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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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macht: »Ich habe gehört, da ist so eine Weiberklatscherei im Gange. DieFrauen sind nun mal komisch; werde ich Ihnen wenigstens das abnehmen.« Er lächelt. »Freilich, wenn es gut ausgegangen ist mit dem Herrn Rittmeister, habe nachher ich den Ruhm davon …«
    »Ich kann mir schon denken, was wieder los ist!« sagt Pagel ärgerlich. »Aber die soll mir nur kommen!«
    »Kümmern Sie sich nicht darum, Herr Pagel«, tröstet ihn der Pfleger. »Eiterbeulen muß man erst aufstechen, wenn sie reif sind. Also vorläufig gute Nacht.«
    »Gute Nacht«, sagt Pagel und macht sich wieder einmal auf den Weg zum Beamtenhaus.
    Es ist schon nach acht, Amanda wird schön mit ihrem Abendessen warten. Endlose Geschäftspost ist zu erledigen, an die Mutter möchte er auch schreiben, der Arzt kommt, er muß zum Förster, nach dem Fohlen muß er auch noch mal sehen – aber am liebsten ginge er sofort ins Bett –, und ein Klatsch ist auch im Gange!
    Gib Ruhe, liebe Seele, gib Ruhe!
    Ja, wenn die andern nur Ruhe gäben …

8
    Jetzt ist es nach zehn Uhr abends, Pagel sitzt vor seinen Lohnbüchern, Krankenkassenbeiträge müssen errechnet, Lohnsteuermarken geklebt werden, und irgendwie muß das Kassenbuch zur Übereinstimmung mit der Kasse gebracht werden.
    All dies sind für einen müden Mann fast unbesiegbare Schwierigkeiten; wenn man müde ist, geht keine Arbeit von der Hand. Und dazu kommt ja noch, daß es mit dem Gelde immer schwieriger wird. Er rechnet für einen Arbeiter irgendeinen Wochenlohn aus, genau nach dem Tarif, soundso viel Millionen und Milliarden – aber er kann ihm das Geld nicht geben! Es gibt nicht genug Millionen- und Milliardenscheine, Pagel muß irgendeinen großen Schein nehmen,einen von diesen Dreckscheinen über einhundert oder zweihundert Milliarden Mark. Er ruft vier Mann heran: »So, faßt jeder einen Zipfel an, er gehört euch gemeinsam. Es ist zwar ein bißchen zuviel, ich weiß nicht genau, zwei oder drei Milliarden, aber nun ab mit euch in die Stadt! Kauft gemeinsam ein, ihr müßt euch irgendwie einigen. Meinethalben schimpft auf mich – ich kriege kein anderes Geld mehr.«
    Schön, sie gehen schließlich, sie kaufen gemeinsam ein. Sie finden einen Kaufmann, der ihnen den Schein wechselt. Aber wo findet er, wo findet Wolfgang Pagel einen Mann, der seine Kasse stimmend macht? Oh, er ist ein großer Mann, er bekommt wöchentlich ein Gehalt von zwei und einem halben Zentner Roggen – aber soviel fehlt regelmäßig in seiner Kasse! Oft fehlt noch viel mehr, er grübelt, er denkt nach, der kleine Meier hat sicher nie soviel unrichtige Zahlen in sein Kassenbuch geschrieben! Das soll sich einmal ein Bücherrevisor ansehen – ab ins Gefängnis mit diesem Defraudanten!
    Pagel stützt den Kopf in die Hand, sie kotzt ihn an, diese Zahlenwildnis. Es steckt etwas so Unsauberes darin, dieses Prunken mit immer astronomischeren Zahlen! Jeder kleine Mann ein Millionär – aber verhungern werden wir Millionäre alle noch! Die Zahlen wachsen – das Elend wächst auch. Wie hatte der Arzt vorhin zum Förster gesagt: »Jetzt sollen bald die Billionenscheine kommen – eine Billion sind tausend Milliarden – höher geht’s dann nicht mehr! Dann bekommen wir eine feste Währung. Sie werden pensioniert – und bis dahin bleiben Sie schön ruhig im Bett. Sie sind so verkalkt, daß ich das mit gutem Gewissen verantworten kann – auch ohne das Zureden Ihres jungen Freundes hier!«
    »Bekommen wir wirklich noch einmal wieder anständiges Geld?« fragte der Förster ängstlich. »Werde ich es auch noch erleben? Ich möchte es wirklich noch erleben, Herr Doktor, daß man in einen Laden geht und der Kaufmann verkauft einem was und sieht den Geldschein nicht wütend an, als wäre man ein Betrüger.«
    »Sie werden es bestimmt noch erleben, alter Vater!« versicherte der Arzt und zog dem Förster die Decke unters Kinn. »Und nun schlafen Sie schön – morgen bringt Ihnen der Milchwagen ein Schlafmittel mit.«
    Draußen aber sagte der Arzt zum jungen Pagel: »Sehen Sie zu, daß der alte Mann nicht ganz zum Liegen kommt. Geben Sie ihm irgendeinen Pusselkram zu tun. Völlig verbraucht und erschöpft. Daß der noch alle Tage zehn Stunden im Walde herumgelaufen ist, zu verstehen ist es auch nicht! Wenn er erst fest liegt, steht er bestimmt nicht wieder auf.«
    »Also wird er das Ende dieser Inflation nicht mehr erleben?« fragte Pagel. »Es gibt nämlich, weiß ich noch von der Schule her, Billiarden und Trillionen und

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