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Wolf unter Wölfen

Wolf unter Wölfen

Titel: Wolf unter Wölfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Fallada
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des Jägers – man spürt nicht ein Leben lang dem Wilde nach, um auf seine alten Tage dann achtlos über eine Fährte fortzulaufen. Den Förster juckte auch der Gedanke, seinem Freunde Pagel etwas ganz Besonderes melden zu können.
    Nicht einen Augenblick kam ihm der Gedanke, daß das Nachsuchen dieser Spur gefährlich werden könnte. Kartoffeldiebe waren harmlose Leute. Kartoffeldiebstahl war bloß Mundraub und wurde mit einer papierenen Geldstrafe belegt. Kein erwischter Kartoffeldieb regte sich noch um eine Anzeige auf. Wenn etwas den Förster zögern ließ, so war es sein fester Entschluß, sich nicht mehr um andere Dinge zu kümmern. Aber da war der Wunsch, Pagel einen Gefallen zu tun, und sachte, im Pirscheschritt, nahm der Förster den Wechsel auf.
    Er brauchte auch keine Angst zu haben, daß er nur mit Ach und Weh, nur mit Brechen und Krachen in die Schonung kam. Die Leute hatten hier mit den Jahren sauber aufgeräumt, sie hatten sich so viel Stangen, Reisig, Waldstreu besorgt, daß man in dem Bestand gehen konnte wie im lichten Hochwald.
    So kam der Förster überraschend schnell an die Stelle, wo vor seinen Augen ein kleiner Hügel Kartoffeln lag. Rote Professor Wohltmann, stellte der Förster befriedigt die Sorte fest. Will er wohl seine Schweine mit fett machen!
    Der Förster fühlte was, er fühlte, daß er nicht allein war, er fühlte einen Blick. Er hob also seine Augen auf und sah einen Mann unter den Fichten sitzen, der hatte seine Hosen abgeknöpft, hockte da, sah den Förster ruhig an und verrichtete sein Geschäft.
    »Nanu! Was machen Sie denn hier?« rief der Förster verwundert aus.
    »Ich scheiße!« antwortete der Mann freundlich grinsend.
    »Das merke ich«, sprach der Förster vergnügt. Oh, was würde er Pagel alles erzählen können! »Haben Sie denn die Kartoffeln gemaust?«
    »Natürlich«, erklärte der Mann und ließ sich alle Zeit.
    »Aber wer sind Sie denn? Ich kenne Sie doch gar nicht!« rief der Förster erstaunt. Er glaubte, von den Holzauktionen her alle Menschen zwanzig Kilometer in der Runde zu kennen, aber diesen Mann hatte er bestimmt noch nicht gesehen.
    »Sehen Sie mich nur gut an«, sagte der Mann, stand auf und knöpfte gemütsruhig seine Hosen fest. »Sie werden mich schon wiedererkennen.«
    Es ging alles so gemütlich, so in bester Laune vor sich – und Kartoffeldiebstahl war ja auch wirklich kein tragisches Verbrechen –, daß der Förster sich seinen Mann wirklich in aller Ruhe betrachtete. Der Förster stand noch wie vorher, die Hände unter dem Cape, über den Bauch gefaltet, und sah den Mann gemütlich näher schlendern. Kein Gefühl der Besorgnis kam in ihm auf. Dagegen ein immer helleres Verwundern. Diesen modernen Anzug mit Knickerbockers aus einem grau in grau gemusterten Stoff kannte er doch genau!
    »Aber Sie haben ja einen Anzug vom Rittmeister an!« rief Kniebusch verblüfft.
    »Sie merken auch alles, Herr Förster!« sagte der Mann grinsend. »Nicht wahr, er steht mir gut?«
    Der Mann stand jetzt direkt vor dem Förster und lachte ihn an. Aber irgend etwas in diesem Lachen, im Ton der Worte, in der Nähe des Mannes mißfiel dem Förster.
    »Nun sagen Sie mir aber Ihren Namen«, befahl er strenger. »Ich kenne Sie bestimmt nicht.«
    »Dann sollen Sie mich kennenlernen!« rief der andere.
    Blitzschnell veränderte sich sein Gesicht vom Grinsen in Haß, blitzschnell hatte er den Förster umgefaßt – und unter seinem Cape konnte der Förster die Arme nicht rühren!
    »Was soll denn das –?« rief der Förster hilflos, nahm es noch nicht recht ernst und wehrte sich nur schwächlich.
    »Jetzt kommt der Gruß von Ihrem Freunde Bäumer!« rief der Mann direkt in das Gesicht des Försters.
    Im gleichen Augenblick hörte der Förster etwas schrecklich krachen. Es krachte direkt in seinem Schädel, es wurde blendend weiß darin …
    Es müssen zweie gewesen sein, einer hat mich von hinten über den Kopf gehauen! dachte der Förster noch …
    Dann wurde alles rot, nun langsam schwarz – er fühlte sich fallen – und weg war er!
    Langsam kommt der Förster wieder zu sich. Langsam kehrt die Erinnerung in sein Hirn zurück. An das letzte, was er vorher gedacht hatte, knüpft sie an.
    Zweie sind es gewesen, denkt der Förster. Den einen kenne ich nicht, aber der mich von hinten über den Schädel gehauen hat, das muß Bäumer gewesen sein …
    Dann: Es ist gar nicht so schlimm, totgeschlagen zu werden. Davor habe ich mich auch mein ganzes Leben lang geängstigt,

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