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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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verhaftet?« fragt der Rittmeister neugierig, denn die Betrachtungen über Ereignisse interessieren ihn nicht so sehr wie die Ereignisse selbst.
    Aber von Studmann schüttelt mit dem Kopf, und Pagel schweigt.
    Der Rittmeister besinnt sich: »Verzeihen Sie, Pagel, das geht mich natürlich einen Dreck an. Aber wieso Sie gerade darum hier so vergnügt sitzen und grinsen, das versteh ich, offen gestanden, nicht. Die Sache ist doch höchst traurig …«
    »Ja«, sagt Pagel zustimmend. »Das ist sie. Komisch ist sie. Sehr komisch. Wenn ich das Geld nur vierundzwanzig Stunden früher gewonnen hätte, wär sie nicht verhaftet worden, und wir wären jetzt verheiratet. Wirklich sehr komisch …«
    »Ich würde nicht mehr darüber nachdenken, Pagel«, schlägt von Studmann vor. »Das ist ja nun alles Gott sei Dank ausgestanden und erledigt. In ein paar Stunden sitzen wir alle zusammen in der Bahn und fahren aufs Land …«
    Pagel schweigt, und auch der Rittmeister schweigt diesmal.
    Dann räuspert sich Prackwitz. »Geben Sie mir ’ne Zigarette, Pagel«, sagt er milde. »Mir ist so trocken im Hals. Nee, geben Sie mir lieber keine – ich bin Ihnen schon so viel schuldig …«
    Pagel faßt lachend in die Luft: »Das ist ja doch alles futsch …«
    Doch der Rittmeister protestiert: »Aber, Mensch, reden Sie doch nicht so was! Sie haben mir Geld geliehen! Wissen Sie überhaupt, wieviel Sie mir gegeben haben?«
    »Ist ja egal«, sagt Pagel. »Von dem Geld soll ich doch nichts haben, das hat sich ja nun gezeigt.«
    »Spielschulden sind Ehrenschulden, Herr Pagel!« erklärt der Rittmeister streng. »Ihr Geld bekommen Sie wieder, darauf verlassen Sie sich! Freilich, sofort wird’s nicht gehen, erst müssen wir die Ernte drin haben und mit Dreschen anfangen … Wie ist es, kommen Sie nun mit –?«
    »Ach, nur so, um auf das Geld zu warten …«, meint Pagel mißmutig. »Ich möchte jetzt endlich was Richtiges anfangen. Mir ist ja so blöd, ganz leer … wenn ich nur wüßte, was! Ja, wenn Sie richtige Arbeit für mich hätten, Herr Rittmeister –?«
    »Natürlich habe ich Arbeit für Sie, Mensch«, sagt der Rittmeister ganz aufgeregt. »Sie ahnen ja nicht, wie ich mich nach ein paar verläßlichen Menschen gesehnt habe –! Futter rausgeben und Leute löhnen und Deputat verteilen und nachts ab und zu mal ein Kontrollgang durch die Felder – Sie können sich ja nicht vorstellen, was bei mir alles geklaut wird! Wenn man sich darauf verlassen könnte, auf ein paar Menschen, daß man nicht immerzu von einer Stelle zur andern läuft, weil man ewig denkt, jetzt wirst du wieder betrogen …«
    »Und Wald und Felder«, setzt von Studmann hoffnungsvoll hinzu. »Bäume, Tiere – keine Halbwelt, keine Steinbaukästen mit runtergefallenen Fassaden, kein Kokain, kein Spielklub …«
    »Nein, das natürlich«, sagt der Rittmeister eifrig, »das müßten Sie mir in die Hand versprechen, Pagel, daß Sie nicht spielen, solange Sie bei mir sind. Das ist nämlich ganz unmöglich …« Er bricht ab und wird rot.
    »Na ja, natürlich«, sagt er dann ein wenig poltrig, »es geht auch ohne Versprechen. Ich kann Ihnen ja wirklich keins abnehmen. Also ja –?«
    »Ich komme jedenfalls morgen früh auf die Bahn und sage Ihnen Bescheid«, meint Pagel zögernd. »Acht Uhr, Schlesischer – so war es doch, nicht wahr –?«
    Prackwitz und Studmann sehen sich an. Wieder macht der Rittmeister eine ärgerliche, fast wütende Gebärde. Studmannaber fragt freundlich: »Ist denn Ihre Frage an das Schicksal noch immer nicht beantwortet, Pagel?« Und als Pagel schweigt: »Denn das Spiel war doch Ihre Frage, nicht wahr, Pagel?«
    »Ich habe aber gewonnen«, sagt Pagel trotzig.
    »Und sitzen ohne alles auf dem Alex!« lacht der Rittmeister spöttisch. »Seien Sie ein Mann, Pagel!« spricht er mahnend. »Ich finde dieses Schwanken gräßlich. Reißen Sie sich zusammen, Mensch, arbeiten Sie was! Hören Sie auf mit der Spielerei!«
    »Sie machen sich Sorgen um das Mädchen?« fragt Herr von Studmann sanft.
    »Ein wenig«, gibt Pagel zu. »Es ist wirklich so seltsam, daß ich hier nun auch auf dem Alex sitze …«
    »Also tun Sie, was Sie nicht lassen können!« ruft der Rittmeister zornig. »Kniefällig werde ich Sie nicht bitten, nach Neulohe zu kommen!«
    »Jedenfalls sehen wir uns um acht auf dem Bahnhof!« nickt von Studmann eilig, denn Geschrei ist laut geworden, ein Geschimpfe, es wird gerufen. Durch die offene Tür des Verhandlungszimmers kommt ein untersetzter

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