Wohin du auch fliehst - Thriller
Waschsalon. Oder joggen. Das habe ich schon länger nicht mehr gemacht.«
Eine Pause entstand. »Es ist also gut gelaufen? Deine Sitzung mit Alistair, meine ich?«
»Sie war gut. Ich habe Hausaufgaben bekommen – soll alles bewerten. Du kennst das ja.«
»Und jetzt fühlst du dich gut?«
Ich wusste genau, worauf er hinauswollte. Er versuchte anhand der Symptome die Wahrscheinlichkeit einer späteren Panikattacke abzuschätzen. »Es geht mir gut. Mich beunruhigt, dass ich ganz allein hier bin. Ohne Mrs Mackenzie, meine ich, und du bist auch nicht da. Nur ich und die Gespenster.«
»Alles friedlich, willst du damit sagen.«
»Ja. Ach, und noch etwas: Wir haben doch ihre Tür zugezogen, oder? Und mit ihrem Schlüssel zugesperrt?«
»Ja, das haben wir. Warum?«
»Als ich nach Hause kam, stand die Tür offen. Die Tür zu Mrs Mackenzies Wohnung. Sie stand einen Spaltbreit offen.«
»Dann muss die Hausverwaltung dort gewesen sein. Hatte sie nicht angekündigt, jemanden vorbeizuschicken?«
»Schon, aber die hätten doch bestimmt die Tür zugemacht und sie nicht offen gelassen.«
»Vielleicht war jemand schlampig. Wie dem auch sei, jetzt ist sie mit Sicherheit richtig abgesperrt!«
»Das hoffe ich.«
»Cathy, du hast sie zugemacht. Es ist in Ordnung.«
Ich antwortete nicht.
»Als wir uns zum ersten Mal begegnet sind, hast du das alles alleine gemacht. Du hast dich jede Nacht eingesperrt, kontrolliert, ob die Türen richtig zu sind, und du bist zurechtgekommen. Jetzt kommst du auch zurecht, es gibt keinen Unterschied.«
Ich versuchte fröhlich zu klingen. »Ja, ich weiß. Es geht mir gut, wirklich.«
»Kommst du nächstes Mal mit nach Aberdeen?«
»Vielleicht. Wenn du mir ein bisschen früher Bescheid sagst.«
»Rachel kann es kaum erwarten, dich kennenzulernen.«
»Stuart, im Ernst. Hast du ihr von meiner Zwangsstörung erzählt?«
»Nein, warum sollte ich?«
»Ich möchte nur nicht, dass sie sich ein falsches Bild von mir macht.«
»Die Zwangsstörung gehört ja nicht zu dir, oder? Sie ist nur ein Symptom. So wie Rotz zu einer Erkältung gehört.«
»Wie nett. Was hast du ihnen dann erzählt?«
»Ich habe ihnen erzählt, dass ich dieses Mädchen mit den silbernen Haaren und den dunklen Augen kennengelernt habe, das lustig, klug und bezaubernd und manchmal unglaublich pampig sein kann. Und das fünfzig Tassen Tee an einem Tag runterspülen und sogar jemanden mit Glasaugen in Grund und Boden starren kann.«
»Jetzt verstehe ich auch, warum sie es kaum erwarten können, mich kennenzulernen.« Ich versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken, doch es gelang mir nicht.
»Halte ich dich wach?«
»Ich bin total müde. Tut mir leid. Ich habe letzte Nacht nicht geschlafen und bin heute alles zu Fuß gelaufen, die Busse standen im Stau.«
»Du bist vom Leonie Hobbs House zurückgelaufen?«
»So weit ist das auch wieder nicht. Ich laufe gerne.«
Ich gähnte erneut.
»Nimm das Telefon mit, wenn du ins Bett gehst, okay?«, sagte er.
»Warum?«
»Wenn du mitten in der Nacht aufwachst, ruf mich an. Machst du das?«
»Ich will dich nicht aufwecken, das ist unfair.«
»Das macht mir nichts aus. Wenn du wach bist, will ich mit dir wach sein.«
»Stuart. Das ist alles ziemlich sonderbar.«
»Was meinst du mit sonderbar?«
»Wenn du am Sonntag zurückkommst, wird es nicht mehr so sein wie vorher, oder? Seit neulich ist alles anders.«
»Du meinst, seit ich dich geküsst habe.«
»Ja.«
»Es hat sich etwas verändert, da hast du recht. Ich hatte mir fest vorgenommen, auf Distanz zu gehen, damit du dich auf deine Genesung konzentrieren kannst. Aber ich glaube nicht, dass ich das durchhalten kann. Macht dir das Angst?«
»Ich bin mir nicht sicher. Ich glaube nicht.«
»Ich lande um neun Uhr irgendwas am Sonntagabend. Darf ich bei dir vorbeischauen, wenn ich nach Hause komme? Es wird ein wenig spät werden.«
Das war der Moment, der Wendepunkt.
Ich zögerte, bevor ich ihm eine Antwort gab, denn ich wusste, was es bedeutete, wenn ich Ja oder auch Nein sagte.
»Cathy?«
»Ja. Schau bei mir vorbei. Egal, wie spät es ist.«
Freitag, 21. Mai 2004
Lee arbeitete das ganze Wochenende, zur Abwechslung hatte er es mir diesmal angekündigt. Keine Ahnung, ob er mich auf die Probe stellen wollte, um zu sehen, ob ich abhaute. Ich war mir sicher, dass er nichts von New York wusste, aber immer noch damit rechnete, dass ich mich anderweitig aus dem Staub machte. Er hatte sogar gesagt, ich solle heute Abend ausgehen und
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