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Wohnraum auf Raedern

Wohnraum auf Raedern

Titel: Wohnraum auf Raedern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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es fällt mir schon gar nichts mehr ein«, mußte sich Pusyrjow bald schon sagen: »Es bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als an einem möglichst großen Abszeß am Bein zu erkranken.«
    Genau 30 Kopeken legte Pusyrjow für seinen Abszeß aus. Für diese 30 Kopeken besorgte er sich in der Ap o theke Terpentin. Dann lieh er sich bei einem Bekan n ten, einem Buchhalter, eine Spritze aus, mit der man gewöhnlich Arsen injiziert, und mittels dieser Spritze jagte er sich das Terpentin ins Bein. Es gab daraus eine so wüste Sache, daß Pusyrjow diesmal wirklich aufheu l te.
    – Nun, kassieren wir für diesen Abszeß 50 Rubel bei diesen Schwachköpfen von Doktoren, – dachte Pusy r jow, als er zum Krankenhaus humpelte.
    Aber er hatte Pech.
    Im Krankenhaus hielt sich gerade eine Kommission auf, die von einem düsteren, unsympathischen Kerl mit goldener Brille geleitet wurde.
    »Hm ...«, machte der Unsympathische und durc h bohrte Pusyrjow mit einem Blick durch seine goldene Fassung: »Ein Abszeß, sagst du? Na also, zieh die Hose aus!«
    Pusyrjow zog die Hose aus, und im Handumdrehen hatte man ihm seinen Abszeß aufgestochen.
    »Hm ...«, sagte der Unsympathische: »Scheint Te r pentin zu sein, in deinem Geschwür drin. Aber wie ist das da hineingeraten, erklär mir das mal gefälligst ...«
    »Keine Ahnung«, antwortete Pusyrjow, doch er merkte schon, wie sich unter ihm ein Abgrund auftrat.
    »Aber ich habe sehr wohl eine Ahnung«, sagte die unsympathische Goldbrille.
    »Stürzen Sie mich nicht ins Verderben, Herr Do k tor«, sagte Pusyrjow und heulte los. Seine Tränen waren echt und brauchten keinerlei Entzündung ...
     
    1926
    (leicht gekürzt)

III

Psalm
     
     
    Erst hat man den Eindruck, eine Ratte kratze an der Tür.
    Doch dann läßt sich eine überaus freundliche Me n schenstimme vernehmen: »Darf man kurz hereinko m men?«
    »Natürlich, ich bitte darum.«
    Die Tür singt in den Angeln.
    »Komm, setz dich auf den Diwan!«
    (Von der Tür her:) »Aber wie soll ich übers Parkett?«
    »Indem du langsam gehst und nicht schlitterst. Nun, was gibt’s Neues?«
    »Nichts.«
    »Mit Verlaub, wer hat heute früh auf dem Korridor geheult?«
    (Peinliche Pause.) »Ich.«
    »Warum?«
    »Die Mutter hat mich geslagen.«
    »Wofür?«
    (Gespannte Pause.) »Ich habe Surka ins Ohr gebissen.«
    »Das ist allerhand.«
    »Mutter sagt, Surka ist ein Nichtsnutz. Er hänselt mich, und er hat mir auch Kopeken weggenommen.«
    »Na und? Es gibt keine solchen Dekrete, wonach man wegen einiger Kopeken die Leute ins Ohr beißen soll. Du bist allem Anschein nach ein dummer Junge.«
    (Beleidigt:) »Mit dir slage ich mich nicht herum.«
    »Das ist auch nicht nötig.«
    (Pause.) »Wenn Papa kommt, sage ich ihm alles, er ersießt dich dann son.«
    »Ach, so ist das. Dann mache ich auch keinen Tee. Wozu schon: Wenn ich ohnehin erschossen werde ...«
    »Nein, mach den Tee nur.«
    »Und du trinkst mit?«
    »Mit Pralinen, ja?«
    »Ganz gewiß.«
    »Also, ich trinke mit.«
    Zwei menschliche Körper, ein großer und ein kleiner – sie kauern. Mit musikalischem Klang siedet es im Teetopf, und ein Kegel warmen Lichtes liegt auf einer aufgeschlagenen Seite des Jerome Jerome.
    »Die Verse da wirst du vergessen haben.«
    »Nein, gar nicht.«
    »Also, sag auf!«
    »Zum Frack kauf ich ...«
    » ...mir neue Schuh ...«
    »Des nachts ... einen Ps...«
    »Einen Psalm sing ich fromm ...«
    »Auch einen Hund ... Hund ...«
    » ...leg ich mir zu ...«
    »Wie ...«
    »Irgendwie leben wir schon.«
    »Wie irgend leben wir son.«
    »Eben! Der Tee wird gleich kochen, komm, trinken wir! Irgendwie leben wir schon.«
    (Tiefer Seufzer:) » ...le-ben wir s-son.«
    Das Singen im Topf. Jerome. Der Dampf. Der Lichtkegel. Das glänzende Parkett.
    »Du bist einsam.«
    Jerome fällt aufs Parkett. Die Seite verlöscht.
    (Pause.) »Wer hat dir denn das gesagt?«
    (Seelenruhige Bestimmtheit:) »Mama.«
    »Wann?«
    »Als sie dir damals den Knopf annähte. Sie nähte und nähte. Und wie sie so näht, sagt sie zu Natascha ...«
    »So, das hätten wir. Halt, halt, dreh dich nicht um, sonst verbrühe ich dich ... Uch ...«
    »Heiß, uch!«
    »Nimm dir eine Praline – welche du magst.«
    »Hier, diese große will ich.«
    »Blas ein bißchen, blas und laß das Schlenkern mit den Beinen!«
    (Eine weibliche Stimme im Hintergrund:) »Slawka!«
    Es klopft an die Tür. Die Tüg singt angenehm in den Angeln.
    »Schon wieder steckt er bei Ihnen. Slawka, komm nach Hause!«
    »Nein, nein. Wir

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