Wolf Shadow Bd. 7 - Verbotene Pfade
zu stellen … aber es war nichts passiert. Nada. Null. Was sie außerordentlich frustrierte. »Vielleicht wurde Friar nicht von der Oberschlampe persönlich kontaktiert. Vielleicht ist dieser geheimnisvolle Sidhe-Fürst gekommen und hat ihm ein Angebot gemacht, das er nicht ablehnen konnte. Sidhe-Fürsten können in unsere Welt passieren. Ich vermute, dass sie Friar auch mitnehmen könnten, wenn er es wollte.«
»Dann denkst du, dass dieser Sidhe-Fürst sich mit ihr zusammengetan und Friar zu ihr gebracht hat?«
»Möglich wär’s.« Heute Morgen war Lily sich nicht mehr so sicher gewesen, ob sie mit ihrer Argumentation recht hatte. Durfte man wirklich allein aus der Tatsache, dass Friars Gabe nicht auf das Clangut reichte, schließen, dass die Oberschlampe hinter allem steckte? Schließlich waren auch andere Erklärungen denkbar. Dass ihr keine einfielen, hieß nicht, dass es keine gab. Sie war ja auch nicht in der Lage, zu erklären, wie ein Farbfernseher funktionierte. Oder ihre eigene Gabe.
AN DER NÄCHSTEN KREUZUNG BITTE RECHTS ABBIEGEN , sagte eine mechanische Stimme.
»Glaubst du, es weiß, wovon es spricht?«, sagte Cynna und fuhr langsamer, als sie sich einem Stoppschild vor einer Kreuzung näherten, von der eine weitere kurvige Bergstraße abzweigte.
»Ja. Äh … kann ich dich etwas fragen?«
»Das heißt immer, dass anschließend eine persönliche Frage kommt. Aber na klar. Frag.«
»Es gibt doch eine mentale Komponente beim Zaubern, richtig?«
»Natürlich, das weißt du doch.«
»Ich habe mich nur gefragt … gibt es auch eine emotionale Komponente?«
Cynna bog ab und warf Lily einen Blick zu, den sie nicht deuten konnte. »Es ist unmöglich, das Mentale vom Emotionalen zu trennen. Deine Gefühle beeinflussen dein Denken. Dein Denken beeinflusst deine Gefühle. Es ist alles miteinander verbunden.«
»Wenn man Schuldgefühle hat, kann es sich also auf einen Zauber auswirken?«
»Vielleicht solltest du mir sagen, worauf du hinauswillst.«
Lily senkte den Blick und klappte ihren Laptop zu. »Ich … äh … habe letzte Nacht von Helen geträumt.«
»Die verrückte Telepathin, die versucht hat, ein Höllentor zu öffnen?«
»Ja.« Während der Ermittlungen, die schließlich zu Helen und den Azá und zu Lilys erster Begegnung sowohl mit Rule als auch der Oberschlampe geführt hatten, hatte Lily Cynna noch nicht gekannt, aber Cynna wusste das Wichtigste. »In der letzten Zeit träume ich öfter von ihr, meistens nach einer Sitzung mit Sam. Gestern Nacht wieder, nachdem ich mit Arjenie in Gedankensprache gesprochen hatte, und heute Morgen hat es wieder nicht geklappt.«
»Du fühlst dich schuldig, weil du Helen getötet hast.«
»Nein. Mir blieb keine andere Wahl – sonst hätte sie mich, Rule und noch viele mehr getötet und eine ganze Horde Dämonen in unsere Welt gelassen.« Lily bückte sich, um den Laptop auf den Boden zu stellen. Mit einer Hand war das gar nicht so leicht. Wie so vieles. Vor allem diese Unterhaltung. »Schon gut.«
»Hm. So kommst du mir nicht davon. Hör auf, so viel zu denken. Als du von Helen geträumt hast, was hast du da gefühlt?«
»Während ich träumte?« Lily dachte zurück an den Traum. »Wut. Ich wollte, dass sie stirbt. Sie wollte Rule töten. Seinen Bruder hatte sie schon umgebracht, und jetzt war sie kurz davor, das Gleiche mit ihm zu tun. Ich wollte sie davon abhalten.«
»In dem Traum hast du dich nicht schuldig gefühlt?«
»Nein.« Sie war wütend gewesen. Zum Töten bereit. Ob sie sich genauso gefühlt hatte, als sie Helen getötet hatte, wusste sie nicht mehr. Brachte der Traum sie dazu, einer Wahrheit ins Gesicht zu sehen, die ihr unangenehm war? Oder verzerrte er die Wahrheit und ersetzte die echte Erinnerung durch eine Traumversion?
»Wie war es, als du aufgewacht bist? Wie hast du dich da gefühlt?«
So wie sie sich immer fühlte, nachdem sie von Helen geträumt hatte. Erschöpft. Schmutzig. Schlecht. »Nicht gut. Nicht wütend. Eher … beschmutzt.«
»Na ja, Schuldgefühle können Blockierungen verursachen. Die meisten Empathen, die blockiert sind … es geht dabei nicht nur um Selbstschutz, sonst wären sie alle blockiert. Es sind die Schuldgefühle. Manche Begabte – vor allem die, die mit dem Glauben an einen zornigen Gott erzogen wurden – sind niemals in der Lage, einen Zauber zu wirken. Weil sie sich dann unrein fühlen. Dieses Gefühl blockiert sie.«
»Ich bin blockiert? Ich werde nie dazu in der Lage sein?«
»Nein, du
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