Wohin die Liebe führt
herausgefahren.«
»Wie alt sind Sie?«
»Vierundzwanzig.«
»Mit vierundzwanzig ist alles leicht.«
»Meinen Sie?« fragte sie, und wieder trafen sich unsere Blik-ke. »So leicht, wie mit zwanzig Witwe zu sein?«
»Jetzt muß ich >verzeihen Sie< sagen.«
»Schon gut.«
Ich trank einen Schluck von meinem Bier. »Woher wissen Sie, daß ich Flieger war?«
»Ich wußte schon sehr lange von Ihnen. Deshalb war ich gekommen. um Sie zu suchen.«
»Mich?«
»Sie waren doch Johnnys großer Held. Ein glänzender Kampfflieger.
Mit fünfundzwanzig Colonel. Johnnys heißester Wunsch war, so zu sein wie Sie. Und deshalb mußte ich kommen, um mit eigenen Augen zu sehen, wie er gewesen wäre. wenn er’s überlebt hätte.«
»Und jetzt?«
»Jetzt brauche ich nicht mehr darüber zu grübeln. Ich glaube, ich werde es nie erfahren. Johnny hatte nicht die geringste Ähnlichkeit mit Ihnen.«
»Warum sagen Sie das?«
»Als ich Sie gestern zu Bett brachte, haben Sie geweint. Ich kann mir Johnny nicht weinend vorstellen, wenigstens nicht mehr, als er älter war als sechs. Er war rasch und aggressiv und manchmal rauh und ungeduldig. Sie sind das genaue Gegenteil. Innerlich empfindsam und weich.«
»Ich war nie ein richtiger Held«, sagte ich. »Der Krieg zwingt einen oft, etwas zu sein, was man gar nicht ist - wenn man ihn überleben will. Und ich war Fachmann im Überleben.« Ich lachte trocken. »Obwohl ich nicht begreifen kann, was, zum Kuk-kuck, ich durchaus noch erleben wollte.«
Sie sah mich sehr fest an. »Ich glaube, das Überleben bedeutet eines Tages sehr wenig, wenn man sein Leben damit verbringt, sich in einem Whiskyfaß zu verstecken.«
Ich sah ihr tief in die Augen. Sie waren klar und stolz und wichen den meinen nicht aus. Ich seufzte. »Ich fürchte, ich habe das verdient.«
Dann sah ich auf die Uhr. »Sie haben gerade noch Zeit zu einem Kopfsprung, ehe wir den Anker einholen.«
Mit meinem Bier ging ich hinunter in die Kabine. Dort war es etwas kühler. Ich nahm einen Schluck aus der Flasche und stellte sie vor mich auf den Tisch. Durch die offene Luke hörte ich das Wasser aufspritzen, als sie hineinsprang.
Das Telefon neben meinem Bett riß mich zurück in die Gegenwart.
Langsam schüttelte ich die Wärme der Erinnerung ab.
»Ja?« murmelte ich.
»Colonel Carey?«
»Ja.«
»Hier ist Harris Gordon.«
Jetzt war ich hellwach. »Ja, Mister Gordon?«
»Es tut mir leid, daß ich erst so spät anrufen kann. Ich hatte alle Hände voll zu tun.«
Ich sah nach der Uhr. Ich hatte den ganzen Nachmittag geschlafen. »O bitte - es macht nichts.«
»Wäre es Ihnen recht, wenn wir unsere Verabredung auf morgen vormittag verlegen? Heute ist Samstag, und meine Frau hat ein paar Leute eingeladen.« »Selbstverständlich.«
»Morgen früh um neun?«
»Gut«, sagte ich. »Ich treffe Sie im Foyer.«
Ich legte den Hörer auf, ging zum Fenster und sah hinaus. Die Dämmerung kam, die Neonlichter blitzten auf. San Francisco an einem Samstagnachmittag. und ich hatte in meiner alten Heimatstadt nichts zu tun. Also steckte ich mir eine Zigarette an, lehnte mich wieder im Bett zurück und dachte weiter nach über Elizabeth und mich.
Elizabeth trug an jenem Abend ein einfaches weißes Kleid. Das Haar fiel ihr auf die Schultern herab wie gesponnenes Gold, und die sonnenbraune Haut sah dagegen wie Milchschokolade aus. Die Wochenendlöwen verdrehten sich die Hälse nach ihr. Sie sind in Südkalifornien schöne Frauen gewöhnt, besonders in der Gegend von Malibu, wo oft gefilmt wird. Aber an Elizabeth war etwas, das alle Augen anzog.
Der Maître d’hôtel verstand etwas von seinem Fach: Wenn er eine Attraktion sah, so nutzte er sie. Er gab uns ein Eckfenster, das auf die See hinausging, wo uns jeder sehen konnte. Dann schickte er eine Flasche Champagner herüber und die Geigen.
Elizabeth sah mich lächelnd an. »Sie müssen hier ja eine gewaltige Nummer haben!«
»O nein, das gilt nicht mir.« Ich hob mein Glas. »Es gilt Ihnen. Tatsächlich hab’ ich Dusel, daß er sich nicht an mich erinnert. Das einzige Mal, das ich hier war, wurde ich wegen Trunkenheit rausgeworfen.«
Sie lachte. »Er wird seine gute Meinung ändern, wenn er mich essen sieht.«
Nach einer Weile verschwanden die Geigen, und die Tanzkapelle spielte. Ich sah Elizabeth an, und als sie nickte, gingen wir auf die Tanzfläche. Ich legte den Arm um sie, und wo meine Hand das Fleisch ihres nackten Rückens berührte, spürte ich die Kraft unter dieser
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