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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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gespürt, den der Rittmeister sogerne kriegen wollte, und wenn der Rittmeister nun heute abend noch käme … Er stand doch im Klee, aber jetzt geht er in Haases Serradella …«
    Weio sieht ihn aufmerksam an.
    Räder aber betrachtet ihn kalt und verächtlich. Er wartet in aller Ruhe, bis der Förster sich vollständig verhaspelt hat, dann sagt er mitleidslos: »Es ist wegen der U-ni-form, gnädiges Fräulein! Und ohne mich hätte er es der gnädigen Frau und nicht Ihnen gesagt …«
    »Pfui, Kniebusch!« schilt Violet. »Schämen Sie sich was! Immer petzen und hinter dem Rücken Geschichten erzählen …«
    Und nun muß der Förster, schon um sich ein bißchen zu entlasten, alles auskramen, von dem Bestellgang durchs Dorf bis zum Anruf aus der Kneipe. Dann berichtet er stockend, halblaut, maßlos verlegen von dem besoffenen Geschwätz des Negermeier. Er möchte um den Brei herumreden, aber das gelingt ihm nicht. Weio wie Räder sind unerbittliche Forscher: »Nein, da fehlt noch was, Kniebusch, sagen Sie alles! Ich werde bestimmt nicht rot.«
    Aber das wurde die fünfzehnjährige Weio doch. Sie stand an der Wand, sie hatte die Augen bis auf einen schmalen Spalt geschlossen, aber ihre Lippen zitterten, und sie atmete hastig.
    Doch sie gibt nicht nach, sie fragt unermüdlich weiter: »Los, Kniebusch, was hat er dann gesagt?«
    Und nun kam die Sache mit dem Brief.
    »Hat er alles vorgelesen? Was hat er vorgelesen? Sagen Sie jedes Wort, das er vorgelesen hat … So, und Sie Idiot haben geglaubt, ich hab ihm das geschrieben, ihm, diesem Kerl –?!«
    Nun kam die Erleuchtung unter dem Haaseschen Brettergiebel.
    »Was?! Sie haben den – Herrn gesehen, und Sie haben ihm nichts gesagt?! Nicht einmal einen Wink gegeben?! Von allen Schafsköpfen, Kniebusch, sind Sie der größte!«
    Der Förster steht verdattert und schuldbewußt vor ihr; jetzt sieht er auch ein: er hat alles ganz falsch gemacht.
    »Der Schulze war dabei«, ließ sich Räder vernehmen.
    »Richtig! Aber den Brief hätt er ihm doch zustecken können!«
    »Den Brief hat der Förster ja gar nicht gehabt!« (Wieder Räder.)
    »Ach ja, ich bin ganz durcheinander! Aber Meier hat ihn noch – sitzt vielleicht mit ihm im Krug, zeigt ihn andern … Sie müssen sofort los, Hubert!«
    »Der Meier ist doch längst wieder auf seinem Zimmer«, sagte Hubert unerschüttert. »Ich hab Ihnen doch selbst erzählt, daß er ganz betrunken nach sechs aus der Schenke heimgekommen ist. Aber ich schlage vor, die U-ni-form …«
    »Stimmt! Los, Hubert, sagen Sie ihm Bescheid. Sie finden ihn schon, sicher ist er noch bei Haase. Nein, erzählen Sie ihm gar nichts, sagen Sie ihm bloß, ich muß ihn sofort sprechen. Aber wo? Sagen Sie, an der alten Stelle … Aber wie kann ich hier weg? Mama läßt mich doch jetzt nicht mehr fort!«
    »Pssst! Die gnädige Frau!« warnt ganz unerschüttert Hubert Räder.
    »Nun, was ist denn hier für eine Verschwörung?« sagt Frau von Prackwitz und steht sehr erstaunt auf der Schwelle der Dienerkammer. »Ich such dich überall, Violet, und hier finde ich dich –!« Sie sieht von einem Gesicht zum andern. »Warum seht ihr denn alle so verlegen aus?« Mit schärferer Stimme: »Ich will wissen, was hier los ist! Wird’s bald, Weio?!«
    »Verzeihen, gnädige Frau, daß ich spreche«, läßt sich der Diener Räder vernehmen. »Es hat ja doch keinen Zweck mehr, gnädiges Fräulein, wir müssen es der gnädigen Frau sagen.«
    Atemlose Stille, verzweifelte Herzen.
    »Es ist, gnädige Frau, gradeheraus gesagt, wegen des Bocks!«
    Stille, Schweigen.
    »Wegen welchen Bockes?! Was ist das für ein Unsinn?! Weio, ich ersuche dich –!«
    »Doch wegen des Bocks im Klee, von dem der Herr Rittmeisterauch gesprochen hat«, sagt Räder. »Verzeihung, gnädige Frau, daß ich es gehört habe. Es war vorgestern beim Abendessen, ich servierte grade die Schleien.«
    Räders leidenschaftslose, immer leicht belehrende Stimme hüllt alles in einen grauen Nebel ein.
    »Und nun war der Bock doch plötzlich verschwunden, grade, als Herr Rittmeister auf den Ansitz ging, und Herr Rittmeister legte doch solchen Wert darauf, gnädige Frau haben es selber gehört …«
    »Ich habe noch immer nicht gehört, was das hier für eine Versammlung ist –!«
    »Und nun hat der Förster den Bock doch heute ausgemacht, gnädige Frau, in Haases Serradella, und heute abend muß er geschossen werden, weil er immerzu hin und her wechselt. Und da hatten wir gedacht, weil der Herr Rittmeister doch weg

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