Wolfgang Ambros - Die Biografie
Embryo der Talentwettbewerbe im Fernsehen. Hansis Frau und Managerin buchte mich nebst ein paar Kollegen wie Peter Cornelius für einen Live-Gig in der Kleeblattbar in Sattledt, einer Disco, die es unter anderem Namen bis heute gibt, aber jetzt ist es ein Puff.
Ich gab mein komplettes Repertoire zum Besten, nach zwanzig Minuten war ich durch. Und da war’s schon ein Glück, dassdie Leute eh nur den Hofa hören wollten von dem Dürrling im rosa Rollkragenpullover, den ich da anhatte, quasi als erstes Bühnenoutfit. Die übrigen Nummern wurden höflich zur Kenntnis genommen, es war eindeutig der Hofa, der wirklich was bewirkt hat, den habe ich sicher dreimal gespielt an dem Abend.
Und es war auch der Hofa, der eine berüchtigte Gestalt in der Szene auf den Plan rief, vor der mich alle gewarnt haben. Allerdings bot mir der gleich ein Paket von fünf Auftritten zu je fünfhundert Schilling an, und die noch garantiert. Dubiose Figur, Ausbeuter, Betrüger hab ich gehört, was als Ondit so die Runde macht, wenn’s um Kohle geht. Die umgerechnet dreißig Euro und ein paar Zerquetschte pro Gig waren aber definitiv viel Schotter zu der Zeit, so was lässt du nicht sausen, nur weil es von einem Ungustl kommt. Ich hab ihm zum Dank die Freundin ausgespannt, eine füllige Kärntnerin mit dunklen Haaren, hat göttlich gevögelt. Was den Typen zwar gewurmt, aber dann doch nicht so gekratzt hat, dass er sich ein Geschäft verdirbt. Damals gab’s wegen so was generell wenig Diskussion, jede war mit jedem zugange, die Welt war ein einziger Swingerclub.
Die Mädels haben sich geholt, wen sie wollten, die Burschen haben genommen, was grad günstig gestanden ist. Man hat genossen, getauscht und geteilt. Der Joesi und ich, verbunden wie Lunte und Dynamit und sowieso nirgends ohne den anderen anzutreffen, hatten ein Sexualleben wie die Bonobos. Beiläufig, entspannt und quer durch die Bank. Wir hatten dieselben Interessen, denselben Schmäh, dieselben Frauen, und das nicht selten zur selben Zeit. Dass ich noch immer keinen fixen Wohnsitz hatte, war mir nicht hinderlich, in unseren drei Stammhütten verkehrten wir auch geschlechtlich. Man ließ sich gehen und wartete, bis wer mitging. Auf die Silvia konnte ich mich diesbezüglich blind verlassen. Die Sylvia, die Sylvia woa damals immer für mich da. Sylvia wo bist du, wo? Wahrscheinlich mit an andern auf an andern Klo! Das kleine Denkmal, das ich ihr in Voom Voom Vanilla Camera gesetzt habe, war mir ein Bedürfnis. Es war eine entfesselte Zeit, ich möchte keine Sekunde davon missen.
Wir haben uns so aufgeführt, dass sie das Vanilla irgendwann zugesperrt haben. Wegen zu großer Erregung und zu unserem öffentlichen Ärgernis. Es war, als hätten sie einen aus dem eigenen Schlafzimmer rausgehaut, wir haben es dort praktisch überall getrieben. Am Wuzler, beim Tischfußball, und Tooor! An der Bar, am Häusel, mitten unter den Leuten. Einmal war eine der Damen so gut aufgelegt, dass sie dem Joesi und mir das Hosentürl aufgemacht und uns einen heruntergeholt hat, gleichzeitig, da dürfte es ganz besonders pressiert haben. Er hat das allerdings weniger gewürdigt, weil er links von ihr platziert war und ich daher die gute Hand bekommen hab. Er hat sich bitterlich beschwert.
Sex, Drugs und jetzt auch noch echter Rock ’n’ Roll. Tantiemen von der AKM. Das erste Album, von dem wir schon einmal den Titel fertig hatten: Alles andere zählt net mehr. Und Auftritte von Stockerau bis Großgmain an der bayerischen Grenze. Nach dem Fünf-Konzerte-Paket mehrten sich die Anfragen. Ich spielte in kleinen, eigenwilligen Schuppen, knallvoll mit unberechenbaren Menschen. Einmal war es angenehm und die Leute haben zugehört, dann war’s wieder furchtbar. Grad, dass man mich nicht mit Eiern beschossen hat, im Gegenwind der Gunst bist du das leckere Aas. Einmal hat mich das Publikum ignoriert, dann rutschte ich den Leuten wenigstens gegen Schluss ins Bewusstsein. Und mit Schluss meine ich: nach einer halben Stunde, in der ich schon auf Bob Dylan zurückgreifen musste.
Der Umstand, dass mir ewig die Songs ausgegangen sind, fiel mir langsam so auf die Nerven, dass wir die neuen Nummern immer schneller ausgeworfen haben. Und auf einmal diente sich ein Mann namens Rene Reitz an, um seine Schwingen über mir auszubreiten und mich unter die Fuchtel zu nehmen. Er als Musikverleger habe das Wissen, er habe die Expertise, er habe den richtigen Riecher, insbesondere in Sachen Dialektsongs. Was das betrifft,
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