Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wohin du auch fliehst - Thriller

Wohin du auch fliehst - Thriller

Titel: Wohin du auch fliehst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haynes Elizabeth
Vom Netzwerk:
mich mit meinen Freunden treffen.
    In den vergangenen Wochen hatte er mehr als sonst so getan, als führten wir eine ganz normale Beziehung. Er war mir gegenüber nicht gewalttätig gewesen und war auch nicht noch mal unerwartet bei mir aufgetaucht. Er hatte keine unangemessenen Forderungen an mich gestellt. Er war sogar recht liebevoll – er hatte sich um mich gekümmert, als ich letzte Woche eine Erkältung gehabt hatte, mir das Abendessen gemacht und ein paar Einkäufe erledigt. Hätte ich nicht auch seine andere Seite gekannt, hätte ich mich darüber bestimmt gefreut.
    Die Dinge besserten sich, als ich ihm sagte, ich überlegte, unbezahlten Urlaub zu nehmen. Ich sagte es ihm als Vorsichtsmaßnahme, falls irgendwer von der Arbeit anrief oder ich mich verplapperte, damit ich eine Erklärung parat hatte. Und natürlich wollte er immer noch, dass ich meine Arbeit aufgab. Zuerst dachte ich, er wollte das, damit wir uns öfter sahen. Doch dann fand ich heraus, dass es immer nur um Kontrolle ging.
    Ich kannte ihn jetzt deutlich besser. Wenn ich bei der Arbeit war, rief er mich zu den unmöglichsten Zeiten an. Wenn ich an meinen Schreibtisch zurückkam und einen Anruf von ihm verpasst hatte, musste ich ihn auf der Stelle zurückrufen. Er fragte mich jedes Mal, ob ich für ein Meeting außer Haus müsse – er kannte meinen Terminkalender besser als ich selbst. Einmal hatte ich mehrere Stunden mit dem Vorstand in einer Besprechung gesessen. Als ich ihn zurückrief, dachte ich, dass er bestimmt sauer auf mich wäre, doch dem war nicht so. Später stellte sich heraus, dass er zu meinem Arbeitsplatz gefahren war, meinen Wagen auf dem Parkplatz entdeckt und ihn mit seinem Ersatzschlüssel aufgesperrt hatte (er besaß jetzt von allen meinen Schlüsseln Zweitschlüssel – ich hatte sie ihm nicht gegeben, aber er hatte sie trotzdem). Er hatte den Kilometerstand kontrolliert und gesehen, dass ich nirgendwo gewesen war, ohne es ihm zu sagen. Er wusste genau, wie viele Kilometer mein Auto zurückgelegt hatte und wie viele Kilometer es von zu Hause bis zur Arbeit und wieder zurück waren. Ich konnte von dieser Route also nicht abweichen.
    Ich hatte nicht versucht, ihn auf diesem Gebiet irgendwie zu provozieren. Ich wusste, dass es ein Fehler gewesen wäre. Ich wusste, dass er mich völlig unter Kontrolle hatte. Doch allein, dass ich das wusste, war meine Form des Widerstands. Er wusste nicht, was in meinem Kopf vor sich ging. Er wusste nicht, dass ich nach einer Gelegenheit suchte, um zu fliehen. Dass mir klar war, dass ich nur einen Versuch hatte. Er würde mich umbringen, wenn ich es vermasselte, das wusste ich.
    Ich hielt Kontakt zu Jonathan. Ich sprach ihn direkt darauf an, ob er mich nicht für den Job in New York ins Auge fassen könne. Ich konnte mich nicht entsinnen, irgendwem erzählt zu haben, eines Tages eine eigene Firma gründen zu wollen. Doch es hätte mich auch nicht überrascht, wenn ich das in benebeltem Zustand bei irgendeinem Firmenessen ausgeplaudert hätte. Wie dem auch sei, der Job war mir im Grunde egal. Ich war zwar bereit, hart zu arbeiten, doch das Wichtigste für mich war eine Fluchtmöglichkeit. Glücklicherweise schien ich alles per Mail vom Büro aus organisieren zu können. Ich musste nicht meine Hausanschrift angeben – dazu bestand keine Notwendigkeit. Als ich vor einer Woche meinen Ersatzpass bekam, nahm ich ihn mit zur Arbeit und legte ihn in meine Schreibtischschublade.
    Ich hoffte, Jonathan würde sich für mich entscheiden. Ich ging fest davon aus, dass es schon klappen würde, sonst hätte ich den Verstand verloren. Meine Kreditkartenabrechnung ließ ich mir schon lange online schicken. Sollte ich also Flüge buchen wollen, würde Lee nichts davon erfahren. Meine Mails kontrollierte ich im Büro. Nach dem Einbruch hatte ich mir nicht die Mühe gemacht, mir einen neuen Laptop zu besorgen. Warum auch?
    Einstweilen konnte er mich beobachten, so viel er wollte; meine Zeit in Lancaster war begrenzt.
    Bald würde ich frei sein.

    Sonntag, 17. Februar 2008
    Ich hörte Stuart im Treppenhaus, er schleppte seinen Rucksack hoch und stieß damit an die Wand. Ich saß auf dem Sofa und hatte meine Füße unter mich gezogen. Meine Nerven waren gespannt wie Drahtseile. Als ich ihn hörte, fragte ich mich, ob ich ihn mit seinem Gepäck erst mal nach oben gehen und zu Hause ankommen lassen sollte, damit er duschen, sich einen Drink oder sonst was machen konnte, was Leute eben so tun, wenn sie von einer

Weitere Kostenlose Bücher