Wolf Shadow Bd. 4 - Finstere Begierde
die Zähne in die Kehle des Schneckenmannes. Blut sprudelte hoch, als sie zusammen auf dem Deck aufschlugen.
Sie war auf der Seite gelandet, einen Arm unter dem Oberkörper, mit dem anderen nach einer Stelle auf Deck suchend, die nicht von dem Schleim der toten Schnecke oder von Blut bedeckt war, um sich abzustützen. Etwas packte sie bei diesem Arm und drehte sie auf den Rücken. Eine dunkle Gestalt beugte sich über sie und streckte die schleimige Hand nach ihrem Gesicht aus. Blut rann aus einer klaffenden Wunde am Arm des Dings.
Auf einmal steckte ein Pfeil in seinem Hals – ein Schaft mit Federn an seinem Ende ragte vorne heraus, die Spitze hinten. Warmes Blut besprenkelte Cynnas Gesicht. Die Hand, die eben noch nach ihr gegriffen hatte, langte ins Leere, als wollte sie den Pfeil zurechtrücken. Cynna rutschte zurück, um Platz für den fallenden Körper zu machen.
Er landete auf ihrem linken Unterschenkel. Keuchend riss sie ihr Bein zurück.
Der Cullen-Wolf stand über dem, den er gerade zur Strecke gebracht hatte. Sein Fell war über und über mit Blut befleckt. Es tropfte von seinem Maul. Er fletschte die Zähne. Aus seiner Brust kam ein tiefes Grollen.
Das Töten war vorbei.
Nicht alle leblosen Körper, die Cynna auf Deck liegen sah, waren die der Schneckenmänner. Auch zwei Wachen waren darunter. Steve Timms machte einen Satz über eine der reglosen Gestalten und rannte auf sie zu. Tash stand ungefähr zehn Meter von ihr entfernt, einen Bogen in der Hand. Sie bellte Befehle, die die übrig gebliebenen Wachleute eilig ausführten: Hol Leder, um deine Hand zu schützen, Dummkopf , flüsterte Cynnas Talisman. Wirf die Körper über Bord. Hol Asche und Salz. Sieh nach, was mit den Tritonen passiert ist.
Cynna hörte nicht hin. Der riesige Wolf schüttelte noch einmal den Kopf und sah sie mit heraushängender Zunge an, als würde er grinsen. Dann brach er zusammen.
22
Er schwebte … Gedanken splitterten, lösten sich auf, glitten zurück ins Grau.
Ich hab dich.
Was?
„… fasst ihn nicht an!“
„Wo ist die Asche, verdammt?“
Etwas platschte.
„Cullen? Oh Gott … Nein, ihr könnt ihn nicht mitnehmen!“ Das war Cynnas Stimme. Er erkannte sie, hielt sich daran fest, durch den Nebel hindurch. „Lasst ihn los, oder ich …“
„Fass ihn nicht an.“ Auch diese Stimme kannte er. Tash. „Er ist mit ihrem Gift bedeckt.“
„Mein Mantel ist aus Leder. Ich bin geschützt.“
Berührte Cynna ihn? Warum spürte er dann nichts?
Wieder ein Platschen. Komisch. Er vermochte alles zu hören, was um ihn herum vor sich ging, konnte aber nichts sehen, nichts fühlen …
Ein Seufzer. „Du kannst ihm nicht helfen. Er ist tot.“
„Nein! Das kann nicht sein.“ Das war Cynna, die personifizierte Sturheit.
Aber sie hatte recht. Er war nicht tot. Er konnte sich nicht bewegen, nichts sehen, nichts riechen. Er spürte seinen Körper nicht mehr. Überhaupt nicht mehr. Er verstand nicht, was er war, aber tot war er nicht.
Wieder hörte er Tashs Stimme. „Sein Herz schlägt nicht.“
Mist. Das war kein gutes Zeichen.
Schritte. „Ich habe das Salz und die Asche, aber an ihn wäre es verschwendet.“
Cullen erkannte den Sprecher nicht, aber der Mann hatte in der gemeinsamen Sprache gesprochen. Das stellte er ganz nüchtern fest. Offenbar wirkte der Zauber noch, obwohl er streng genommen tot war.
Aber er fühlte sich gar nicht tot. Wo waren der Tunnel und das weiße Licht?
„Gib es mir. Asche neutralisiert das Gift, richtig? Ich muss es von ihm abbekommen …“
„Es ist zu spät, Cynna Weaver.“
Tash hatte vermutlich recht. Er machte keine Astralreise. Das hatte er schon zweimal gemacht, und es war ganz anders gewesen als das hier. Seine Astralform konnte sehen, konnte etwas erspüren … nicht auf dieselbe Weise wie sein Tastsinn, aber ähnlich. Nicht wie … wie dieses Nichts.
„Er wird heilen“, sagte Cynna stur. „Er kann es heilen. Ich muss nur das Gift abbekommen.“
„Die Selbstheilung wirkt nicht bei Gift“, sagte Tash wieder mit dieser sanften Stimme. „Nur bei Wunden. Deswegen sind die Obab so gefürchtet. Gegen ihr Gift gibt es kein Mittel. Es ist ein … ich kenne Euer Wort dafür nicht, aber es lähmt alles. Die Lungen hören auf zu arbeiten, das Herz hört auf zu schlagen.“
„Lupi heilen auch Vergiftungen. Er kann es. Verdammt, Cullen!“ Wut machte ihre Stimme scharf. „Du wirst heilen, hast du mich verstanden?“
Ich tue mein Bestes.
Tash sprach wieder.
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