Wohin die Liebe führt
was für einen einfachen Nenner ihre Logik es brachte! Aber in gewisser Weise hatte sie recht. Sie wußte wahrscheinlich nicht, daß ich jemals etwas anderes versucht hatte.
»Ich war Architekt, Kind, Baumeister. Ich wollte große Bauten machen - und das ist mir schiefgegangen.«
»Aber jetzt bist du doch Baumeister. Das steht in der einen Zeitung.«
»Ich bin kein richtiger Baumeister, ich arbeite nur für einen Baumeister. Tatsächlich bin ich nur ein Angestellter.« »Ich möchte Baumeister sein«, sagte sie plötzlich. »Ich würde aber nur glückliche Häuser bauen.«
»Wie würdest du das anfangen, Kind?«
»Ich würde nur dann ein Haus für eine Familie bauen, wenn sie miteinander glücklich ist und zusammenbleiben will.«
Ich lächelte ihr zu. Wo sie recht hatte, hatte sie recht. Sie hatte das einzige Fundament gefunden, auf dem man bauen kann. Aber wer gibt einem diese Garantie? Gott?
»Weil wir grade >Würde und Hätte< spielen, Dani, möchte ich dich gern ein paar Dinge fragen.«
Ein wachsamer Blick kam in ihre Augen. »Zum Beispiel. was, Daddy?«
»Genau: Wessen Freund war Riccio? Deiner - oder der deiner Mutter?«
Sie zögerte. »Er war Mutters Freund.«
»Aber du.«, und nun zögerte ich.
Sie sah mich offen an. »Hat man dir gesagt, daß wir.«
Ich nickte.
Sie sah herunter auf ihr Coke. »Das stimmt, Daddy. Wir hatten.«
»Warum, Dani? Warum gerade mit ihm? Warum nicht mit jemand anderem?«
»Du kennst doch Mutter. Sie will immer der Mittelpunkt sein, um den sich alles dreht. Und dies eine Mal wollt ich ihr beweisen, daß sie es nicht war.«
»Und deshalb hast du ihn getötet, Dani?«
Sie wandte den Blick von mir ab. »Ich wollte es nicht«, sagte sie leise. »Es war ein unglücklicher Zufall.«
»Warst du eifersüchtig auf deine Mutter, Dani? Hast du es deshalb getan?«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte nicht darüber sprechen«,
sagte sie entschlossen. »Ich habe bei der Polizei alles gesagt, ehe sie mich hierhergebracht haben.«
»Wenn du ihnen nicht die Wahrheit sagst, Dani, werden sie nicht zulassen, daß du bei deiner Großmutter lebst.«
Sie sah mich noch immer nicht an. »Auf ewig können sie mich nicht hierbehalten. Wenn ich achtzehn bin, müssen sie mich rauslassen. Soviel weiß ich auch.«
»Dreieinhalb Jahre sind eine lange Zeit, wenn man hinter Schloß und Riegel sitzt.«
»Was kümmert es dich?« Sie sah mich trotzig an. »Am nächsten Dienstag, wenn alles vorbei ist, wirst du nach Hause fahren und wahrscheinlich nie wieder zu mir kommen. Genau wie bis jetzt.«
»Ich mache mir Sorgen um dich, Dani. Deshalb bin ich doch hier. Ich habe dir ja gesagt, weshalb ich inzwischen nicht mehr kommen konnte.«
Ihre Stimme klang mürrisch. »Das ist doch bloß Gerede! Du hättest kommen können, wenn dir genug daran gelegen hätte!« Sie sah wieder auf ihre Cokeflasche. Was mochte sie in der braunen Flüssigkeit hinter dem grünen Glas so Interessantes sehen?
»Es ist leicht für dich, jetzt wiederzukommen und solche Dinge zu sagen.« Sie sprach sehr leise. »Es ist immer leicht, das Richtige zu sagen. Aber es ist schwer, es zu tun.«
»Das weiß ich, Dani. Ich bin der erste, der zugibt, daß er Fehler gemacht hat.«
»Schon gut, Daddy.« Sie sah auf - und mit einem Male war sie kein kleines Mädchen mehr. Sie war eine junge Frau. »Und wir haben alle Fehler gemacht. Sprechen wir nicht mehr davon. Ich sagte dir, ich will nicht mehr über die meinen sprechen. Es ist mein Leben. Und nichts, was du auch sagen magst, kann etwas daran ändern. Dazu ist es zu spät. Du bist zu lange fort gewesen.«
Sie hatte recht - und sie hatte unrecht. Wie es kein absolutes Weiß und kein absolutes Schwarz gibt.
»Hattest du auch andere. Freunde?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
»Du belügst mich jetzt nicht, Dani?«
Sie sah mir gerade in die Augen. »Nein, Daddy. Ich belüge dich nicht. Ich hätte es mit jemand anderem nicht tun können. Es hat vielleicht damit angefangen, daß ich Mutter eine Lehre geben wollte, aber dann hat es sich so ganz anders entwickelt.«
»Wie denn, Dani?«
Jetzt waren ihre Augen klar und weich und sehr traurig. »Ich habe ihn geliebt, Daddy«, sagte sie ruhig. »Und er hat mich geliebt. Wir wollten zusammen weglaufen und heiraten, sobald ich alt genug war.«
Endlich brach die Sonne durch den Nebel. Ich ging unruhig vom Fenster weg, nahm die Zeitung und sah in die Vergnügungsanzeigen. Ich dachte daran, ins Kino zu gehen, aber ich hatte schon
Weitere Kostenlose Bücher