Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen
Kinder oder über ihren eigenen Körper, und sie durften nicht heiraten. Laut Iselda war es das, was die Leidolf damit bezweckten. Die Ehe wurde von ihnen nicht einfach nur missbilligt, sie hielten die Institution für widernatürlich.“
„Deine Urgroßmutter ist gegangen. Und sie wurde nicht mit Gewalt zu ihren Besitzern zurückgebracht.“
„Nicht alle weiblichen Clanmitglieder wurden zu Sklaven, nur die, deren Abstammung so undurchsichtig war, dass man sie fälschen konnte. Die, die Brüder ungefähr in ihrem Alter hatten, waren normalerweise davor sicher, da man nicht riskieren konnte, dass auch die Männer unter Verdacht gerieten, afrikanisches Blut zu haben. Iselda hatte einen jüngeren Bruder. Victor Frey.“
„Ist das ein Familienname?“, fragte sie.
Rule sah sie nur an.
„Das kann aber nicht derselbe Mann sein. Es … er …“ Oh Gott. Rules Miene ließ keinen Zweifel daran, dass der Victor Frey, den sie gleich kennenlernen würde, tatsächlich der jüngere Bruder einer Frau war, die im Jahre 1848 gelebt hatte. Lily rechnete nach und rechnete noch einmal nach … und konnte es immer noch nicht glauben. „Du willst sagen, dass Victor Frey dein Uronkel ist und dass er …“
„Bald stolze hundertsechzig Jahre alt ist“, sagte Cullen fröhlich.
29
An diesem Tag trafen sie Victor Frey nicht mehr.
Das Clangut der Leidolf platzte aus allen Nähten. Das große Gebäude gegenüber von Freys Holzhaus, das aussah wie ein Schlafsaal, war voll besetzt, und aus dem Boden waren überall, außer auf dem Feld in der Mitte, Zelte gewachsen. Auch auf dem Clangut der Nokolai befand sich so ein Feld, das für wichtige Zeremonien genutzt wurde.
Dabei war nicht einmal der gesamte Clan anwesend. Obwohl die Leidolf vor allem in Virginia, West Virginia und North Carolina ansässig waren, lebten die Clanmitglieder auch in anderen Teilen des Landes. Und einige wohnten in Hotels in Harrisonburg, aber die Mehrzahl von denen, die an den morgigen Zeremonien teilnehmen würden, drängte sich auf dem Gelände des Clangutes.
Benedicts Pendant Alex begrüßte sie vor dem Haus. Er und Benedict starrten sich einen Moment lang an, nickten sich kurz zu, dann verschwand Alex im Haus. An seine Stelle trat eine Frau mittleren Alters in einem braunen Kleid – Sabra Ewings, Victors Tochter.
Sabra bat sie herein, teilte ihnen mit, dass ihr Wagen zu einem Parkplatz gefahren würde, sobald sie ihr Gepäck ausgeladen hätten, und entschuldigte sich, dass sie nur ein Zimmer für sie alle vier hatte. „Wir hatten nicht damit gerechnet, dass ihr so viele seid, und wegen der Gedenkfeier und der Beerdigung morgen haben wir kein Zimmer mehr frei.“ Sie rang sich ein bemühtes Lächeln ab. „Ich fürchte, Victor ist noch nicht so weit genesen, dass er sein Zimmer verlassen kann, aber er heißt euch willkommen.“
Lily fand, sie sollten auf der Stelle kehrtmachen und nach Harrisonburg fahren, um dort in ein Hotel zu gehen. Das aber wäre offenbar eine schwere Beleidigung. „Sie dürfen versuchen, deinen Vater zu töten, aber du darfst sie nicht beleidigen?“, fragte Lily trocken, als sie in ihrem beengten Zimmer unter sich waren.
Rule stellte ihren Koffer auf das Bett. „Von jetzt an sollten wir lieber davon ausgehen, dass alles, was wir sagen, mitgehört wird.“
Der Gehörsinn der Lupi. Na toll. Jetzt würden sie sogar schon unter vier Augen diplomatisch sein müssen. Wie schade, dass sie nicht so ein Gehör hatte. Sie könnten auch ihre Gastgeber beleidigen, indem sie subvokalisierten – mit der inneren Stimme sprechen, nannten sie es. Dabei sprachen sie, ohne die Lippen zu bewegen und so leise, dass nur ein Lupus in der Nähe sie hören konnte.
Sie war einmal in der Lage gewesen, es zu hören. Das Band der Gefährten hatte kurzzeitig die Grenze zwischen seinen Gaben und ihrer Gabe verwischt. Doch das hatte nicht lange gedauert, und es war auch nicht wieder passiert. Rule glaubte, dass es möglicherweise eine einmalige Sache gewesen war; das Band war ganz neu gewesen, und ein neues Band der Gefährten war mächtig.
Lily sah sich im Zimmer um. Auch optisch mangelte es ihnen an Privatsphäre. Vor dem einzigen Fenster hingen Spitzenvorhänge, und es hatte keine Läden. Das Bett war ein Himmelbett mit einem Chenille-Überwurf. Daneben stand eine kleine Kommode, aber kein Nachttisch. Trotz der spartanischen Einrichtung war auf dem Boden neben dem Bett kaum genügend Platz, um zwei Schlafsäcke auszurollen.
Wenn sie welche
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