Wolf Shadow Bd. 5 - Tödliche Versprechen
aber die anderen brauchen wir vielleicht als Zeugen. Ich übernehme die Beerdigungsinstitute und das Krankenhaus.«
Brown nickte düster. »Vergessen Sie nicht die Sanitäter. Krankenwagenfahrer. Cops.«
Er kapierte schnell. Diese Leute hatten genau wie Krankenhauspersonal und Bestatter Kontakt mit Sterbenden und Toten. »Sie haben recht.« Sie lächelte breit. »Vorsicht, Brown. Sonst fange ich noch an, Sie zu mögen.«
Er zeigte nur mäßige Begeisterung.
»Sie selber überprüfen keine Namen. Ich werde eine Pressekonferenz geben.«
»Scheiße. Sie wollen doch nicht etwa, dass ich –«
»Nein, ich spreche mit den Reportern. Mit den örtlichen nur, vor allem von Fernsehen und Radio. Ich werde darum bitten, dass jeder, der jemanden kannte, der am Tag der Wende gestorben ist, sich an das Büro des Sheriffs wendet und mit uns spricht. Sie werden die, die sich melden, vernehmen. Sie und Seabourne.«
Jetzt sah er ehrlich entsetzt aus. »Sie wollen, dass ich zusammen mit diesem … diesem –«
»Ja, das will ich. Sie nehmen Namen und Adressen auf, die Beziehung zu den Verstorbenen und fragen, wer noch im fraglichen Zeitraum anwesend war. Er sucht alle raus, die eine Gabe haben. Möglicherweise kann er auch erkennen, wer ein Medium ist.«
»Irgendwie fällt es mir schwer zu glauben, dass unser Täter einfach so hier hereinspazieren wird.«
»Wenn nicht, haben wir immer noch mehr Informationen als jetzt. Dann können wir ein paar auf unserer Liste streichen, weil sie keine Gabe haben.«
Er seufzte schwer. »Sie wollen sie unter Druck setzen, nicht wahr?«
»Ja. Ganz genau. Das scheucht sie vielleicht auf.« Sie lächelte ihn an. Sie fühlte sich, als stünde sie unter Strom. Jetzt endlich wusste sie, wo sie die Angel auswerfen musste. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sie sie einholen konnte.
Lily konnte sich nicht erinnern, schon einmal so frustriert gewesen zu sein wie während der nächsten zweieinhalb Tage. Der Höhepunkt war Samstagnachmittag, als sie ein Medium fand, das für eines der Begräbnisinstitute arbeitete. Sandy Kaufman frisierte den Toten die Haare, und sie war sehr, sehr blond – in jeder Hinsicht. In Lilys Augen war sie nicht gerade die hellste Birne im Kronleuchter – aber sie war ein sehr starkes Medium.
Leider hatte sie keinem der infrage kommenden Toten die Haare gemacht. Sie war zu diesem Zeitpunkt auf Hawaii gewesen und hatte sich am Strand geaalt, zusammen mit ihrem Freund, ihrer Mutter, dem Freund ihrer Mutter und der Mutter des Freundes ihrer Mutter.
Sonntag hörte Lily dann von Dr. Alderson. Den Ratten, an die sie das kontaminierte Fleisch verfüttert hatten, gehe es prima. Es sei kein Hirnschaden festzustellen.
Um halb fünf am Montag saß sie allein im Konferenzraum. In den letzten drei Tagen hatte sie jeden, der in den beiden Beerdigungsinstituten der Stadt und bis auf zwei, die im Urlaub und nicht in der Stadt waren, alle Rettungsassistenten, Sanitäter und Krankenwagenfahrer überprüft. Sie war bereits mit einem Drittel des Krankenhauspersonals durch, das Kontakt mit einem der Toten gehabt haben könnte.
Außerdem hatten sich zweiundsiebzig Personen infolge ihrer Pressekonferenz gemeldet. Cullen hatte vier Frauen herausgefunden, die eine Gabe hatten, von denen Lily drei würde überprüfen müssen. Die vierte hatte eine Feuergabe, sagte er.
Er musste es wissen , dachte sie.
Gut, dass sie so geduldig war. Das musste man auch sein, wenn man bei der Polizei arbeitete, deren Arbeit zu einem großen Teil aus Warten, falschen Spuren und Sackgassen bestand. Sie wussten nun von hunderteinundachtzig Gräbern, in denen sich eventuell die Überreste einer zerbrochenen Seele befanden. Aber sie hatten keine Erlaubnis, Salz auf diese Gräber zu streuen.
Richter waren nicht gerade dafür bekannt, auf Ratschläge von Geistern zu hören. Außerdem waren sie wenig scharf auf alles, was nach Grabentweihung aussah. Der Bundesstaatsanwalt, zu dem Lily Kontakt aufgenommen hatte, hatte den Fall an einen Assistenten abgegeben, der es wiederum nicht allzu eilig hatte. Lily konnte es ihm nicht übel nehmen, aber trotzdem hetzte sie ihm Rubens Sekretärin Ida auf den Hals. Ida bekam sie alle klein.
Jetzt las sie noch einmal die Berichte über Hodge und Meacham, während sie darauf wartete, dass das Telefon klingelte. Rule, Alicia, Toby und Louise würden mittlerweile im Richterzimmer sein, zusammen mit ihren Rechtsanwälten.
Lily hatte angeboten mitzukommen, trotz der Ermittlungen,
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