Wohin die Liebe führt
Damals war sie aufgeregt und nervös.«
»Meinen Sie, jemand hat sie auf diese Tour gebracht?«
»Der einzige, den die gesprochen hat, war ihr Vater. Dem würde so etwas gar nicht einfallen. Für ihn ist sie noch ein kleines Mädchen. Er hat sie zum letztenmal gesehen, als sie acht Jahre alt war, und wenn er auch erfaßt hat, daß sie größer geworden ist, so ist ihm, glaube ich, noch nicht aufgegangen, daß sie auch älter ist als damals.«
»Wie ist er überhaupt?«
»Er scheint sehr sympathisch zu sein und sehr feinfühlig.«
»Bei diesen Kriegsleistungen?« Reds Stimme klang ungläubig.
»Ja, das ist paradox. Aber mir tut der arme Kerl leid. Man sieht an seiner Kleidung, daß er es pekuniär nicht leicht hat, und doch ist er von Chicago hierhergekommen, um zu sehen, ob er ihr nicht helfen kann. Seine Frau ist dort geblieben, sie erwartet jeden Tag ein Baby, und er ist natürlich hin und her gezerrt. Er möchte gern das Richtige tun, aber er weiß selbst nicht, was das Richtige ist.«
»Und wie ist Miss Hayden?«
»Nora Hayden weiß, was sie will. Sie vergißt es keine Sekunde. Sie mag eine bedeutende Künstlerin sein, aber sie ist auch eine regelrechte Hure. Das arme Kind tut mir leid, daß es so viele Jahre mit ihr zusammen leben mußte. Es war bestimmt nicht leicht für das Mädchen.«
»Ich glaube, Sie mögen Miss Hayden nicht.«
»Wahrscheinlich nicht. Aber das ändert nichts an dem Grundproblem. Wie kommen wir an das Kind heran? Wie bringen wir Dani zum Sprechen?«
»Manchmal ist es am besten, wenn man diese jungen Dinger ganz in Ruhe läßt. Vielleicht begreift sie, wenn sie uns besser kennenlernt, daß wir ihr zu helfen versuchen, und dann wird sie zutraulicher werden.«
»Ein gutes Rezept, wenn wir mehr Zeit hätten. Aber Murphy hat uns nur eine Woche gegeben. Ich habe das Gefühl, man hat ihm von oben her nahegelegt, die Angelegenheit möglichst schnell zu erledigen, und er will keinesfalls über die gesetzmäßige Frist von fünfzehn Tagen hinausgehen.«
Sie griff nach ihrer Tasse. Der Kaffee war kalt geworden, aber sie trank ihn trotzdem. »Ich habe den merkwürdigen Eindruck, daß wir bei diesem Fall noch nicht einmal in der Nähe der Wahrheit sind. Nach der überlegenen Selbstbeherrschung, die Dani an den Tag legt, kann ich mir einfach nicht vorstellen, daß sie zu einem Mord fähig ist.«
»Wer sollte es sonst getan haben? Was denken Sie? Die Mutter?«
»Es käme mir jedenfalls wahrscheinlicher vor.«
»Aber dagegen sprechen alle Beweise. Sie haben doch die Aussagen gelesen. Und Sie waren bei der ersten Verhandlung vor dem Untersuchungsrichter und haben alles mit angehört. Es deutet doch alles auf dieses Mädchen hin.«
»Das ist es gerade. Ungefähr so, wie wenn ich nach Hause komme und finde jedes Stück haargenau auf seinem Platz. Dann weiß ich, daß etwas nicht stimmt. Es ist zu ordentlich. Außerdem gibt es für den ganzen Vorgang nur eine Zeugin.«
Sie nickte.
Red sah sie eine Weile sehr nachdenklich an. »Lassen Sie sich von dem Umstand, daß Sie die Mutter nicht mögen, nicht beeinflussen. Dies Gefühl habe ich nämlich bei fast jedem meiner Falle, wenn ich sehe, wie töricht und stumpf die Eltern sind. Ich möchte immer lieber ihnen die Schuld geben als den Kindern. Aber das geht nicht.«
Er stand auf, ging zur Küchentür und kam mit weiteren zwei Tassen Kaffee zurück. »Wo ist das Mädchen jetzt?«
»In der Psychologischen. Vielleicht kommt die Jennings heute mit ihr ein bißchen weiter.«
»Sally Jennings ist prima. Wenn sie die Kleine nicht zum Sprechen bringt, schafft’s niemand anders.«
»Ich hoffe sehr auf Sally. Inzwischen muß ich meine Rundreise antreten. Richter Murphy möchte, daß ich die Scheidungsakten der Eltern einsehe. Ich gehe jetzt zu ihrem Anwalt und hole sie mir.« Marian schob ihren Stuhl zurück. »Wie geht’s Anita und den Jungens?«
»Wie immer. Anita möchte eine Halbtagsarbeit annehmen, um etwas mitzuverdienen. Aber ich habe ihr gesagt: Nur über meine Leiche! Ich sehe hier zuviel davon, was mit den Kindern passiert, deren Mütter Halbtagsarbeit machen.«
Sie nickte teilnehmend. Manchmal fragte sie sich, wie manche ihrer verheirateten Kollegen mit ihrem Gehalt auskommen konnten. Sie verstand recht gut, warum Reds Schuhe immer mindestens zwei Monate zu spät zur Reparatur kamen.
Er seufzte. »Stevie, das ist der älteste, plagt uns andauernd -er möchte einen Motorroller. Er sagt, all die Buben in der Schule haben welche.«
»Und
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