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Wohin mit mir

Wohin mit mir

Titel: Wohin mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Damm
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unaufhörlich stecken Mitarbeiter ihre Köpfe herein, um etwas zu fragen.
    Danach schlendere ich durch die engen Gassen heim
wärts. Lottoverkaufsstellen, Werkstätten von Handwerkern; Bilderrahmer, Tischler, Polsterer. Kleine Geschäfte, wo es Öl und Wein, Kurzwaren und Briefmarken gibt. Ein winziger Lebensmittelladen, den ein alter Mann offenbar ganz allein betreibt. Immer kaufe ich hier etwas auf seine Empfehlung. Heute ein Bund Basilikum und, gerade eingetroffen, frische Feigen. Die Farben, Gerüche, Geräusche in den engen Gassen, dichtgedrängt die Leiber der Häuser, der Menschen, Gesichter Vorübergehender, das des alten Mannes. (Ich nahm, entsinne ich mich heute, alles wahr, aber ich war nicht wirklich anwesend. Ich war nicht in Rom, ich war in Lappland. Ein Doppelleben? Nicht einmal das. Das Angeschaute fiel augenblicks in mir auf den Grund des Vergessens, von dem ich es erst jetzt, über ein Jahrzehnt später, wieder heraufhole.)
     
    11. August
    Intensiv geschrieben.
    Als Belohnung zum Pantheon. Als ich ankomme, schließt man gerade die Türen. Schade. Ich sehe mich auf der Piazza della Rotonda um. Restaurants, Tische draußen, Kellner zünden Windlichter auf ihnen an. Ich suche mir einen Platz. Bestelle etwas zu essen und einen Wein. Die flackernden Lichter. Schwalben zischen über den dunkel werdenden Himmel. Die Konturen der riesigen Kuppel, von der ich nur das obere Drittel sehe, verschwimmen, auch die Vorhalle mit ihren Säulen taucht in das diffuse Licht der Dämmerung. Siebenhundert vor Christi. Die Antike. Bin ich wirklich hier, an diesem Ort?
    Es ist, trotz der vielen Menschen, erstaunlich leise. Verhaltenes Stimmengewirr, aus dem sich nur ab und an das Weinen eines Säuglings oder die Vogelstimme eines Kleinkindes abhebt. Ich beobachte ein vielleicht elfjähriges Mädchen, das mit mißmutigem Gesichtchen bettelnd durch die Tischreihen geht. Immer wieder dreht es sich um, ich folge seinem Blick, auf dem Brunnenrand sitzt die Mutter, vermutlich eine Zigeunerin; mit herrischen Bewegungen ihrer Hand treibt sie die Kleine an. Und die Heerschar der Akteure, die von Gaststätte zu Gaststätte, von Tisch zu Tisch zieht. Die Blumenverkäufer mit ihrem erstarrten Lächeln, ihren vergeblichen devoten Verbeugungen. Straßenmusikanten, einzeln oder in Gruppen. Zwei Schifferklavierspieler, ein alter Mann mit einer Glasorgel, es folgt ein Geigentrio (den Gesichtszügen nach Russen, gewiß einst Spieler in einem Sinfonieorchester, wie man betroffen von einigen Musikern auf den Straßen Berlins weiß), schließlich ein dahinschmelzender Vico Torriani-Typ. Noch während sie spielen oder singen, wird schon mit einem Hut oder Pappbecher durch die Reihen gegangen, ein offenbar gut funktionierendes System. Die nächsten warten schon.
    Schließlich die schüchtern wirkenden Vietnamesen, die sich um Unauffälligkeit bemühen. Sie haben weder einen Bauchladen noch Taschen bei sich. Sie gehen durch die Reihen, treten dicht an die Tische, an einzelne Gäste heran, öffnen ihre weiten Jacken und führen – vermutlich ist es verboten – in deren Schutz ihre Angebote vor: Rauchverzehrer und Feuerzeuge. Kleine Figuren, bei den weiblichen leuchten Schoß und Brü
ste auf, bei den männlichen schießt aus dem Glied ein Feuerschweif. An den Tischen mitunter Kreischen, ordinäres Lachen. Aber niemand kauft etwas. Wovon leben sie, wo schlafen sie?
    Plötzlich grelles Licht. Die Scheinwerfer, die das Pantheon anstrahlen, sind angegangen. Auf dem Heimweg stelle ich mir vor, wie Goethe ohne diese Touristenillumination Rom gesehen haben mag, immer wieder ist bei ihm vom Schein des Mondes die Rede, in den er die alten Gebäude getaucht sieht.
     
    12. August
    Die Hitze in der Stadt. Feuchtschwüle Luft. 36 Grad, 38 Grad schon seit Tagen.
    Meine zur Gewohnheit gewordenen Gänge bereits am Nachmittag in den Park der Villa Borghese, die Wege in den Alleen unter den riesigen, das gleißende Sonnenlicht abhaltenden oder zumindest filternden Steineichen und Zypressen muß ich aufgeben, es ist zu heiß. Selbst am Abend ist es auf den Schattenbänken im Park in der feuchtschwülen Luft kaum auszuhalten.
    In den Häuserschluchten glüht es vor Hitze. Und überall Touristenströme. Mitte August werde die Besucherzahl sich verringern, tröstet mich die temperamentvolle Renata Crea, Mitarbeiterin in der Casa di Goethe, dann sei – selbst wenn es heiß bleibe – die Stadt angenehmer, versichert sie mir. Auch die Römer würden die Stadt

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