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Wolfgang Ambros - Die Biografie

Wolfgang Ambros - Die Biografie

Titel: Wolfgang Ambros - Die Biografie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ambros
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Shakespeare-Zeitgenosse, der im Duell einen Mann getötet hatte und dafür im Gefängnis gesessen war. Nur, damit man sich auskennt.
    Leser: »Sehr aufmerksam.«
    Aber gern doch, wir haben uns nämlich damals nicht ausgekannt, von dem Kollegen Jonson hatte auch mein dichterischer Zwilling Prokopetz noch nie was gehört. Der Festwochen-Intendant erklärte uns sein Vorhaben. Er wolle das Stück in einer eigens gestalteten Kulisse inszenieren. Das Publikum solle Einblick in ein dreistöckiges Haus haben, verschiedene Zimmer, Treppen, als hätte man die Fassade weggeschnitten. Unsere Aufgabe war es nun, den Alchemisten mit einer Art Bänkelgesang zu kommentieren. So hatte es sich der Regisseur ausdrücklich gewünscht, weil das Stück auch in Wien in altem Englisch, also in der originalen Theatersprache aufgeführt werden würde. Übersetzt hieß das für uns: Wir sollten uns auf die Handlung bezogene Lieder mit dramatischem Inhalt einfallen lassen, die ich dann an der Gitarre vortragen würde. Ein paar Szenen Schauspiel, dann ich, zwei, drei weitere Szenen, und wieder ich. Total schräges Projekt, hat uns brennend interessiert.
    Namentlich deshalb, weil uns der Baumgartner zur Einstimmung auch noch nach London schicken wollte, damit wir uns die Proben vor Ort anschauen. Ich zog natürlich augenblicklich meine Londoner Kontakte aus dem Talon, es hörte sich an, als wäre ich der Queen auf dem Schoß gesessen. Normalerweise stehen solche Windmachereien nicht auf meinem Sündenkonto, bei dem Übereifer handelte es sich um schiere Nervosität. Und zwar nicht, weil ich fürchtete, mit dem Bänkelkonzept abzustürzen, sondern mit dem Flieger. Vor unserem Trip nach London bin ich noch nie in einem Flugzeug gesessen.
    Der Haken an dem schönen Plan war allerdings dann nicht die Flugangst, sondern die Eile, in der das Begleitwerk entstehen sollte. »Zwei Tage tut’s ihr euch schön in London um«, sagte Baumgartner, »dann seid ihr wieder da, weil in vier Wochen ist Premiere.«
    Das ist ungefähr so, wie wenn dir wer sagt: Weißt was, ich zahl dir einen Wellnessurlaub, aber das Wellnesshotel muss noch gebaut werden, und wenn du schon einmal dort bist, ernenn ich dich zum Bauleiter, du hast eine Woche Zeit fürs Fundament. So ein Bänkelgesang zu einem Stück, von dem du noch nie gehört hast, macht sich auch nicht von selber. Sogar der Joesi war da ein bissel schmähstad, was sehr selten vorkommt.
    Kurz darauf hockten wir zwei Vögel in einem Flieger der Austrian Airlines. Ich vergesse nie den Moment, wie das Ding abhebt und ich runterschau, wo die Schwechater Ölraffinerie noch kleiner wird als ich in meinem Sitz. Natürlich wollten wir uns vor den Stewardessen keine Blöße geben und haben auf cool gemacht. Genauso vor Frank Dunlop, einem Regisseur von der freundlichen Sorte, der uns bei den Proben sehr akkurat gebrieft hat, was er wo haben will. Das Wie sollen wir uns überlegen, hier das Skript, wir sehen uns in drei Wochen in Wien auf der Bühne, have a good time.
    Im Flieger nach Hause fing der Joesie schon zu schreiben an. Alle paar Minuten hielt er mir eine neue Zeile vor die Nase, was hältst du davon, wenn …? Wie findest du so was, schau …?
    »Eh gut«, sagte ich, »schreib.« Ich hatte selber zu tun mit meiner Vorstellung. Im Geiste zupfte ich an der musikalischen Unterstützung der Dramaturgie herum. Du kannst bei einer romantischen Szene nicht mit einem wilden Gitarrensolo reinfahren und umgekehrt bei einer Turbulenz im Plot kein schüchternes Gebänkel hinlegen. Das Konzept musste einen harmonischen roten Faden haben. Und den haben wir gesponnen in den nächsten vierzehn Tagen und Nächten. Wir sind zusammengepickt, als hätte uns die Kunst mit Superkleber bestrichen. Wir haben kein Theater gemacht, wir haben konzentriert und ernsthaft gearbeitet. Wir wussten: So eine Chance kriegen wir nicht mehr.
    The Alchemist wurde ein Riesenerfolg. Ich saß am Bühnenrand, ließ die Füße baumeln und brachte die Gstanzln vom Joesi zu Gehör. Es war ein Triumph, der darin gipfelte, dass der Ulli Baumgartner am Schluss verkündete: »Freunde, wir müssen noch irgendwas machen gemeinsam, ihr könnts ja so viel. Habts nicht eine Idee für was Eigenes?«
    Und da ist uns die Nacht eingefallen, in der entstanden ist, was in der Folge die Projektgruppe Dröhnung genannt wurde. Ausschlaggebend für diese zukunftsträchtige Kreativgemeinschaft war, dass sich ein gewisser Manfred Oskar Tauchen ins Spiel gebracht hat. Ich kannte ihn

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