Wolf inside (German Edition)
dieser Sessel stand damals in seinem exklusiven Geschäft. Er war eigentlich total hässlich, die Farbe war irgendwie senfgelb mit einem Stich braun, der Rahmen bestand aus verchromten Rohren.
Futuristischer Designerschrott. Mit einem fünfstelligen Preisschild. Ich hatte nie verstanden, warum Leute für so hässliches Zeug so viel Geld ausgaben.
Allerdings, an den Klienten erinnerte ich mich gern. Denn drei Wochen nach Abschluss des Falles suchte er mich wieder auf. Diesmal privat.
Ich ließ mich in den Sessel fallen, und strich langsam über die geschwungenen Armlehnen. Für einen kurzen Moment dachte ich an Jean-Pierre. Und den Sessel. Gut, das Möbel nicht reden können!
Als Sandro wieder auftauchte, hatte er nicht nur geduscht, sondern sich auch umgezogen, trug jetzt eine verwaschene Jeans zu einem roten Kapuzenshirt und Sneakers. Mit einem Handtuch rubbelte er kurz durch seine lockigen Haare, die darauf hin in alle Richtungen abstanden. „Ich hole nur noch meinen Rucksack, dann können wir los.“
„ Kämm dich lieber, mein Dad legt viel Wert auf gepflegtes Äußeres“, riet ich ihm. „Vielleicht solltest du sogar noch zum Friseur, du siehst aus wie ’n Mädchen!“
Sandro antwortete, in dem er die Backen aufblies und die Augen verdrehte.
„ Du kannst es gerne darauf ankommen lassen. Aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt.“ Ich wusste, wovon ich sprach. „Mach dir wenigstens einen Zopf“, schlug ich dann vor. „Er ist in letzter Zeit schon etwas ruhiger geworden. Vielleicht übersieht er es.“
„ Ein Zopf? Muss das sein? So lang sind meine Haare doch gar nicht.“ Sandro murrte, aber er verschwand noch einmal nach hinten.
Ich fuhr mir durch mein eigenes Haar. Die waren für Dads Geschmack sicherlich auch schon zu lang. Cruiz’ Frisur würde ihm gefallen und nicht nur die. Auch der ganze Kerl war so, wie sie Dad gefielen. Ein echter Mann, hart, aber doch kultiviert. Und anscheinend mit Geld. So wie ich in seinen Augen einer war, jedenfalls, bis ich den Polizeidienst quittierte. Und ohne die viele Kohle, versteht sich. Es hatte fast sechs Monate gedauert, bis er wieder mit mir sprach. Und dann noch mal so lange, bis er meinen Entschluss, ein Privater zu werden, akzeptierte.
Jetzt wartete er nur noch auf eine süße kleine Schwiegertochter. Und Enkel. Plural.
„ Besser?“, unterbrach Sandro meine unerfreulichen Grübeleien. Ich sah auf. Er hatte seine Haare ordentlich aus dem Gesicht gekämmt. Zu seinen Füßen stand ein großer Armeerucksack, auf ihm lag eine dick gefütterte Jacke.
„ Okay. Abflug.“
*
Der Lastenaufzug rumpelte gerade die letzten Meter hinunter, als der Wolf die Nase witternd in die Luft erhob. Er heulte kurz auf, dann stellte er sich sprungbereit an das Gitter.
Irgendetwas schien ihn ziemlich zu beunruhigen. Sein dunkles Nackenfell hatte sich gesträubt, und er begann, die Zähne zu fletschen. Dazu knurrte er so laut, dass ich es sogar über den Krach des Aufzuges hören konnte. Er warf sich gegen das Gitter, wollte unbedingt hinaus, kaum schwang es ein Stück auf, stürzte er auch schon davon.
„ Was ist denn mit dem? Da läuft wohl eine Katze rum, oder?“, witzelte ich.
Sandro schien das nicht lustig zu finden, denn er sah sich immer wieder schnell nach allen Seiten um, ließ den Rucksack auf den Boden gleiten. Das Gitter schien sich verhakt zu haben, denn er rüttelte daran, endlich schwang es ganz auf. Bevor ich den Aufzug verließ, ließ ich meinen Blick über die Umgebung schweifen.
Draußen vor dem Gebäude schien alles ruhig zu sein, ich konnte nichts Auffälliges entdecken. Der Van glänzte feucht, es hatte mal wieder geregnet, während wir im Loft waren. Jetzt glänzte sein alter Lack in der herbstlichen Sonne.
In der Nachbarschaft war auch alles ruhig. Gegenüber hatten die meisten Autos, die dort standen als wir kamen, das Gelände verlassen. Auch auf der Baustelle herrschte jetzt Ruhe. Automatisch sah ich auf meine Uhr, es war nach eins am Donnerstag, für Feierabend noch viel zu früh, wohl eher Mittagspause.
„ Komm, schnell zu deinem Van. Vulto wird gleich wieder da sein.“ Sandro hatte die schwere Eisentür vor dem Aufzug wieder mit einem dicken Vorhängeschloss gesichert und tauchte neben mir auf. Er legte seine Hand auf meinen Arm und zerrte mich mit entschlossener Miene zum Wagen.
Davon überrascht, fragte ich gar nicht erst, was los war, sondern zog gleich meine Waffe. Gleichzeitig schob ich ihn so, dass er zum Teil hinter
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