Wolf Shadow Bd. 3 - Dunkles Verlangen
Nacken gelegt. Er suchte nach Gerüchen in der Luft und lauschte. Er hatte sie alle den Weg zurückgeführt, damit sie über Jiris Forderungen sprechen konnten, weit genug entfernt, damit sie und ihr Dämon sie nicht hören konnten.
Die Luft war kühl und doch erfüllt von Gerüchen. Es war fast so, als wäre er in Wolfsgestalt, so scharf waren seine Sinne. Und das Gefühl von Macht, das er spürte … war ein bisschen berauschend. Indem er die Macht eines weiteren Thronfolgers in sich aufgenommen hatte, war seine eigene Macht nicht nur doppelt so groß geworden, sondern sogar dreimal so groß oder sogar noch größer.
Sein Geist wäre beinahe daran zerbrochen, als Victor versucht hatte, ihm die Macht aufzuzwingen. Selbst nachdem die Rhej einen großen Teil wieder in Victor zurückgedrängt hatte, hatte er noch eine Weile irgendwo in einem grauen Raum geschwebt, betäubt und verwirrt. Aber als die Macht der beiden Thronfolger erst einmal ihr Gleichgewicht gefunden hatte …
Doch auch jetzt waren die beiden Machtanteile nicht friedlich. In seinem Inneren rieben sie sich immer noch aneinander. Der Leidolf-Teil fühlte sich fremd an, so als wenn er morgens mit noch einer Hand an seinem Arm aufgewacht wäre. Trotzdem schienen die Mächte, anders als die beiden Clans, zu denen sie gehörten, nebeneinander bestehen zu können.
„Ich akzeptiere Jiris Forderungen“, sagte er unvermittelt, „es sei denn, jemand nennt mir einen guten Grund, es nicht zu tun.“
Lily schüttelte den Kopf. „Wir können nicht einfach jemanden töten.“ Ihre Kultur, ihre Ausbildung, ihr Beruf, alles in ihr sträubte sich dagegen, etwas Ungesetzliches zu tun.
„Ich glaube ihr. Ich denke, Cordoba beschwört Dämonen und arbeitet mit ihr zusammen, um mein Volk zu vernichten. Ich finde auch, dass wir uns erst sicher sein müssen, aber falls er tatsächlich schuldig ist, glaube ich nicht, dass er sich von dir verhaften lassen wird.“
„Sicher sind wir uns nur, wenn wir Beweise gesammelt und den Fall vor Gericht gebracht haben.“
„Und Toby?“ Er ließ ihr Zeit, zu antworten. Sie schwieg. „Ich werde dahin gehen, wohin Jiri mich schickt, aber nicht blindlings irgendetwas unternehmen.“
„Oder beißen oder schießen.“ Cullen gab sich betont großspurig. „Ich bin natürlich dabei. Aber Cynna bleibt hier.“
Eine Falte bildete sich zwischen Lilys Augenbrauen. „Hast du dich jetzt etwa in ein chauvinistisches Schwein verwandelt?“
Cullen antwortete nicht. Er beobachtete Cynna mit halb geschlossenen Augen.
„Vergiss es“, sagte Cynna. „Ich werde gebraucht, und ich bin nicht … schlag dir das aus dem Kopf.“
„Was soll er sich aus dem Kopf schlagen?“
„Ach, mein Gott.“ Cynna zog ungeduldig eine Schulter hoch. „Er hat es ja auch Rule gesagt. Dann kannst du es genauso gut wissen. Cullen hat beschlossen, dass er mich trotz moderner pharmazeutischer Produkte geschwängert hat.“
Lilys Kinnlade klappte herunter. Sie schloss den Mund und öffnete ihn dann wieder, um etwas zu sagen, aber Cynna kam ihr zuvor. „Ich weiß nicht, ob er das jeder Frau erzählt oder ob er gerade einen psychotischen Schub hat, aber …“
„Cynna.“ Lily unterbrach sie mit scharfer Stimme, redete dann aber sanfter weiter. „Sie wissen es. Lupi wissen es, wenn eine Frau, mit der sie geschlafen haben, schwanger wird.“
„Vielleicht manchmal. Dieses Mal irrt er sich.“
War sie auch schon so stur gewesen, als sie vor dreizehn Jahren eine Affäre gehabt hatten? Rule musste nicht lange nachdenken, um sich diese Frage zu beantworten: Ja, ganz genauso stur. Und manchmal auch genauso verbohrt. „Das können wir jetzt nicht diskutieren. Wenn Cynna mitkommen will …“
Cullen fuhr ihn an: „Verdammt noch mal, Rule!“
„Es ist ihre Entscheidung“, sagte er sanft. „Du weißt, dass es ihre Entscheidung sein muss.“
Cullen sah aus, würde er am liebsten etwas oder jemanden abfackeln. Aber er kannte das Gesetz des Clans, und es war notwendig, weil die Versuchung so groß war. Der Clan der Nokolai war der erste gewesen, der es zu einer Straftat erklärte, wenn ein Lupus eine Frau zwang, sein Kind auszutragen, aber die anderen Clans waren seinem Beispiel gefolgt. Er durfte versuchen, sie zu überzeugen, das war erlaubt. Aber die Frau hatte weiterhin die Freiheit, über ihr Leben zu entscheiden.
Cullen wandte sich ab und ging ein paar Schritte auf und ab. Er sagte nichts, aber Rule konnte sehen, dass er sich wieder unter Kontrolle
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