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Wohnraum auf Raedern

Wohnraum auf Raedern

Titel: Wohnraum auf Raedern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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trinken zusammen Tee.«
    »Er hat eben erst welchen getrunken.«
    (Ruhige Offenherzigkeit:) »Ich habe noch keinen g e trunken.«
    »Wera Iwanowna, kommen Sie und trinken Sie mit uns!«
    »Danke, ich habe eben erst ...«
    »Kommen Sie, kommen Sie, ich lasse Sie nicht gehen ...«
    »Ich hab’ nasse Hände, bin am Wäschehängen ...«
    (Unaufgeforderter Beschützer:) »Wage es nicht, me i ne Mutter zu drängen!«
    »Also gut, ich werde nicht drängen ... Wera Iwano w na, nehmen Sie Platz ...«
    »Warten Sie, ich hänge erst die Wäsche auf, dann komme ich.«
    »Ausgezeichnet. Ich werde den Kocher nicht ausm a chen.«
    »Und du, Slawka, wenn du ausgetrunken hast, gehst du heim. Schlafen. Er stört Sie.«
    »Ich störe nicht, ich bin sön artig.«
    Die Tür singt unangenehm in den Angeln. Lichtk e gel in verschiedene Richtungen, der Teetopf – stumm.
    »Willst du schon schlafen?«
    »Nein, ich will nicht slafen. Erzähl mir eine Gesic h te.«
    »Aber deine Augen sind schon ganz klein.«
    »Nein, sie sind nicht klein. Eine Gesichte!«
    »Also denn. Komm zu mir. Leg den Kopf in meinen Schoß. So. Hmm ... eine Geschichte soll ich dir erzä h len? Was für eine denn? Wie?«
    »Von einem Jungen. Von dem, der ...«
    »Von einem Jungen. Ja, mein Lieber, das ist eine schwierige Geschichte. Aber versuchen wir’s für dich.
    Nun denn, sei’s drum, es war also auf der Welt ei n mal ein Junge. Ja, ein kleiner, so ungefähr vier Jahre alt. Lebte in Moskau. Zusammen mit seiner Mutter. Und dieser Junge hieß Slawka.«
    »Huu ... genau wie ich?«
    »Ein ganz hübscher Junge, jedoch zum großen B e dauern aller ein Raufbold. Er raufte sich, wie es gerade kam, mit Fäusten und Füßen, ja sogar mit den Gal o schen. Und einmal schlug er dem Mädchen von Nu m mer 8 , einem braven, ruhigen und hübschen Mädchen, auf der Treppe ein Buch ins Gesicht.«
    »Die rauft sich auch ...«
    »Halt. Hier ist nicht von dir die Rede.«
    »Ein anderer Slawka?«
    »Ein völlig anderer. Wo bin ich schon wieder stehe n geblieben? Ach ja ... Nun wurde dieser Slawka – ve r steht sich – jeden Tag durchgeprügelt, denn man kann die Raufereien schließlich nicht einfach geschehen la s sen. Aber Slawka hörte trotzdem nicht auf damit. Und das ging soweit, daß er sich eines schönen Tages mit Schurka zerstritt – der Schurka war auch so ein Junge – und diesen kurzerhand mit den Zähnen am Ohr pac k te, und schon war das halbe Ohr weg. Da ging ein He i denlärm los, Schurka heult, Slawka kriegt Schläge und heult auch ... Irgendwie klebte man Schurka das Ohr mit Syndetikon wieder an, Slawka mußte sich selbstve r ständlich in die Ecke stellen ... Und dann plötzlich läutet es: Ein wildfremder Herr mit gewaltigem roten Bart und blauer Brille steht da und fragt mit Baßsti m me: ›Darf ich bitte wissen, wer hier der Slawka ist?‹ Slawka antwortet: ›Ich.‹ – ›Nun also‹, sagt der Unb e kannte, ›ich habe die Aufsicht über alle Raufbolde und sehe mich gezwungen, dich, werter Slawka, aus Moskau zu entfernen. Nach Turkmenistan.‹ Slawka sieht ein, daß es bös um ihn bestellt ist, und er bereut aufrichtig. ›Ich gebe zu‹, sagt er, ›daß ich mich gerauft habe, ich habe auch Kopekenspiel gespielt auf der Treppe und die Mutter gewissenlos angelogen, ihr gesagt, ich habe nicht gespielt ... Aber so wird es nicht weitergehen, denn ich fange ein neues Leben an.‹ – ›Nun‹, sagt der Aufseher, ›so sieht der Fall ganz anders aus. Wenn dem so ist, steht dir eine Belohnung für deine aufrichtige Reue zu.‹ Er führte Slawka gleich zur zentralen Em p fangsstelle für Belohnungen. Und Slawka sieht, daß es dort unzählige verschiedene Dinge gibt: Luftballons, Autos, Flugzeuge, Spielbälle mit Streifen, Trommeln. Und der Aufseher sagt: ›Lies dir aus, was dein Herz begehrt!‹ Und Slawka wählt aus. Ach, jetzt hab’ ich ganz vergessen, was er sich ausgewählt hat ...« (Süßer, schläfriger Baß:) »Ein Fahrrad!«
    »Richtig! Jawohl, jetzt erinnere ich mich, ein Fah r rad. Slawka setzte sich sofort auf das Fahrrad und fuhr schnurstracks zum Kusnezkij Most. Beim Fahren tutet er drauflos, und die Leute bleiben stehen auf den Bü r gersteigen und wundern sich: ›Ein beachtlicher Mensch dieser Slawka. Wie stellt er es nur an, daß er nicht von einem Auto überfahren wird?‹ Aber Slawka gibt Hor n signale und ruft den Droschkenkutschern zu: ›Haltet euch rechts!‹ Die Droschken fliegen, die Automobile fliegen, Slawka feuert an, Soldaten kommen

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