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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Zuchtgänse! Papas Lieblingsganter Attila! Eben ist er gestorben …«
    »Aber es sind doch nur Gänse! Es wird sich einrenken lassen … Schadenersatz …«
    »Das verzeihen ihm meine Eltern nie!« weint sie. Und zornig: »Und es war auch häßlich von ihm! Es war ihm gar nicht um das bißchen Wicken! Er wollte meine Eltern verletzen …«
    Oberleutnant von Studmann sieht sich fragend um, aber die ernsten Gesichter des alten Dieners, des jungen Mädchens sagen ihm: hier ist mehr zerschossen als eine Gänsebrust!
    Die Treppe aus dem Kellergeschoß kommt sachte auf Gummisohlen der Diener Hubert Räder herauf. Er stellt sich neben die Treppe, in achtsamer Haltung; sein graues, faltiges Gesicht sieht teilnahmslos, doch dienstbereit aus. Keinen Blick wirft er auf die weinende Frau oder aus dem Fenster auf die Opfer des Mordes. Aber er ist da; falls er gebraucht werden sollte, ist er bereit und da.
    »Was soll ich nur tun?! Oh, was soll ich nur tun?!« weint Frau von Prackwitz. »Was ich auch tue, ihnen ist es nicht recht, und ihm ist es auch nicht recht …«
    Aus seiner Stube fährt wie der Teufel aus der Springschachtel der Rittmeister. Nun ist sein Gesicht nicht mehr weiß, sondern rotfleckig, wodurch der Übergang aus wortlosem Grimm zu schimpfseligem Zorn deutlich wird.
    »Habe dich bloß nicht so!« schreit er seine Frau an. »Wegen ein paar lächerlicher Gänse plärrst du vor der ganzen Dienerschaft. Ich …«
    »Ich bitte dich dringend«, ruft Studmann erzürnt, »deineFrau nicht anzuschreien!« Als Lehrer gibt er einen Lehrsatz hintennach: »Man schreit seine Frau nicht an.«
    »Das ist ja reizend!« sagt der Rittmeister empört und sieht sich protestierend in der Runde um. »Habe ich nicht hundertmal darum gebeten, gefleht, protestiert: macht euern Zaun dicht, haltet die Gänse in Verwahrung, laßt sie nicht auf meine Wicken! Habe ich nicht dreihundertmal gewarnt: es passiert was, wenn ich sie noch mal in den Wicken sehe?! Und wo nun etwas passiert ist, weint meine Frau, als ginge die Welt unter, und mein Freund schreit mich an! Es ist wirklich ganz reizend!«
    Und der Rittmeister warf sich empört in einen Dielensessel, daß es krachte. Mit langen zitternden Fingern zog er an den Bügelfalten seiner Hose herum.
    »Ach, Achim!« klagte seine Frau. »Du hast uns die Pachtung zerschossen! Das verzeiht dir Papa nie!«
    Gleich fuhr der Rittmeister wieder heraus aus seinem Sessel. Er hatte eine Erleuchtung: »Glaubst du etwa, daß die Gänse zufällig in die Wicken gegangen sind, nach alldem, was heute geschehen ist –?! Nein, die sind dort hingebracht worden. Man hat mich reizen und herausfordern wollen. Gut – habe ich also geschossen!«
    »Aber, Achim, das kannst du doch nie beweisen!«
    »Wenn ich im Recht bin, brauche ich das nicht zu beweisen …«
    »Der Schwächere hat immer unrecht …«, fing Studmann weise an …
    »Das wollen wir einmal sehen, ob ich der Schwächere bin!« schrie der Rittmeister, durch den weisen Satz frisch erzürnt. »Ich lasse mich nicht verhöhnen! Elias, gehen Sie sofort in die Wicken, nehmen Sie die toten Gänse, bringen Sie sie meiner Schwiegermutter, bestellen Sie ihr von mir …«
    »Herr Rittmeister«, sagte der alte Diener, »ich war hier mit einem Auftrag meiner gnädigen Frau. Halten zu Gnaden, Herr Rittmeister, ich bin im Schloß beschäftigt …«
    »Sie werden tun, was ich sage, Elias!« sprach der Rittmeistermit starker Stimme. »Sie nehmen die toten Gänse und sagen meiner Schwiegermutter …«
    »Ich werde es nicht tun, Herr Rittmeister. Ich könnte es auch gar nicht, wenn ich es selbst wollte. Fünf oder sechs Gänse sind zuviel für mich alten Mann. Der Attel wiegt allein einen viertel Zentner.«
    »Der Hubert soll Ihnen halfen! Hubert, Sie nehmen also die toten Gänse …«
    »Guten Tag, gnädige Frau. Guten Tag, Herr Rittmeister.« Der Diener Elias ging.
    »Trottel! … und bestellen meiner Schwiegermutter einen schönen Gruß von mir, aber wer nicht hören will, muß fühlen.«
    »Einen schönen Gruß vom Herrn Rittmeister, aber wer nicht hören will, muß fühlen«, wiederholte der Diener Räder, die fischigen Augen ausdruckslos auf seinen Herrn geheftet.
    »Richtig!« sprach der Rittmeister sanfter. »Nehmen Sie sich meinethalben eine Karre, holen Sie sich einen Mann vom Hof zur Hilfe …«
    »Jawohl, Herr Rittmeister.« Hubert ging zur Tür.
    »Hubert!«
    Der Diener blieb stehen. Er heftete den Blick auf seine Herrin: »Bitte, gnädige Frau?«
    »Sie werden

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