Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen
an, dass etwas nicht stimmte.
Rule versicherte ihr, dass es ihm nichts ausmache. Und das stimmte auch. So bekam er die Gelegenheit, schnell noch einen doppelten Hamburger zu essen. Die Spinat-Tofu-Quiche, die sie für heute Abend plante, war sicher köstlich, aber Tofu war kein Fleisch.
Doch während der ganzen Zeit quälte ihn immer wieder die eine Frage. Konnte er um seines Sohnes willen seine Ehre aufgeben? Doch als er die Frage in Gedanken andersherum stellte, schien die Antwort eindeutig zu sein: Konnte er um seiner Ehre willen seinen Sohn aufgeben?
Nein, nein und nochmals nein. Aber so einfach war es nicht.
Er sehnte sich danach, mit Lily darüber zu sprechen. Aber er durfte es nicht. Er hatte es versprochen. Und vielleicht war es auch am besten so, denn die Ermittlungen nahmen sie schon genügend in Anspruch. Außerdem würde sie es nicht verstehen. Sie würde nicht begreifen, welche Konsequenzen es hatte, wenn er die Führung des Leidolf-Clans vollständig übernahm. Oder wenn er Toby zum Thronfolger dieses Clans machte.
Die Leidolf würden natürlich versuchen, Rule zu töten. Nicht sofort; sie würden erst aktiv werden, wenn Rule einen Thronfolger hatte oder wenn die Clanmacht verloren wäre und mit ihr der Clan. Ein paar Jahre lang würden die Leidolf alles tun, um ihren Rho zu schützen.
Doch das würde sich ändern, sobald er Toby zum Thronfolger bestimmte. Einige Leidolf würden ihn herausfordern; andere würden sich gar nicht die Mühe mit solchen Formalitäten machen und fordern, ihn sofort zu töten. Es war möglich, dass auch die anderen Clans ihn herausforderten, was die Nokolai in einen regelrechten Clankrieg hineinziehen würde.
Krieg war das Worst-Case-Szenario. Im besten Fall würde Rule lediglich ihr Vertrauen und seine Ehre verlieren. Die Leidolf, die anderen Clans, selbst sein eigener Clan – sie alle würden es für einen dreisten Griff nach der Macht halten. Damit konnte Rule leben. Mit Herausforderungen und Mordanschlägen. Aber die Vorstellung, dass einige der Leidolf es auf seinen Sohn abgesehen haben könnten … Oh ja, denn das könnte passieren. Es lag eine gewisse einfache Logik darin.
Wenn der Mann, der ihr Rho war, getötet wurde, würde die ganze Clanmacht der Leidolf auf einen Jungen übergehen, der nicht einmal alt genug war, den Wolf in sich zu kontrollieren. Einen Versuch würden sie möglicherweise machen und darauf zählen, dass sie Toby dazu zwingen konnten, die Macht an jemanden zu übertragen, der von ihnen ausgesucht wäre. Aber es war riskant. Niemand wusste, ob ein solch junger Lupus in der Lage sein würde, eine ganze Clanmacht zu übernehmen. Das hatte es noch nie gegeben.
Wenn aber der Junge getötet wurde, konnte man Rule dazu zwingen, einen Thronfolger aus den Reihen der Leidolf auszuwählen … Ja, manche würden das für den sichereren Weg halten. Die, die die Clanmacht unterschätzten – und Rule.
Cullen verstand, was auf dem Spiel stand. Und dennoch hatte er Rule gedrängt, es zu tun. »Du musst nur die Leidolf dazu bringen, ihre Meinung über dich zu ändern. Dafür hast du drei oder vier Jahre Zeit.«
Leidolfs Meinung über ihn zu ändern. Rule lächelte grimmig, schaltete seinen Computer aus und ging die Treppe hinunter. Oh ja, nach Jahrhunderten der Feindschaft zwischen Nokolai und Leidolf musste er sie nun nur davon überzeugen, dass der Thronfolger der Nokolai ihren Clan gut führen würde. Ein Kinderspiel.
Vorausgesetzt, sein Vater hatte nichts dagegen, dass er der Thronfolger der Nokolai blieb.
Aber darüber wollte er sich jetzt nicht den Kopf zerbrechen. Er hatte gelernt, keine Zeit und Energie damit zu vergeuden, vorhersehen zu wollen, wie Isen reagieren würde oder was er plante. Wenn Rule der Rho der Leidolf wurde, würde Isen möglicherweise entzückt sein, denn so hatte er es von Anfang an geplant. Vielleicht würde er Rules Anspruch auf den Thron widerrufen. Vielleicht würde er Rule aus dem Clan verstoßen.
Isen würde es tun, wenn er es für das Beste für den Clan hielt, und Rule würde seine Entscheidung akzeptieren.
Als Rule im Erdgeschoss ankam, staubsaugte Toby das Wohnzimmer. In der Küche wirbelte Louise. Als Rule eintrat, zog sie gerade die Auflaufform aus dem Ofen. »Das sieht ja gut aus«, sagte er. »Und es riecht wunderbar.«
»Danke. Ich habe noch nie mit Tofu gekocht. Im Rezept steht, man soll ihn entwässern, aber … sieht das so richtig aus?« Sie hatte den Tofu auf ein Schneidebrett platziert, auf das sie
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