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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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sagte der Schulze. »Darüber muß ich wohl erst mal schlafen.«
    »Ich glaube, ich habe so was gelesen«, bohrte der Geheimrat, »daß man Devisen abliefern muß. An die Bank. Aber es braucht nicht zu stimmen.«
    »Tja, Herr Geheimrat, wenn ich es auf der Bank abliefere, kriege ich einen Klumpatsch Geld dafür, und wenn die alte Leegen die andere Woche ein Päckchen Kaffee haben will, muß ich ihr sagen: Ist schon wieder alle, Leegen.«
    »Das ist schlecht für die alte Frau, Haase.«
    »Tjaa, Herr Geheimrat, die tut mir auch wahrlich leid.«
    »Aber es wird wohl nicht anders gehen, wenn die Bestimmung so ist.«
    »Sie muß ja nicht so sein – Herr Geheimrat kann sich ja verlesen haben.«
    »Das kann ich natürlich. Es steht so viel in den Zeitungen.«
    »Das tut es – man wird ganz wirr, wenn man bloß reinschaut.«
    Die beiden gehen bedachtsam weiter, der lange dürre Schulze mit seinem tausendfältig zerknitterten Gesicht und der untersetzte dicke Geheimrat mit dem grellroten Gesicht – aber seine Falten hat es auch.
    »Es ist auch«, fängt der Schulze wieder an, »daß eilige Erntezeit ist, wer kann da nach Frankfurt auf die Bank und Geld einwechseln? Und ich muß dem Dachdecker was geben und das Deckstroh bezahlen und die Zicke – das kann ich doch nicht mit Dollars. Einmal gibt’s Gerede, und dann darf ich’s ja auch gar nicht.«
    »Da muß eben ein anderer solange das Geld umwechseln, bis Zeit zum Abliefern ist«, meint der Geheimrat.
    »Tjaa« – antwortet der Schulze nachdenklich. »Das denk ich schon die ganze Zeit. Nur, wer hat denn in der Ernte soviel Geld liegen?«
    »Ich glaub, ich hab noch was im Geldschrank. Ich will mal nachsehen, Haase, ich gebe Ihnen heute abend Bescheid.«
    »Ich habe ja gestern gedroschen«, sagt der Schulze und bohrt seinerseits, »und ich denke, ich fahre es morgen fort. Nur, es ist, Herr Geheimrat, weil ich das Geld übermorgen Ihrem Förster geben muß …«
    Der Geheimrat schweigt mucksstill.
    »Wenn der Förster vielleicht ein paar Tage warten würde? Vielleicht kommt ein Regentag, daß man noch mal dreschen kann.«
    »Das versteh ich nicht«, sagt der Geheimrat, »entschuldigen Sie, Haase, ich bin ja wohl doof auf beiden Ohren, aber das verstehe ich nicht. Das ist doch wohl wegen der Hypothek von Kniebusch über zehntausend Friedensmark?«
    Der Schulze biß sich auf die Lippen. Dann sagte er mürrisch: »Das verstehe ich auch nicht, Herr Geheimrat, aber Ihr Kniebusch ist ein alter Hund, der hat mich reingelegt, und ich kann ihm die Hypothek jetzt nicht kündigen, und vierzig Zentner Roggen im Jahr muß ich ihm Zinsen geben, und dafür geht das Korn morgen weg …«
    »Kinder, Kinder!« grinste der alte Herr, hocherfreut, daß wieder mal einer hereingefallen war (denn vor nichts im Leben hatte er eine so unbegrenzte Hochachtung wie vor dem Reinlegen und Anschmieren und tüchtig Übers-Ohr-Hauen!). »Kinder, Kinder, ihr macht Sachen … Nun verstehe ich auch, warum der Herr Richter in Frankfurt so schlecht auf den Kniebusch zu sprechen ist …«
    »Ich habe«, rief der Schulze hitzig, »nur geschrieben, was recht ist …«
    »Natürlich, Schulze, wie denn sonst –?« sagte der alte Geheimrat sehr vergnügt. »Immer nach Recht und Ordnung und Gesetz! Aber darüber reden wir beide heute abend noch. Denn ich besuche Sie – ich bring Ihnen das Geld, daß Sie die Dollars umwechseln können, denn Ihr Roggengeld wird nicht reichen für alles. Ich helfe Ihnen gerne, Schulze. Und wenn ich mal nach Frankfurt komme, dann liefere ichmeine Dollars ab, und wenn Sie hinkommen, liefern Sie Ihre ab – die Herren in Berlin werden ja Warten gelernt haben. Und der Förster Kniebusch hat auch Warten gelernt, dafür sorge ich, da stehe ich Ihnen für ein. Ist doch ein schlauer Hund, der alte Kniebusch; einen Bauern einzuseifen, hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Na, Sie werden’s mir heute abend erzählen, Schulze …«
    »Der Dollar steht jetzt auf einer Million und hunderttausend Mark – so wechseln wir doch ein?« fragte der Schulze nachdenklich.
    »Na, natürlich«, sagte der Geheimrat. »Wie denn sonst?«
    »Und wenn er nun morgen höher kommt? Dann sitze ich mit dem ganzen Haufen Geld da und kann ihr nichts mehr kaufen!«
    »Na, etwas werden Sie ja ’ne Weile doch kaufen können, und überhaupt, kaufen Sie ein bißchen Vorrat. Wenn’s dann alle ist, ist es alle. Wenn ein anderer gekommen wäre und hätte die Bilderchen an der Wand gesehen, hätte sie gar nichts gekriegt.

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