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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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endlose Liste, die ermüdende, tödliche Speisekarte von Verbrechen, Lastern, Vergehen, Übertretungen … Die Beamten nickten fast ein hinter ihren Maschinen, über ihren Protokollen … Dann plötzlich schrien sie los, bis ihnen die Stimme wieder völlig versagte … Und eine ununterbrochensteigende Flut von Lügen, Ausreden, Verdrehungen, Bemäntelungen, Denunziationen …
    (Und in der Reichsdruckerei, in fünfzig, in hundert Hilfsdruckereien rauschten die Papiergeldpressen, bereiteten den neuen Tag vor, die neue Fülle Geld, großmütig ausgeschüttet in betörendem Überfluß auf verhungerndes, verlumpendes Volk, dem alles Ehrgefühl, jeder Anstand Tag um Tag mehr abhanden kamen …)
    »Es ist zum Teufelholen!« schrie der Rittmeister von Prackwitz, sprang auf und raste zum zehntenmal durch den Raum. Daß er dabei einem halben Dutzend anderer, sich ebenfalls peripatetisch Betätigender ausweichen mußte, verbesserte seine Stimmung keineswegs. Schnaufend blieb er vor seinem Oberleutnant stehen. »Wie lange, denkst du eigentlich, daß wir hier noch warten müssen –?! Bis die Herren geruhen, was?! Es ist unerhört, mich zu verhaften …«
    »Ruhe! Nur Ruhe!« bat von Studmann. »Übrigens glaube ich gar nicht, daß wir verhaftet sind.«
    »Natürlich sind wir verhaftet!« schrie der Rittmeister noch zorniger. »Die Fenster sind vergittert, und die Türen sind verschlossen das nennst du nicht verhaftet –?! Lächerlich! Dann möchte ich mal wissen, wie bei dir eine Verhaftung ausschaut, ja bitte –?!!«
    »Ruhe, Prackwitz!« bat von Studmann noch einmal. »Deine Aufregung bessert nichts.«
    »Ruhe, natürlich Ruhe«, sagte Prackwitz plötzlich verdrossen. »Du hast gut reden – du hast keine Familie, du hast keinen Schwiegervater. Ich möchte mal sehen, wie ruhig du wärest, wenn du den Geheimen Ökonomierat Horst-Heinz von Teschow zum Schwiegervater hättest!«
    »Er wird ja nichts erfahren«, tröstete der Oberleutnant. »Ich sage dir, wir brauchen uns nur auszuweisen, und schon läßt man uns gehen. Es erfolgt nichts.«
    »Warum läßt man mich dann nicht?! Hier habe ich meine Papiere – hier habe ich sie in der Hand! Ich muß weg, mein Zug geht, ich habe einen Leutetransport! – Sie, hören Siemal, Sie! Herr Sowieso!« stürzte er sich auf den Schreiber, der gerade aus dem Nebenzimmer auftauchte. »Ich verlange, daß ich auf der Stelle vorgelassen werde. Erst wird mir all mein Geld abgenommen …«
    »Nachher, nachher«, sagte der Schreiber gleichgültig. »Beruhigen Sie sich erst ein bißchen. Kommen Sie jetzt mal!« Und er winkte einem Dicken.
    »Ich soll mich erst beruhigen«, sagte von Prackwitz aufgeregt zu Studmann. »Das ist doch einfach lächerlich! Wie soll ich mich bei dieser Art Betrieb beruhigen können?!«
    »Nein, wirklich, Prackwitz«, sagte von Studmann ernsthaft. »Nimm dich zusammen. Wenn du weiter so tobst, werden wir als die letzten drankommen. Und dann bitte ich dich noch um eins: schrei die Beamten nicht an …«
    »Warum soll ich die denn nicht anschreien –?! Kräftig werd ich die anhauchen! Mich hier seit Stunden festzuhalten –!«
    »Seit einer halben Stunde.«
    »Übrigens sind die das Anbrüllen gewöhnt. Das sind alles alte Unteroffiziere und Wachtmeister – das sieht man doch.«
    »Aber du bist hier nicht als ihr Vorgesetzter, Prackwitz. Sie können nichts dafür, daß du beim Glücksspiel erwischt bist.«
    »Nein, die nicht. Aber sieh dir bitte den Pagel an, diesen Lebejüngling! Sitzt da, als ginge ihn der ganze Dreck nichts an, schmökt und grinst wie so ’n Buddha. – Warum grinsen Sie denn so, Pagel –?«
    »Ich denk gerade darüber nach«, sagte Pagel lächelnd, »wie verrückt heute alles gekommen ist. Seit einem Jahr strample ich nach einem bißchen Geld – heute kriege ich es, Massen und Massen, schwapp! wird’s beschlagnahmt, und weg ist es –!«
    »Und darüber lachen Sie noch –? Na, Sie haben einen Geschmack für das Lächerliche, Pagel …«
    »Und dann noch eins«, fuhr Pagel unbeirrt fort. »Heute mittag wollte ich heiraten …«
    »Sehen Sie, Pagel«, sagte der Rittmeister triumphierend und ist plötzlich glänzender Laune, »das habe ich Ihnen doch gleich bei Lutter und Wegner angesehen, daß Sie Kummer wegen Weibergeschichten haben …«
    »Ja«, sagte Pagel. »Und heute abend hörte ich, daß meine Zukünftige wegen irgendwas verhaftet ist und daß man sie auf den Alex gebracht hat … Und nun sitze ich auch hier …«
    »Wegen was denn

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