Wohin die Liebe führt
Dani?«
Dani spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg. »Ich. ich dachte nur, was draußen für ein schöner Tag ist.«
Sally Jennings sah sie an. Dani hatte das Gefühl, daß Miss Jennings irgendwie wußte, woran sie gedacht hatte, und ihre Wangen färbten sich noch dunkler. »Das würden Sie auch denken, wenn Sie die ganze Zeit hier in diesem Haus bleiben müßten.«
Sally Jennings nickte. »Vermutlich ja«, sagte sie nachdenklich. »Aber ich muß nicht. und du mußt.«
»Ich muß nicht lange. Nur bis nächste Woche. Dann komm ich wieder nach Hause.«
»Glaubst du das wirklich, Dani?«
Dani erschrak sichtlich. Zum erstenmal spürte sie, wie ein Zweifel in ihr aufstieg. »Das. das haben mir aile gesagt.«
»Wer - alle?« fragte Miss Jennings gelassen. »Deine Eltern?«
Dani antwortete nicht.
»Offenbar hast du nicht gut zugehört, als Richter Murphy vor Gericht mit dir gesprochen hat. Es ist nicht Sache deiner Eltern. Beim Richter liegt die Entscheidung, was mit dir geschieht. Er kann dich ebenso hierlassen wie nach Perkins zur Beobachtung oder nach Hause schicken. Er allein hat zu entscheiden, was gut für dich ist.«
»Er kann mich nicht hierlassen«, sagte Dani.
»Wie kommst du darauf, Dani? Genügt nicht allein der Grund, daß du hierhergebracht worden bist, um dich auch hierzubehalten?«
Dani sah zu Boden. »Aber ich hab’s doch nicht absichtlich getan«, sagte sie mürrisch.
»Daß du das sagst, genügt noch längst nicht, um Richter Murphy zu überzeugen, daß er dich heimschickt. Jedes Kind, das hierhergebracht wird, sagt dasselbe.« Miss Jennings griff nach einer Zigarette. »Du mußt ihm durch deine Handlungen beweisen, daß du, wenn er dich heimschickt, nicht von neuem ins Unglück kommst.«
Sie blätterte in den Papieren auf ihrem Schreibtisch.
»Ich schließe gerade die Akten eines Mädchens ab, das mehrmals hier gewesen ist. Diesmal schickt der Richter sie weg. Sie hat bewiesen, daß man ihr kein Vertrauen schenken darf.« Sie sah Dani an. »Ich glaube, du kennst sie. Sie ist in dem Zimmer neben dir.«
»Meinen Sie Sylvia?«
Miss Jennings nickte.
»Warum?« fragte Dani. »Sie ist doch ein nettes Mädchen.«
»Vielleicht. Aber sie gerät immer wieder auf die schiefe Bahn.«
»Ich glaube, ihr einziger Fehler ist, daß sie verrückt nach Jun-gens ist.«
Miss Jennings lächelte. »Das ist einer ihrer Fehler«, sagte sie. »Sie treibt sich wahllos mit jedem herum. Jetzt war sie zum drittenmal hier. Jedesmal ist sie mit einem andern Jungen zusammen gefaßt worden, und jedesmal hatte sie den Jungen überredet, einen Wagen zu stehlen, damit sie zusammen irgendwohin fahren könnten. Sie ist nicht nur selbst moralisch verlottert, sondern sie beeinflußt jeden ungünstig, der mit ihr in Berührung kommt.«
»Und was wird mit ihr geschehen?«
»Wahrscheinlich kommt sie in ein Erziehungsheim, bis sie achtzehn ist.«
Dani schwieg.
»Ich habe versucht, ihr zu helfen. Aber sie ließ sich nicht helfen. Sie dachte, sie wüßte alles besser. Aber du siehst, sie hat nicht alles besser gewußt. nicht wahr?«
»Ich glaube, nicht«, gab Dani zu.
Miss Jennings schob die Papiere beiseite und nahm einen an-dern Bogen zur Hand; sie hielt ihn so, daß Dani ihn lesen konnte. »Ich habe einen Bericht von Miss Spicer«, sagte sie und drückte mit dem Knie auf einen Knopf des im Schreibtisch eingebauten Tonbandgeräts. »Sie war heute bei Miss Randolph, und nachher sprach sie mit deiner Mutter.«
»Ja«? sagte Dani höflich.
»Die Lehrer und deine Mitschüler halten offenbar alle sehr viel von dir. Sie sagen, du kommst mit allen gut aus.«
»Oh, das ist nett - danke.«
»Deine Mutter war sehr überrascht, als sie erfuhr, daß du sexuelle Beziehungen zu Mister Riccio hattest.«
Danis Stimme klang halb erstickt vor Zorn. »Wer behauptet das?«
»Es ist doch wahr - oder nicht?«
»Es ist nicht wahr«, entgegnete Dani. »Wer so etwas sagt, ist ein Lügner!«
»So? Und was hast du dann mit diesen Dingern gemacht?« Miss Jennings nahm eine kleine Blechschachtel vom Schreibtisch. »Sie sind in einem Kästchen unter seinem Bild gefunden worden.«
Dani sah sie wütend an. »Das war Violet«, sagte sie zornig. »Violet weiß, wo ich den Schlüssel versteckt habe.«
»Wer ist Violet?«
»Die Zofe meiner Mutter. Sie schleicht immer herum und bespitzelt mich!«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet, Dani«, sagte Miss Jennings scharf. »Wenn es nicht Mister Riccio war - wer war es dann?«
»Warum
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