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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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gesehen, wie hübsch du eigentlich bist – immer hast du wie ein Stockfisch beim Spiel gesessen!« – Sie schmeichelte: »Komm, Liebling, setze einmal für mich! Du bringst mir Glück!«
    Pagel warf die Zigarette fort und beugte sich ganz nahe zu ihr. »Wenn du noch ein Wort zu mir sprichst, du verdammtes Hurenluder, schlage ich dir ein paar in die Fresse, daß du …«
    Er zitterte vor sinnloser Wut am ganzen Leibe. Ihre Augen waren ganz dicht bei den seinen. Sie waren auch braun – jetzt verschwammen sie in einer hingebenden Feuchte.
    »Hau los!« flüsterte sie hingegeben. »Aber setze einmal für mich, Süßer …«
    Er drehte sich mit einem Ruck um und ging rasch an den Spieltisch. Er faßte von Studmann am Ellbogen. Rasch atmend fragte er: »Gehen wir nun, oder gehen wir nicht?«
    »Ich kriege den Rittmeister nicht los!« flüsterte Studmann ebenso erregt zurück. »Sehen Sie bloß!«

9
    Höchst ungern hatte der Rittmeister von Prackwitz seinen ehemaligen Fahnenjunker auf seiner geheimnisvollen Reise durch das nächtliche Berlin begleitet, sehr widerwillig hatte er schon bei Lutter und Wegner seine Gesellschaft und das herausfordernde Geschwätz ertragen, kaum ihm die Beleidigung mit dem angebotenen Geld verziehen. Ganz unangebracht hatte er des Freundes Studmann Interesse für diesen recht verbummelten und schlaffen jungen Burschen gefunden, dessen reicher Geldbesitz zum mindesten fragwürdig erschien. Wenn jener kleine Zwischenfall mit dem apportierten Granatsplitter im Gefecht vor Tetelmünde Herrn von Studmann ein wenig lächerlich, aber bestimmt – und noch dazu bei einem so jungen Burschen – ziemlich heldenhaft erschien, so überwog für Herrn von Prackwitz das Lächerlichealles Heldische – und ein Charakter, der solcher Extravaganzen fähig war, konnte ihm nur verdächtig erscheinen.
    Der gute Rittmeister Joachim von Prackwitz – er fand nur die Extravaganzen anderer Leute verdächtig, über die eigenen dachte er vollkommen wohlwollend. Von dem Augenblick an, da er gehört hatte, es handele sich nicht um irgendwelche dreckigen, nackten Weibersachen – sein Horror! –, sondern bloß um ein Spielchen, besser noch gesagt, um Jeu –, in demselben Augenblick hatten die beiden Schupos mit ihren nägelbeschlagenen Schuhen alles Warnende verloren, das dunkle Haus hatte etwas Einladendes bekommen, der freche Spanner war von Humor umwittert gewesen, und Fahnenjunker Pagel war aus einem Verführer und zweifelhaften Früchtchen zu einem echten Kerl und welterfahrenen Burschen geworden.
    Als der Rittmeister nun gar auf dem kleinen bürgerlichen Vorplatz gestanden hatte, mit den viel zu voll gehängten Kleiderhaken, als der schnauzbärtige Herr hinter seinem Klapptischchen freundlich gefragt hatte: »Spielmarken gefällig, meine Herren?«, und als der Rittmeister nach einem raschen, orientierenden Blick dagegen gefragt hatte: »Altgedient, was? Wo?«, und der Schnauzbärtige mit Hackenzusammenschlagen geantwortet hatte. »Zu Befehl! Neunzehner Sächsischer Train – Leipzig«, da hatte sich der Rittmeister allerbester Laune und ganz zu Hause gefühlt.
    Kein Gedanke an das Verbotene solches Spiels hatte noch diese gute Laune getrübt; angeregt hatte er sich Verwendung und Wert der ihm neuartigen Spielmarken erklären lassen – zu seinen Zeiten hatte man nur gegen Bargeld oder allenfalls gegen Visitenkarten mit aufgeklierter Zahl gejeut. Wenn er überhaupt noch an seinen Fahnenjunker gedacht hätte, hätte er höchst wohlwollend sich seiner erinnert. Aber kein Gedanke an diesen jungen Menschen kreuzte noch sein Hirn.
    Dafür hatte er Spiel und Spielergesellschaft viel zu interessant gefunden. Mit Bedauern mußte er zwar feststellen, daß die Gesellschaft hier lange nicht so erstklassig war wiedie in einem Offizierskasino des Friedens. Da saß zum Beispiel ein dicker, rotgesichtiger Mann am Spieltisch, der unaufhörlich halblaut vor sich hin murmelte und mit dicken, edelsteingeschmückten Fingern Einsätze verteilte – wenn er dessen Specknacken mit vielen Falten betrachtete, konnte kein Zweifel obwalten, daß dies eine Art Bruder oder Vetter des Viehhändlers aus Frankfurt war, den er nie in sein Haus lassen mochte. Übrigens hatte ihn dieser Bruder auch ein paarmal reingelegt, der in Frankfurt natürlich. Feindlich blickte der Rittmeister auf den Dicken, hier also blieben die dem Grundbesitz zu Unrecht abgejagten Gewinne – und nicht einmal mit Anstand vermochte dieser Kerl zu verlieren! Deutlich war

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