Wohin die Liebe führt
wollte nicht weg. Sie wand sich in Noras Armen und strampelte.
Einer der Fotografen sagte lächelnd zu Nora: »Kinder sind reizend, solange man sie nicht hindert, genau das zu tun, was sie mögen.«
Noras Gesicht wurde erst dunkelrot und dann weiß. Ein Bild von ihr selbst, mit einem schreienden Kind auf dem Arm - das war eine Vorstellung, ganz und gar nicht nach ihrem Geschmack, ganz und gar nicht so, wie sie sich die Szene gedacht hatte. Mütter haben nur reizende Kinder in reizenden Posen auf dem Arm. Sie hielt Dani noch fester und wollte mit ihr von der Schaukel weggehen. Dani schrie, so laut sie konnte.
Nora drehte sich um und warf sie in den Arm der Kinderschwester. »Bringen Sie sie sofort in Mister Convins Wagen.«
Dann wandte sie sich zu mir. »Da siehst du, was du angerichtet hast«, sagte sie wütend. »Aber du bist ja nicht glücklich, wenn du mich nicht in peinliche Situationen bringen kannst!«
Ich sah aus dem Augenwinkel die Blicke der Reporter, die sich herandrängten. Ich wußte nicht, wieviel sie von dieser Szene gehört hatten - aber ich wollte ihnen keine neue Gelegenheit geben. »Es tut mir leid«, sagte ich leise, »ich wußte nicht, daß Dani erkältet ist.«
»Und du läßt sie auf der kalten Erde spielen, in all dem Schmutz und der Nässe! Ich gehe sofort mit ihr zum Arzt.«
Ich merkte, daß es mit meiner Beherrschung zu Ende ging. Aber ich behielt wenigstens meine Stimme in der Gewalt. »Treib es nicht zu weit, Nora. Du überspielst es - kein Mensch glaubt dir das.« Ich war absolut unvorbereitet auf den Blick blanken Hasses, mit dem sie mich daraufhin ansah. Sie sagte kein Wort, aber dieser Blick verriet mir, daß die schlimmen Dinge zwischen uns zu weit gediehen waren, als daß sie jemals wieder gut werden konnten.
Aber wir standen so, daß uns jeder sehen konnte. Ich mußte dafür sorgen, daß wir einigermaßen gut abschnitten - sowohl um Noras als um meiner selbst willen. Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Da du gerade hier bist, könntest du dich doch ein bißchen umsehen. Wie gefallen dir die Häuser?«
»Ich habe keine Zeit«, sagte sie verächtlich. »Ich muß erst einmal Dani nach Hause bringen und mich dann fertig machen -ich fliege nach New York.«
Diesmal hatte sie mich völlig überrumpelt. »Nach New York?«
»Ja. Mein Entwurf für die United Nations ist angenommen. Sie haben mich aufgefordert, hinzukommen und alles zu besprechen.«
Das war allerdings eine Neuigkeit. Sogar diese Reporter hier, die sonst nur etwas von der Bauerei verstanden, erfaßten das. Sie drängten sich mit Fragen heran. Einen Augenblick später war Nora von ihnen umringt - mitten in einer regelrechten Pressekonferenz. Als ich hinüberging zu der Planierraupe, mit der es irgendeine Schwierigkeit gab, war sie entspannt und lächelte glücklich, wieder im Mittelpunkt der Szene zu stehen.
Auch mir war leichter. Wenigstens waren wir aus der peinlichen Situation gerettet. Aber das währte nur bis zum nächsten Morgen - bis zu der Minute, als ich die Zeitungen las. Ich war auf dem Baugelände, als der Telefonanruf kam und einer der Arbeiter mich holte.
Es war Stan Barrows, der Immobilienagent, der die Verkäufe besorgte. Er flüsterte ins Telefon, als sei er darauf bedacht, daß ihn niemand hörte. »Du mußt sofort zur Valley National Bank, Luke. Dicke Luft!«
»Wieso?« fragte ich. Die Bank hatte die Hypotheken. »Sie können sich doch über nichts beklagen. Wir brauchen weniger, als im Kostenplan vorgesehen.«
»Ich kann nichts sagen. Geh sofort hin, Luke!«
Das Telefon war still. Ich wollte ihn noch einmal anrufen, unterließ es aber. Wenn er mir mehr sagen wollte, hätte er es sicher schon getan. Ich ging hinaus zu meinem Wagen.
Sie waren alle da, als ich in das Zimmer des Präsidenten der Bank eintrat. Sie wußten nicht, daß ich überraschter war, sie alle hier zu sehen, als sie über mein Kommen. Ich blickte mich im Zimmer um. Meine Schwiegermutter, George Hayden, Stan Barrows, außerdem der Bankpräsident und der Vizepräsident, der die Hypothekenabteilung leitete.
»Ich wußte nicht, daß hier eine Sitzung ist«, sagte ich. »Jemand hat vergessen, mich zu benachrichtigen.«
Sie machten verlegene Gesichter, aber niemand wollte zuerst sprechen. Nach ein paar Sekunden entschloß sich der Vizepräsident dazu. »Haben Sie die Morgenzeitungen gelesen, Luke?«
»Nein«, sagte ich, »es war noch dunkel, als ich zur Arbeit ging, und auf den Berg kommen sie erst später.«
»Nun. dann lesen
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