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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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Wieso?«
    Flüsternd sagt Pagel: »Mir kommt es vor, als ob er sich nur verstellt und nicht schläft.«
    Der Blick, mit dem Herr von Studmann Pagel ansieht, ist voller Mißtrauen. »Hören Sie, Pagel, haben Sie sich etwa mit der gnädigen Frau verabredet? Ich verstehe das nicht!«
    »Verabredet – wieso?«
    »Weil mich nämlich Frau von Prackwitz mindestens zehnmal gefragt hat, ob ich glaube, das Fräulein schläft wirklich! Sie habe den Eindruck, das Mädchen sei längst wach und verstelle sich bloß … Genauso wie Sie jetzt …«
    Die beiden sehen sich einen Augenblick fest an.
    »Also gehen wir hinunter, Studmann«, lächelt Pagel plötzlich, mit all seiner liebenswürdigen Frische. »Sie sind übermüdet, und ich kann mir vorstellen, daß Sie schlechten Dank für Ihre große Mühe geerntet haben.«
    Das Gesicht des andern bewegt sich nicht, aber darum schiebt Pagel seinen Arm doch unter den von Studmanns.
    »Kommen Sie, Studmann, ich lasse Sie jetzt hinaus. Sie müssen wirklich ins Bett.«
    Er geht mit dem andern langsam die Treppe hinunter.
    »Ich versichere Ihnen, es ist reiner Zufall, daß die gnädige Frau und ich die gleiche Frage an Sie gestellt haben. Mein Ehrenwort, Studmann … Es ist eine komische Atmosphäre hier im Haus … Die Tochter ist ein bißchen krank, Töchter sind eben mal krank; und der Vater hat einen Schluck zuviel getan, nun, auch das sollen Väter manchmal tun. – Also nichts Außergewöhnliches, aber es ist eine Atmosphäre hier, als hätten alle dunklen Schicksalsgötter das Haus befallen …«
    »Verstehen Sie das denn, Pagel?« ruft Studmann plötzlich lebhaft. Er steht auf der Diele, dem jungen Pagel gegenüber, er ist jetzt nicht mehr verärgert, nur noch hilflos. »Ich werde überschwenglich empfangen, aber um das, was ich geleistet habe, und es war wirklich schwierig, kümmert man sich gar nicht. Ich frage, was eigentlich los ist, ich erfahre die Situation,ich sehe nichts Beängstigendes. Ich sage ein paar beruhigende Worte und werde kühl zurückgewiesen. Ich sei verständnislos … Verstehen Sie denn das? Wissen Sie etwas –?«
    »Ich verstehe nichts, und ich weiß nichts«, sagt Pagel lächelnd. »Da es die gnädige Frau zu beruhigen scheint, sitze ich neben dem Bett des Rittmeisters und versuche, nicht einzuschlafen. Das ist alles.«
    Herr von Studmann sieht ihn ernst an, aber das Auge des jungen Pagel ist lächelnd und ohne Arg. »Also dann gute Nacht, Pagel«, sagt Herr von Studmann. »Vielleicht klärt sich alles morgen früh …«
    »Gute Nacht, Studmann«, antwortet Pagel mechanisch. Er weiß, er wollte noch etwas sagen, er sieht dem in die Nacht Hineingehenden, der schwer an seinem Handkoffer trägt, gedankenvoll nach. Plötzlich hat er es. »Herr von Studmann, einen Augenblick noch, bitte!« ruft er.
    »Ja?« fragt Herr von Studmann und dreht sich noch einmal um.
    Die beiden Herren gehen einander entgegen, etwa zehn Schritte von der Haustür treffen sie sich.
    »Was ist noch?« fragt Herr von Studmann etwas ärgerlich.
    »Ja, was mir eben noch einfiel …«, antwortet Pagel gedankenverloren. »Sagen Sie, Herr von Studmann: Sind Sie sehr müde? Müssen Sie sofort ins Bett –?«
    »Wenn ich Ihnen noch einen Gefallen tun kann –«, sagt Studmann, sofort wieder hilfsbereit.
    »Ich muß immerzu daran denken, was Sie vorhin erzählt haben, als Sie ankamen. Sie erinnern sich doch: das Schloß dunkel, aber voller Trara, so sagten Sie doch, nicht wahr?«
    Pagel macht eine kleine Pause, dann setzt er hinzu: »Sie wissen doch, daß Geheimrats verreist sind –?«
    »Richtig!« ruft Herr von Studmann überrascht aus. »Daran hatte ich gar nicht gedacht.«
    »Es wird ja nichts Besonderes sein«, meint Pagel beruhigend. »Irgendein kleines Fest der Dienstboten; der alte Elias wird schon dafür sorgen, daß es nicht zu schlimm wird …Aber ich würde mich doch einmal überzeugen, Studmann, natürlich nur, falls Sie nicht zu müde sind …«
    »I wo, keine Spur!« erklärt Studmann fast begeistert, froh, daß er eine Aufgabe vor sich sieht. »Ich muß natürlich erst das Geld im Geldschrank verwahren …«
    »Ich würde nicht unten klingeln«, schlägt Pagel nachdenklich vor. »Ich würde auch nicht rufen. Ich habe darüber nachgedacht, Studmann«, sagt Pagel und erkennt verwundert, daß er wirklich darüber nachgedacht hat, ohne es zu wissen. »Vor Ihrem Fenster ist doch das Teerpappendach, und von dem Teerpappendach können Sie ohne Schwierigkeiten auf die Veranda des

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