken halten konnte.
In ihrer Begeisterung darüber, dass ihr das tatsächlich zu gelingen schien, hätte sie beinahe ein Bein verloren, denn der Hengst versuchte, sie an der Stallwand abzustreifen. Mit Hilfe der Zügel zwang Jo ihm den Kopf nach unten und zur Seite und presste die Beine unnachgiebig in seine Flanken. So sehr sonnte sie sich in ihrem Triumph, dass sie nicht bemerkte, wie Winks aus dem Schatten trat. Außerdem hatte sie nicht mit dem plötzlichen Klappern gerechnet, das den Hengst erschreckte, sodass er mit rudernden Hufen stieg. Jo verlor das Gleichgewicht, als die Zügel
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