Wolf Shadow Bd. 8 - Tödlicher Zauber
Bewusstseins bringen und aus dem Schlaf reißen.
Deshalb bewegte er sich ganz vorsichtig. Er wollte nicht, dass sie fragte, was los war. Denn er hatte nicht vor, es ihr zu sagen. Deb wusste von den anderen Träumen, wenn er sah, wie Zerstörung und Verwüstung über das Land kamen. Von diesem hier brauchte sie nichts zu erfahren.
Als Ruben aufstand, spürte er keinerlei Schmerzen. Das erstaunte ihn immer noch. Nach Jahren, in denen er immer schwächer geworden war, jede Bewegung wehgetan hatte, konnte er jetzt ohne Probleme stehen und gehen. Sogar rennen, wenn auch nur kurze Distanzen und so tapsig, das mancher, der ihm dabei zusah, sicher darüber lachen musste.
Die ganze Zeit war es Metall gewesen, dass seinen Körper vergiftet hatte. Unglaublich.
Die meisten Familien hatten ihre kleinen Mythen, Geschichten, die von Generation zu Generation weitererzählt wurden und die einen wahren Kern hatten, wenn nicht gar mehr. Angeblich war irgendein unbekannter Vorfahre seiner Mutter ein Sidhe gewesen – ein Elfenfürst, der dann flugs wieder von der Bildfläche verschwand, erzählte man sich, nachdem er eine jüdische Jungfrau getroffen hatte, die gerade Wasser aus dem Familienbrunnen schöpfte, damals in der Alten Welt.
Im Wesentlichen stimmte die Geschichte sogar. Der Elfenfürst war vielleicht kein Fürst gewesen. Und die Jungfrau vielleicht nicht mehr ganz so jungfräulich. Und ob das Treffen an einem Brunnen oder ob es überhaupt in Europa stattgefunden hatte und nicht erst, nachdem seine Familie in dieses Land immigriert war, konnte auch nicht mehr festgestellt werden. Aber irgendwann hatte sich irgendwo ein Elf mit einer seiner Vorfahren vergnügt. Und deshalb hatte er Sidhe-Blut in seinen Adern.
Nicht genug, dass es ihm die wunderbaren Fähigkeiten der Sidhe verliehen hätte, aber genug, um sein Leben enorm zu verkomplizieren. Und es zu retten. Ohne diesen Tropfen Elfenblut hätte ihn der Trank, den man ihm letzten Monat verabreicht hatte, umgebracht.
Wie viele Familiengeschichten hatten auch die Volkssagen über die Sidhe und kaltes Eisen einen wahren Kern. Nicht alle Sidhe waren allergisch gegen Metall und die, die es waren, reagierten unterschiedlich stark darauf. Und auch nicht auf alle Metalle.
Jedenfalls war Eisen das am meisten verbreitete Allergen. Die Sagen hatten recht damit, doch Aluminium wurde nie in ihnen erwähnt … das Metall, aus dem der Rollstuhl war, in dem er so viel Zeit verbracht hatte. Und auf das er, wie sich herausstellte, noch empfindlicher reagierte als auf Eisen. Der Gnom und Heiler, der die Diagnose gestellt hatte, hatte ihn auf verschiedene Metalle hin getestet, und dabei war herausgekommen, dass er nicht nur Eisen und Aluminium, sondern auch Blech und Blei meiden musste, auch wenn diese nicht ganz so schädlich für ihn waren. Silber, Gold, Kupfer, Nickel und Zink waren kein Problem.
So kam es, dass er jetzt mit echtem Silberbesteck aß. Zudem hatten sie die Türgriffe im Haus ausgetauscht, Armaturen aus Messing – eine Legierung aus Kupfer und Zink – im Badezimmer eingebaut, und sie aßen überhaupt keine industriell verarbeiteten Lebensmittel mehr. Die Dosen waren nicht das Problem, aber er vertrug nichts in Stahl- oder Aluminiumtöpfen Gekochtes. Deborah hatte die Größe ihres Gemüsegartens verdoppelt und war auf Glastöpfe umgestiegen. Auf seinen Wagen konnte er leider nicht verzichten, aber sobald er das Haus verließ, trug Ruben Handschuhe. Und auch, wenn er den Computer benutzte. Deborah war mittlerweile besessen davon, herauszufinden, wann genau der Tropfen Sidheblut in seinen genetischen Fluss eingedrungen war.
Warum war ihr das so wichtig? Sie schien es selbst nicht einmal zu wissen. Vielleicht lag die Erklärung in ihrer eigenen Herkunft begründet: Altes Geld, alte Familie, ein angeborenes Interesse an den Ahnen … oder vielleicht wollte sie einfach das Gefühl haben, etwas unter Kontrolle zu haben. Was auch immer. Der vergangene Monat war sehr schwer für sie gewesen.
Ruben entfernte sich von seiner schlafenden Frau.
Ihr Schlafzimmer befand sich im hinteren Teil des Hauses. Ruben stand an einem der beiden hohen Fenster und blickte hinaus auf die weitläufige, sanft gewellte Rasenfläche mit den vielen Blumenbeeten und den raffiniert gesetzten Steinen, Bäumen und Sträuchern, die auf subtile Weise Füße und Augen lenkten. Im hinteren Teil und an der Ostseite ragten die Bäume des Waldes auf wie dunkle Wächter. Auf der Westseite schimmerte das
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