Wolf unter Wölfen
an Kabale und Liebe, Belinde. Und dann diese Frauensperson, diese Eboli …«
»Richtig, Jutta. Die Männer sind alle so. Du ahnst nicht, welche Mühe ich mit Horst-Heinz gehabt habe …«
»Jawohl«, sagte die Kuckhoff. »Gut Schwein liebt seinen Schmutz. – Na, ich lese weiter.«
Gottlob folgte als nächstes das Gedicht von der rettenden Johanna Sebus. Das war zwar nun wieder edel, freilich blieb ganz unklar, warum der Dichter
Johanna
Sebus immer
Schön- Suschen
nannte.
»Er hätte doch Schön-Hannchen schreiben müssen, nicht wahr, Horst-Heinz?«
Denn der Geheimrat war eben eingetreten. Er sah vergnügt schmunzelnd den beiden Weiblein bei ihrem Werke zu.
»Hanne wird ihm zu gewöhnlich gewesen sein«, schlug der Geheimrat nach genauer Prüfung des Falles vor. Er ging, das Buch in der Hand, auf Socken und in Hemdsärmeln im Zimmer auf und ab.
»Aber wieso Suschen?«
»Ich denke mir, Belinde, Suschen ist eine Abkürzung von Sebuschen. Und, Sebuschen, weißt du, Belinde – was meinen Sie, Jutta?« Der Geheimrat war ernst, nur die Fältchen in seinen Augenwinkeln zuckten. »Busen – Buschen – Sebuschen – es klingt doch auch anstößig, wie –?«
»Kleb es zu, Jutta, kleb es zu! Wenn das Kind auf diese Gedanken käme!« rief Frau von Teschow aufgeregt. »Ach, es bleibt einfach nichts! – Horst-Heinz, du mußt auf der Stelle die Backs raussetzen!«
»Auf der Stelle gehe ich bloß ins Bett. Außerdem –«
»Ich gehe ja schon«, brummte die Kuckhoff. »Lassen Sie mich doch erst den Goethe einschließen!«
»– außerdem ist die Backs schon draußen. Ich hab sie vorhin im Park gesehen.«
»Du weißt ganz gut, was ich meine, Horst-Heinz!«
»Wenn ich weiß, was du meinst, brauchst du es mir ja nicht mehr zu sagen, Belinde.« Und mit einem drohenden Räuspern: »Fräulein von Kuckhoff, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß ich jetzt aus den Hosen steige!«
»Horst-Heinz! Laß ihr doch Zeit, sie muß mir doch erst gute Nacht sagen!«
»Ich gehe ja schon! Gute Nacht, Belinde, und mach dir bloß keine Gedanken mehr wegen der Andacht! Schlaf schön! – Liegen die Kissen richtig? Die Wärmflaschen …«
»Fräulein von Kuckhoff –!!! Jetzt kommen die Unterhosen, und dann steh ich im Hemde! Sie werden doch nicht einen Preußischen Geheimen Ökonomierat im Hemde …«
»Horst-Heinz!«
»Ich gehe sofort! Schlaf schön, Belinde, gute Nacht, und die Brausepulver …«
»Suschen – Buschen – Sebuschen –!« schrie der Geheimrat. Ihm war nur noch das Hemd verblieben. Aber er schreckte davor zurück, diese letzte Hülle fallen zu lassen … »Jeden Abend dasselbe Theater mit den beiden alten Hühnern! Oh, diese Weiber!« schrie er.
»Wünsche eine gute Nacht, Herr Geheimrat«, sagte Fräulein von Kuckhoff mit Würde. »Und er schuf Menschen zu seinem Ebenbilde – das ist lange her …«
»Jutta!« protestierte Frau von Teschow schwach gegen diese Verunglimpfung ihres Horst-Heinz, aber die Tür fiel hinter der Freundin ins Schloß, und nicht einen Augenblick zu früh.
»Was war denn mit der Abendandacht?« fragte der Geheimrat und tauchte in sein Nachthemd.
»Weiche mir nicht aus, Horst-Heinz, du mußt morgen die Backs entlassen!«
Das Bett seufzte gewaltig unter dem alten Herrn auf. »Es ist deine Geflügelmamsell und nicht meine«, sprach er. »Willst du eigentlich noch lange Licht brennen? Ich möchte schlafen.«
»Du weißt, daß ich Aufregungen nicht vertrage – und wenn dann solche Person frech wird … Du könntest mir gerne einmal den Gefallen tun, Horst-Heinz!«
»Ist sie in der Abendandacht frech geworden?« erkundigte sich der Geheimrat.
»Sie ist unsittlich«, sagte Frau von Teschow wütend. »Immer steigt sie zu dem Inspektor ins Fenster.«
»Ich glaube, heute abend auch«, sagte der Geheimrat. »Deine Andacht hat wohl noch nicht gewirkt, Belinde …«
»Sie muß eben weg. Sie ist unverbesserlich.«
»Und dann geht wieder das Theater mit deinem Geflügel los. Du weißt, wie es ist, Belinde. Noch keine hat so wenig Abgang bei den Kücken gehabt, und so viel Eier hat es auch noch nie gegeben. Und Futter braucht sie weniger als jede andere!«
»Weil sie mit dem Inspektor unter einer Decke steckt!«
»Richtig, sehr richtig, Belinde!«
»Sie kriegt eben viel mehr Futter, als sie anschreibt!«
»Das kann uns doch nur recht sein, es ist das Korn unseres Schwiegersohnes! – Nein, nein, Belinde, sie ist tüchtig und hat eine glückliche Hand. Ich würde ihr nicht kündigen. Was
Weitere Kostenlose Bücher