Wolf Shadow Bd. 2 - Magische Versuchung
kann, da Rule mich gleich beim Nacken packen wird und rausschmeißt. Um was geht es denn genau?“
Lily wand sich innerlich, brachte aber schließlich die Frage doch über die Lippen: „Warum ist der Glaube ein Schutz?“
„Woher soll ich das wissen?“ Er lächelte. „Kleiner Scherz. Dass Glaube ein Schutz ist, ist mir neu.“
„Nettie glaubt es. So wie auch das FBI.“
Seine Brauen schossen in die Höhe. „Ach ja? Interessant … vielleicht hatte Der Exorzist ja doch recht.“ Mit einem Grinsen wandte er sich an Rule. „Weißt du noch, als der Film rauskam? Die Leute haben alles für echt gehalten. Ein Haufen Idioten kam aus den Löchern gekrochen und hat behauptet, Experten zu sein. Himmel, ich erinnere mich an diesen Arsch bei Phil Donahue . Der sagte, er habe Dutzende Male exorziert. Dutzende!“ Er kicherte.
Lily schnaubte. „Willst du mich für dumm verkaufen, Cullen? Der Exorzist kam raus, bevor ich geboren wurde. Du und Rule, ihr wart vielleicht schon raus aus den Windeln, aber noch nicht sehr lange.“
Cullen warf Rule einen rätselhaften Blick zu. „Ah, jetzt hast du mich erwischt. Ich mache mich gern wichtig, aber das war wohl ein bisschen zu offensichtlich, was?“
Aber er hatte nicht versucht, sich wichtig zu machen. Leichthin hatte er Rule auf eine gemeinsame Erinnerung angesprochen. Was absurd war. Lily sagte sich, dass sie sich lächerlich machte, stellte aber trotzdem die Frage. „Wie alt seid ihr eigentlich?“
„Habe ich dich überzeugt, dass ich ein gut erhaltener Hundertjähriger bin?“ Cullen lächelte, als wolle er sie aufziehen. „Oder vielleicht eher sechzig oder siebzig Jahre alt. Dann müsste ich im Buch der Rekorde stehen. Ich bezweifle, dass es noch einen anderen Stripper in meinem Alter gibt.“
Rule unterbrach ihn mit ruhiger Stimme. „Lass das.“
Lilys Magen fuhr Achterbahn – als wenn sie so plötzlich gefallen wäre, dass die Schwerkraft nicht hatte mithalten können.
Cullen seufzte. „Da bin ich wohl ins Fettnäpfchen getreten.“
„Ich wollte es ihr sagen, habe es aber immer aufgeschoben, weil ich auf den richtigen Moment gewartet habe, was definitiv nicht jetzt ist. Aber ich werde sie nicht anlügen. Oder dich lügen lassen.“
Lily fand ihre Stimme wieder. „Lügen? Worüber?“
Er strich ihr übers Haar. „Es tut mir leid, nadia . Ich hätte es dir sagen sollen.“
Ihr was sagen sollen? Ganz sicher nicht das, was er ihr jetzt anscheinend weismachen wollte. Das wäre absurd. Sie sprang auf. „Du bist nicht hundert Jahre alt.“
Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen – jungen, festen Lippen. „Nein. Nicht ganz. Aber ich bin älter, als ich aussehe. Älter, als ich dich habe glauben lassen.“
Ihr Herz hämmerte. „Wie alt?“
„Vierundfünfzig. Cullen ist ein wenig älter.“
„Im Juni werde ich neunundfünfzig.“ Cullens Miene drückte deutlich sein Bedauern aus. „Ich hoffe, du hast bemerkt, dass ich dich nicht angelogen habe. Nicht richtig.“
Sie sah den großen, gut aussehenden jungen Mann an, der behauptete, älter als ihre Mutter zu sein, und schüttelte den Kopf. „Nein, das ist nicht möglich.“
Keiner von beiden antwortete. Cullen guckte reumütig. Rule hatte sein undurchdringliches Gesicht aufgesetzt.
Sie meinten es ernst. Sie begann auf und ab zu gehen. „Wie kommt es, dass ich nie davon gehört habe? Wie habt ihr es geschafft, alle anderen die ganze Zeit über zu täuschen?“ Wie hatte er sie nur täuschen können?
Rule erhob sich. Er bewegte sich so geschmeidig. Einfach unmöglich, dass er vierundfünfzig Jahre alt war. „Wir haben einige extreme Maßnahmen ergriffen, um es geheim zu halten. Bis vor drei Jahren war es noch in fünf Staaten legal, uns ohne Warnung niederzuschießen. Wie wäre es erst gewesen, wenn die Menschen gewusst hätten, dass wir doppelt so alt wie sie werden?“
Doppelt so alt?
Lilys Herz schlug zu schnell, zu heftig. Ihr Kopf fühlte sich an, als sei er mit Watte ausgestopft. Sie hatte gewusst, dass Rule älter war, als er aussah – ungefähr so alt wie sie. Achtundzwanzig. Sein selbstsicheres Auftreten ließ darauf schließen, dass er das Alter, in dem man zwischen Unsicherheit und Größenwahn schwankt, hinter sich gelassen hatte. Mitte dreißig, hatte sie das erste Mal, als sie ihn sah, geschätzt. „In deinem Führerschein steht, dass du fünfunddreißig bist.“
„So“, sagte Cullen und steuerte zur Tür. „Ich will mir nur ungern nachsagen lassen, ich sei unsensibel, und
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