Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wohnraum auf Raedern

Wohnraum auf Raedern

Titel: Wohnraum auf Raedern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
Vom Netzwerk:
Ich beglückwünsche euch, werte Genossen, ich habe Tuberkulose. Ade, du weite Welt!
    30 . Juli: Man hat mich in einen Kurort geschickt, ins Sanatorium »Zum gesunden Geist«. Habe für 2000 Werst Umzugsgelder gekriegt und eine Gratisfahrkarte, dritte Klasse mit Strohsack ...
    1 . August: ... und Wanzen. Bin unterwegs. Sehr sch ö ne Aussicht. Die Wanzen haben etwa die Größe von Küchenschaben.
    3 . August: Ich bin in Sibirien angekommen. Sehr schöne Gegend. Noch 293 Werst zu Pferd. Stutenmilch.
    6 . August: Die Stutenmilch kann mir gestohlen we r den. Man sagt, es sei ein Irrtum. Ich hätte gar keine Tuberkulose. Wiederum werden Röntgenaufnahmen gemacht. Ich habe meine Nieren gesehen. Widerlich!
    8 . August: Und deshalb schreibe ich jetzt in Rostow am Don weiter. Eine sehr schöne Stadt. Ich fahre weiter in die Heilstätte »Sonnengabe« nach Kislowodsk.
    12 . August: Kislowodsk. Jedoch weit gefehlt. Meine Niere hat hier nichts zu suchen. Sie sagen: »Welcher Teufel hat Sie hierher geschickt?«
    15 . August: Ich schreibe auf dem Dampfer, angeblich mit erblicher Syphilis, latente Form, und fahre auf die Krim. Ich übergebe mich, bin seekrank. Verflucht sei ein solches Heilverfahren!
    22 . August: Jalta, eine wunderschöne Stadt, wenn nur die Medizin nicht wäre! Eine rätselhafte Wissenschaft. Hier hat man bei mir im Gedärm Würmer gefunden, dazu eine latente Appendizitis. Ich fahre jetzt nach Lipezk im Gouvernement Tambow. Ade, wilde Wasser des Schwarzen Meeres!
    25 . August: In Lipezk wundern sich alle. Der Arzt ist überaus sympathisch. Was die Würmer betrifft, so hat er gesagt: »Die sind selbst Würmer!« Er hat mich ans Fenster geführt, mir in die Augen geschaut und erklärt: »Sie haben einen Herzfehler.« Ich bin nicht einmal mehr erschrocken, denn ich habe mich schon damit abgefunden, daß ich total verfault bin. Ich habe gerad e heraus gefragt: »Wohin muß ich?« Es stellt sich heraus, daß ich nach Borschomi muß. Kaukasus, ade!
    1 . September: In Borschomi hat man mir nicht einmal erlaubt, meine Sachen auszupacken: »Wir nehmen ke i ne Rheumatiker«, sagte man mir. Nun bin ich also zum Rheumatiker geworden! Lange habe ich nicht mehr zu leben auf dieser weiten Welt. Ich bin abermals unte r wegs nach Sibirien ...
    10 . September: Gelobtes Meer, heiliger Baikal! Die Ausblicke sind hier zauberhaft, nur daß schon eine Hundekälte herrscht. Der sibirische Arzt meint, es sei unvernünftig, von einem Kurort zum andern zu reisen, wo doch bald mit Schnee zu rechnen sei. »Sie müssen« riet er mir, »irgendwohin fahren, wo Sie sich aufwä r men können. Ich verordne«, sagte er, »daß Sie auf die Krim kommen.« Ich sagte ihm, daß ich dort bereits gewesen sei. Schönen Dank. Er aber sagt: »Wo genau waren Sie?« Ich sagte: »In Jalta.« Und er sagt: »Ich hi n gegen«, sagt er, »schicke Sie nach Alupka.« Mir ist es egal wohin, und sei’s dem Teufel auf die Hörner! Ich habe mir einen Pelz gekauft und bin losgefahren.
    25 . September: In Alupka ist alles geschlossen. Man sagte mir: »Fahren Sie nach Hause, sonst klopfen Sie die ganze Republik ab wie ein Obdachloser.« Nun kann mir alles gestohlen bleiben, ich fahre nach Hause.
    1 . Oktober: Jetzt bin ich also zuhause. Während ich unterwegs war, ist mir meine Frau untreu geworden. Ich bin beim Arzt gewesen. Er sagt: »Sie sind«, sagt er, »ein völlig gesunder Mensch, kerngesund.« – »Aber warum«, frage ich, »haben Sie mich denn überhaupt weggeschickt?« Und er hat geantwortet: »Es war eben ein Irrtum.« Nun, Irrtum hin, Irrtum her, morgen gehe ich jedenfalls zur Arbeit.
    Der Kranke No. 555
    Michail

Ein nichtswürdiger Typ
     
     
    Wenn man der Statistik glauben darf, die ein gewisser Bürger unlängst aufgestellt hat (ich selber habe sie gel e sen), eine Statistik, die besagt, daß auf tausend Me n schen jeweils zwei Genies und zwei Idioten kommen, so muß man zugeben, daß Pusyrjow zweifelsohne eines der beiden Genies war. Da erschien doch dies Genie Pusyrjow bei sich daheim und sagte zu seiner Frau: »Es ist soweit, Marja, meine Erwerbsquellen sind im großen und auch im ganzen versiegt.«
    »Und du säufst ruhig weiter, du Strolch«, antwortete darauf seine Frau: »Was gibt’s denn nun für uns zu futtern?«
    »Reg dich nicht auf, teures Weib«, gab Pusyrjow fe i erlich zur Antwort: »Wir werden schon genug zu essen haben!«
    Bei diesen Worten kniff sich Pusyrjow die oberen Zähne so heftig in die Unterlippe, daß das Blut in Strömen

Weitere Kostenlose Bücher