Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen
seine Wangenknochen scharf hervortreten und zeichnete die Umrisse seines Mundes nach, aber seine Augen lagen im Schatten, sodass sie nur ein Schimmern in der Dunkelheit sah. Als Antwort schob er seine Hand in ihren Nacken und lächelte.
„Ich habe sie“, sagte Cynna plötzlich. „Ich habe sie geortet. Sie ist in ihrer wirklichen körperlichen Gestalt hier, sie reitet nicht einfach auf ihrem Dämon.“
„Und der Dämon?“, fragte Lily.
„Der ist hier irgendwo, aber …“ Sie schüttelte den Kopf. „Ich glaube, er ist dashtu und nicht allzu weit von Jiri entfernt, aber ich bin mir nicht sicher. Tut mir leid. Zwei magische Suchen auf einmal durchzuführen ist nicht so einfach.“
„Hör auf, dich zu entschuldigen“, sagte Cullen heftig. „Die meisten Finder können überhaupt keine zwei Suchen durchführen.“
Der Sex hatte anscheinend nicht dazu geführt, dass zwischen ihnen Liebe entstanden war. Zumindest keine Liebe der konventionellen Art. Aber schließlich waren sie beide auch nicht konventionell.
Sie gingen durch das Tor in den Park.
Sie diskutierten darüber, ob sie sich trennen sollten, entschieden dann aber, dass sie dazu zu wenige waren, vor allem weil es schwer war, sich unbemerkt an einen Dämon anzuschleichen. Als Wölfe hätten Rule oder Cullen es vielleicht geschafft, aber beide mussten in Menschengestalt bleiben. Rule musste sprechen können, falls Jiri einen Deal machen wollte, und Cullen konnte als Wolf kein Feuer werfen. Also blieben sie zusammen und behielten ihre Menschengestalt bei und gingen weiter.
Die Lampen am Weg, die wohl altmodischen Gaslaternen nachempfunden waren, gaben nicht genug Licht, aber doch so viel, dass es ihre Nachtsicht störte. Auf dem Kies und dem vom Frost brüchigen Laub hörte man jeden Schritt, und Lilys Atem stieg weiß in die Luft, als sie in den Lichtkegel der ersten Laterne traten. Über ihnen mühten sich ein paar Sterne, den Dunst der Stadt mit ihrem Funkeln zu durchdringen. Der Mond hing tief über den Bäumen im Osten, wie eine Kugel Orangeneis. Noch eine Woche bis Vollmond.
Der Weg bog vor einem Bach ab und führte dann daran entlang weiter. Dazwischen stand eine schmale Baumreihe. Lily hörte, wie das Wasser gegen das Ufer schlug und um die Felsen in seinem Bett strömte. Sie glaubte auch, ihren eigenen Herzschlag zu hören. Auf jeden Fall spürte sie ihn.
Sie hatte Angst.
Rule wusste das bestimmt, genauso wie Cullen. Sie konnten es beide an ihr riechen. Das passte ihr nicht, aber sie konnte nichts dagegen tun – wie so oft. Nicht dass sie sich ihrer Angst schämte. Angst war eine sehr vernünftige Reaktion, wenn man einem Dämon gegenübertrat. Sie akzeptierte das Gefühl, und damit war die Sache für sie erledigt. Viel schlimmer war die Angst, über die sie nicht sprechen konnte.
Was, wenn Jiri Tobys Leben gegen das Leben von Rule eintauschen wollte? Würde er darauf eingehen?
Würde sie versuchen, ihn davon abzuhalten?
Darüber kannst du dir Gedanken machen, wenn es so weit ist , sagte sie sich und ging so leise wie möglich weiter.
„Wachen voraus“, sagte Cullen leise.
Rule blieb stehen. „Was für welche?“, sagte er mit so leiser Stimme, dass sie fast nicht zu hören war.
„Keine, die uns aufhalten könnten, aber sie wird wissen, dass wir da sind. Ich kann sie ausschalten, ohne dass sie es merkt, aber das wird dauern.“
„Wie lange?“
„Zehn Minuten vielleicht.“
Damit hätten sie die Frist überschritten. Lily glaubte nicht, dass Jiri Toby wegen ein paar Minuten Verspätung töten würde. Er war zu wertvoll für sie. Aber das Risiko wollte sie trotzdem nicht eingehen.
Und Rule auch nicht. „Dann werden wir wohl klingeln, bevor wir reingehen.“ Er ging weiter.
Jetzt gaben sie sich keine Mühe mehr, leise zu sein. Der Weg entfernte sich ein Stück von dem Bach und führte um einen großen Felsvorsprung herum. Über ihnen bildeten die Baumkronen ein Dach, und der Wind rieb die Äste gegeneinander. Cynna sagte ruhig: „Sie ist direkt hinter den immergrünen Sträuchern, circa zehn Meter entfernt.“
Rule hob die Hand, und sie blieben im Schatten unter den Bäumen stehen. Er legte den Kopf in den Nacken. Lily verstand, dass er die Witterung suchte. Aber der Wind kam aus der falschen Richtung.
Nach einem Moment zuckte er die Achseln. „Wir können genauso gut unsere Verabredung einhalten.“ Er ging weiter.
Der Weg war der richtige gewesen. Er hatte sie direkt zu der steinernen Brücke geführt. Eine große
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